Kinder richtig beschenken
Oma, Eltern und Paten wollen ihren Schützlingen zu Weihnachten die größtmögliche Freude bereiten. Aber ist Wettschenken wirklich das Richtige für den Nachwuchs? Eine Expertin gibt Tipps und erklärt: Geschenkemanagement ist gefragt!
Superhelden, Rennautos und Haustiere – die Wunschlisten der Kinder sind lang. Die Auswahl der Geschenke fällt den Eltern und dem Rest der Familie umso schwerer. Als Faustregel gilt: Je kleiner das Kind, desto weniger Spielzeug schenken, erklärt Andrea Maas-Tannchen, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie aus Saarbrücken. "Für Kleinkinder ist ein Spielzeug alleine völlig ausreichend."
Grund ist, dass Kinder eine Bindung zu ihren Spielsachen aufbauen, die der Beziehung zu lebenden Wesen ähnelt. "Je jünger Kinder sind, desto eher ähnelt sie der Liebe zu lebenden Objekten", sagt Maas-Tannchen. Entsprechend wichtig sei es, dass nicht zu viel Spielzeug im Kinderzimmer eines kleinen Kindes vorhanden sei, dieses aber lang halte.
Auf die Qualität kommt es an
Die Therapeutin rät daher, unbedingt auf die Qualität des Spielzeuges zu achten – etwa auf schadstofffreie Produkte. Trotzdem muss es nicht immer Holzspielzeug oder natürliches Material sein. "Auch Kunststoffspielwaren können von guter Qualität und kreativitätsfördernd sein", sagt Maas-Tannchen.
Ihr Tipp lautet also: Lieber etwas mehr Geld ausgeben und dafür ein einziges Plüschtier oder eine einzige Puppe von sehr guter Qualität schenken. Das hebe im Übrigen auch die Wertschätzung des Kindes für das Geschenk.
Stattdessen verleiten Schnäppchenangebote viele zum Zugreifen, nach dem Motto: „Kostet ja nicht viel!“ Manche kaufen auf diese Weise Kleinigkeiten ein, die sie zum eigentlichen Geschenk dazugeben. Das sei aber gar nicht nötig, sagt die Therapeutin. Hier gilt es also, sich im Zurückhalten zu üben.
Passende Auswahl treffen
Was die Auswahl der Spielzeuge betrifft, so ist diese unter anderem abhängig vom Alter des Kindes und seinen Interessen. Nach Maas-Tannchen sollte man sich etwa fragen: Was macht das Kind gerne? Ist es mit den Händen geschickt? Knobelt es gerne? Bewegt es sich gerne? Oder liest es lieber? Hat es Menschen, mit denen es gemeinsam spielt, zum Beispiel Geschwister? Oder spielt es oft alleine? Grundsätzlich sei es gut, wenn Spielzeuge einen kreativen Raum zum selbst denken, basteln oder bauen lassen. Dazu zählten etwa Knetspiele, Bau- und Bastelmaterialien.
"Auch wenn ein Kind sich etwas wünscht, sollte man als Erwachsener nicht völlig kritiklos dem Wunsch entsprechen", empfiehlt die Therapeutin. "Man sollte vielmehr auch mit dem Kind altersentsprechend darüber reden, warum es sich gerade dieses Spielzeug wünscht oder auch, warum man gerade dieses Spielzeug nicht schenken möchte." Nicht jeder Wunsch sei wirklich wichtig oder zu erfüllen - denke man etwa an das Haustier. Kinder seien aber durchaus in der Lage, zu verstehen, wenn ein Geschenk nicht möglich ist. Man müsse es nur besprechen und erklären können.
Spielkonsolen und Handys
Auf den meisten Wunschzetteln stehen auch elektronische Spielsachen. Diese zu erfüllen, davon rät die Kinder- und Jugendpsychologin nicht grundsätzlich ab. Viele Grundschulkinder wünschen sich etwa Spielkonsolen und Handys. Hier sollten Eltern zusammen mit dem Kind überlegen, welcher Grund hinter dem Wunsch steckt. "Vielleicht sind es Aufschneidereien in der Klassengruppe, weswegen ein Kind glaubt, es müsse nun etwas unbedingt haben, um dazu zu gehören und mitreden zu können", erklärt Maas-Tannchen. In diesem Fall könnte man zusammen mit dem Kind auf Alternativen kommen, um es in seinen eigenen Interessen zu bestärken.
Wer zu einem Spiel für die Konsole oder den PC greifen will, sollte sich mit den Altersrichtlinien des Spiels vertraut machen. "Es ist völlig normal, dass Kinder trotz der gewählten Altersgruppe mit einem bestimmten Spiel überfordert oder unterfordert sein können", sagt Maas-Tannchen. "Wichtiger ist es, darauf zu achten, dass ein Spiel Freude und Anspruch in einer guten Mischung bereitstellt." Reine Lernspiele seien zum Beispiel für viele Kinder schnell langweilig. Reine Glücksspiele aber auch. Je besser man das Kind kennt, desto leichter sei es, eine gute Auswahl zu treffen. Die Therapeutin rät auch dazu, sich ein Spiel vorher selbst anzuschauen, zu spielen und erst danach die Kaufentscheidung zu treffen.
Wettschenken ade!
Hat man als Eltern eine Auswahl getroffen, kommen die anderen dran, die auch etwas schenken wollen. Hier rät die Expertin zu Geschenkemanagement durch die Eltern. Denn es gilt: Die Mischung macht’s! Obwohl auf der Wunschliste nur Spielsachen stehen, sollte die Familie auch Praktisches wie Kleidung oder Bettwäsche schenken. Maas-Tannchen empfiehlt auch hier: "Lieber etwas weniger mit besserer Qualität schenken als viel, was aber schnell kaputt geht."
Das bedeutet auch, dass Einzelne ihre eigenen Vorstellungen eventuell zurückschrauben, um zur besseren Gesamtsituation beizutragen. Um die Anzahl der Geschenke zu reduzieren, könnten zum Beispiel mehrere Parteien in ein großes gemeinsames Geschenk investieren – etwa ein Fahrrad oder einen Ausflug in einen Freizeitpark.
Erlebnisse zu schenken sei ohnehin zu empfehlen, insbesondere für Kinder im Grundschulalter. "Sie zeigen den Kindern, dass sie als Person wahrgenommen und wertgeschätzt werden", so Maas-Tannchen. "Das ist gerade bei Kindern wichtig, deren Eltern oder Familienmitglieder sonst eher wenig Zeit mit ihnen verbringen können oder die vielleicht wegen Geschwistern zurückstecken müssen." Ideen gibt es viele: ein Besuch im Kino oder Theater, auf dem Bauernhof oder im Zoo, im Schwimmbad oder Kletterpark zum Beispiel.