?Wunder geschehn!?

„Alles wird gut - irgendwann“  

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 02.08.2024 16:45 Uhr

Nr. 999

Nicht dass Sie denken, ich könnte nicht rechnen. Doch doch, es geht noch. Durchaus auch im Zahlenraum über 1000. Deswegen konnte ich auch diese Woche zur Frühstückszeit zwischen Wahl des Brötchenaufstrichs und Lektüre der Regionalzeitung noch zügig berechnen, dass zwischen 2030 und 2024 eine Differenz von 6 besteht. Einheiten nicht vergessen – 6 Jahren, denn es handelt sich bei Minuend und Subtrahend der erwähnten Rechnung um Jahreszahlen. Haben Sie sich vermutlich schon gedacht.

In diesem Zeitraum will unsere, die saarländische, Umwelt- und Verkehrsministerin Petra Berg den „Autoverkehr im Saarland“ um 40% verringern. Nun können natürlich nicht 40 % der Autofahrenden von heute auf morgen ihre Vehikel stehen lassen, ist klar, also will die Ministerin im Gegenzug 100 % mehr ÖPNV-Nutzer:innen gewinnen und 35 % mehr Menschen zum Radfahren bzw. Zu-Fußgehen überreden. Was leider auch nicht gleich funktionieren kann, weil der ÖPNV mies, Radwege viel zu wenig und Zu-Fußgehen nicht so en vogue ist.

Das weiß auch Frau Berg, weswegen sie den ÖPNV sowie die Radwege massiv ausbauen lassen will und den Fußgängern begrünte und verkehrsberuhigte Straßen zu Füßen legen möchte. Das alles kostet Geld, klar, einen dreistelligen Millionenbetrag vermutet Frau Berg. Den sie natürlich nicht hat, weswegen sie die Taler vom Bund bekommen möchte. Guter Plan.

Im Moment sitzt allerdings Christian Lindner noch auf dem Bundeshaushalt wie Gollum auf seinem Schatz und tritt die Schuldenbremse bis aufs Bodenblech. Das mag sich im Zuge der nächsten Bundestagswahl ändern, aber ob zum Besseren weiß keiner nicht. Auf jeden Fall ist bis dahin schon mal das erste Jahr der magischen sechs rum. Klar ist aber, dass bevor zum Beispiel gerade die Bewohner des ländlichen Raumes aufs Auto verzichten können, der ÖPNV dort schon funktionieren muss. Das Ding mit den Öffis müsste also innerhalb von höchstens drei Jahren erledigt sein. Samt neuer Buslinien, Tarifkonzepte, Schienenwege, zusätzlicher Busse und Züge samt Personal. Während gleichzeitig landesweit neue, sichere Radwege angelegt und in den Städten fußgängerfreundliche Wege geschaffen werden. Wozu man Parkplätze abbauen müsste und weitere autofreie Zonen bestimmen. Das klappt sicher.

Anscheinend hat aber auch die Ministerin ihre Zweifel – nicht an ihrem Konzept, aber an der Umstiegswilligkeit der Bürger:innen. Deshalb braucht’s nach ihrem Dafürhalten noch „Push-Maßnahmen“. Die die Autofahrer:innen auf den richtigen Weg „schubsen“. Heißt: Weniger und teurere Parkplätze zum Beispiel, Tempolimits, Fußgängerbereiche usw. Kommt gut an beim Volk, wie Sie in den Leserbriefspalten der SZ nachlesen können. „Skrupellose Abzocke“ durch „arrogante Edelparteien“ und „übergriffiges Gewäsch“ ist dort zu lesen.

Nicht, dass Sie denken, ich wollte auch noch in dieses populistische Horn tuten. Nein, all das, was Ministerin Berg da vor hat, ist dringend notwendig. Genauer gesagt: Hätte vor zwanzig Jahren schon dringend auf den Weg gebracht sein müssen. Also: Anfangen! Und, liebe empörte Landsleute: Gerade begehen wir den Vierzigjährigen der bußgeldbewehrten Anschnallpflicht im Auto. Und wat lernt uns das? Wir haben uns erst zum Klicken bequemt, als das Bußgeld drohte. Ist vielleicht doch nicht sooo weit her mit unserer Einsicht, oder?

Meine Nachbarin Barscheck ist aber guten Mutes: Bei all den geplanten Baustellen für Rad- und Fußgängerwege und Schienen und Ladestationen und Haltestellen, meint sie, reduziert sich der Autoverkehr sowieso um mindestens 40 Prozent. Und, kleine Rechnung in eigener Sache noch zum Schluss: Dies ist die 999. Folge von Brunners Welt. Heißt: Nächste Woche ist die Tausendste dran. Und so kanns’s ja nun wirklich nicht weitergehn!



Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 0208.2024 und in "Der Morgen" am 03.08.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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