Die letzte Packung des rezeptpflichtigen Infectobicillin, ein Antibiotikum gegen bakterielle Infektionen, steht ihm Lagerkühlschrank einer Apotheke. (Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner)

Viele Medikamente weiterhin nicht lieferbar

Thomas Braun   31.10.2023 | 15:54 Uhr

In den saarländischen Apotheken ist die Versorgungssituation weiterhin angespannt. Nach Angaben des Apothekervereins sind viele Medikamente nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Mitverantwortlich dafür sehen die Apotheker auch die Politik.

Bereits seit mehreren Monaten gibt es bei diversen Arzneimitteln Lieferengpässe. Die Situation sei nach wie vor angespannt, erklärt die Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, Susanne Koch, auf SR-Nachfrage.

"Wir haben etliche Psychopharmaka, die nicht lieferbar sind", sagte Koch. "Engpässe gibt es auch bei Augenpräparaten mit Cortison und Antibiotikum." Generell seien diverse Antibiotika derzeit nicht lieferbar. Engpässe gibt es auch bei verschiedenen Schmerzmitteln. "Auch Nasentropfen und -sprays sind derzeit schwierig", so Koch weiter.

500 Lieferengpässe gelistet

Das Bundesgesundheitsministerium und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte listen derzeit über 500 gemeldete Lieferengpässe bei Medikamenten auf.

Bei Fiebersäften für Kinder, die zeitweise gar nicht mehr zu bekommen waren, ist die Situation aktuell etwas entspannt. Bei den Ibuprofensäften können derzeit zumindest einige Hersteller liefern. Paracetamolsäfte hingegen sind laut Koch aktuell nicht lieferbar, hier müsse man darauf hoffen, dass Apotheken noch Restbestände haben.

Viele Medikamente weiterhin nicht lieferbar
Audio [SR 3, Thomas Braun/Andreas Kindel, 31.10.2023, Länge: 00:43 Min.]
Viele Medikamente weiterhin nicht lieferbar
In den saarländischen Apotheken ist die Versorgungssituation weiterhin angespannt. Nach Angaben des Apothekervereins sind viele Medikamente nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Mitverantwortlich dafür sehen die Apotheker auch die Politik.

"Mehr Geld ins System"

Bei den Apothekern wächst unterdessen die Wut auf die Politik und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), den sie für die aktuelle Misere mit verantwortlich machen. "Es muss mehr Geld ins System", kritisiert Koch. "International produzierende Firmen verkaufen in andere Länder, wenn sie dort mehr verdienen."

Zudem würden politische Vorgaben und bürokratische Hürden die Versorgung erschweren. So gebe es zum Beispiel die Vorgabe, bei Engpässen eher Fertigarzneimittel aus dem Ausland zu importieren, statt sie in den Apotheken aus den Rohstoffen selbst herzustellen.

Auch sei es versäumt worden, zeitnah eigene Produktionskapazitäten in Deutschland aufzubauen. Hier haben Experten allerdings bereits vor Monaten eingeschränkt, dass sich eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa wohl über Jahre ziehen werde.

Erneuter Protesttag Mitte November

Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung wollen viele Apotheken in Rheinland-Pfalz und dem Saarland am 15. November erneut geschlossen bleiben, teilte der Apothekerverband Rheinland-Pfalz am Dienstag mit. Bereits am 14. Juni hatten sich rund 90 Prozent der Apotheken in Rheinland-Pfalz und dem Saarland an dem bundesweiten Apotheken-Protesttag beteiligt, hieß es von den jeweiligen Verbänden.

Die Branche beklagt eine seit Jahren unzureichende Finanzierung und fordert deshalb Honoraranhebungen. Einige Apotheken würden bereits in die Knie gezwungen, beklagt Saar-Apothekerin Koch.


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