Rehlinger verteidigt Wirtschaftsstrategie der Landesregierung
In einer Regierungserklärung im Landtag hat die saarländische Ministerpräsidentin Rehlinger Stellung zur wirtschaftlichen Lage bezogen. Das Land habe innerhalb kürzester Zeit viele Rückschläge erlitten. Dennoch sei die Politik ihrer Regierung richtig. Oppositionsführer Toscani forderte ein neues Geschäftsmodell für das Land.
Ampel-Aus im Bund, Trump-Sieg in den USA und wirtschaftliche Hiobsbotschaften für das Saarland: Der Herbst 2024 hat die Politik kräftig durcheinandergewirbelt.
Für Anke Rehlinger (SPD) hat diese Krise sogar historische Dimensionen: "Selten in der Geschichte haben sich die Dinge so schnell, so drastisch und so gleichzeitig verändert", sagte die saarländische Ministerpräsidentin bei einer extra anberaumten Regierungserklärung im Landtag.
Geballte Ladung negativer Nachrichten
Das Saarland sei von dem Wandel besonders betroffen, sagte Rehlinger. Die Wirtschaft in Deutschland befände sich in einer Rezession, und das Land habe mit einer geballten Ladung negativer Nachrichten zu kämpfen. "Die schwierige Lage bei ZF oder Schaeffler, die Unsicherheit bei Wolfspeed, der Rückzug von SVolt – all das sind Rückschläge für den Strukturwandel im Saarland."
Dennoch sieht Rehlinger den Strukturwandel an sich nicht infrage gestellt. Dieser sei vielmehr auch eine Chance auf Fortschritt und eine Möglichkeit, die Wirtschaft zu erneuern.
Industrie und Mittelstand
Und so verteidigte Rehlinger trotz der Rückschläge die wirtschaftliche Strategie der Landesregierung gegen Kritik, diese sei zu einseitig auf die Großindustrie ausgerichtet. Die Milliardeninvestition in die Stahlindustrie und das Bemühen um die Ansiedlung von Vetter, Wolfspeed und SVolt seien richtig gewesen.
Dabei sei der Transformationsfonds des Landes von entscheidender Bedeutung. Denn er ermögliche dringend notwendige Investitionen, die nach der Einigung mit der CDU auch rechtssicher geplant werden könnten.
Rehlinger wandte sich dagegen, Industriepolitik gegen andere Wirtschaftsbereiche auszuspielen: "Ein erfolgreicher Wandel duldet kein falsches Entweder-Oder: Kein entweder Großunternehmen oder Mittelstand, kein entweder industrielle Basis oder Start-ups und Ausgründungen, kein entweder Stahl- und Automobilindustrie oder Pharma und IT."
Diversifizierung des Standorts
Die Landesregierung setze auch auf eine Diversifizierung des Standorts: "Dafür sind die Gesundheitswirtschaft und der Pharmabereich im Saarland ein wirtschaftlicher Motor", sagte Rehlinger. Die Rüstungsindustrie könne dabei ebenfalls eine Rolle spielen.
Auch den Mittelstand vernachlässige man nicht, sagte die Ministerpräsidentin. Die Landesregierung unterstütze dort vor allem bei der Kapitalstärkung, etwa durch mehrere Förderprogramme. Denn bei diesem Thema weise der Mittelstand im Saarland historisch bedingt einen Rückstand auf.
In ihrer ingesamt fast 20-seitigen Regierungserklärung, die unter anderem auch die Themenkomplexe Infrastruktur, Arbeitskräftesicherung und Bürokratieabbau behandelte, betonte Rehlinger, dass der wirtschaftliche Wandel "extrem anstrengend" sei. Man müsse den veränderten Zeiten mit "harter Arbeit, Zusammenhalt, Mut und Zuversicht" begegnen.
Toscani: „Falsche Weichenstellungen“
Oppositionsführer Stephan Toscani (CDU) führte die wirtschaftliche Krise im Bund und im Land auf „falsche Weichenstellung der SPD“ zurück. Diese würden das Saarland überdurchschnittlich treffen.
Die sozialdemokratische Alleinregierung im Saarland sei „planlos, glücklos, erfolglos“. „Die SPD hat alles auf die Karte subventionierte Großindustrie gesetzt. Das alleine reicht nicht.“
Der Mittelstand verdiene viel mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, sagte Toscani. Die SPD sei dort „völlig blank“.
„Neues Leitbild, neues Geschäftsmodell“
Erneut griff Toscani vor allem Wirtschaftsminister Jürgen Barke an. Dieser sei „gescheitert“. Er habe erwartet, dass sie den Minister austausche, sagte Toscani an Rehlinger gewandt: „Was das Saarland braucht, ist der Mut zur Veränderung. Diesen Mut haben Sie offenbar nicht.“
Zur Analyse der Situation gehöre auch die Erkenntnis, dass sich das Bruttoinlandsprodukt des Landes „dramatisch schlecht“ entwickele. Inflationsbereinigt würden weniger Güter und Dienstleistungen als vor zwanzig Jahren produziert.
Toscani forderte „ein neues Leitbild, ein neues Geschäftsmodell“ für das Saarland. Es müssten „Richtungsentscheidungen“ getroffen werden. Ministerpräsidentin Rehlinger habe in ihrer Regierungserklärung hingegen nur „Durchhalteparolen geliefert“, so Toscani.
Dörr fordert weitere Stahlsubventionen vom Bund
AfD-Fraktionschef Josef Dörr gab auch der CDU eine Mitschuld an den Problemen des Landes. Diese habe über Jahre an sämtlichen politischen Maßnahmen im Saarland mitgewirkt.
Dörr forderte erneut mehr finanzielle Unterstützung vom Bund. Dieser müsse nicht nur die Herstellung, sondern auch den Absatz von grünem Stahl subventionieren, sonst sei er nicht konkurrenzfähig. Außerdem forderte Dörr mehr Tempo beim Bürokratieabbau.
Über dieses Thema haben auch die SR info Nachrichten im Radio am 13.11.2024 berichtet.