Wechsel bei Ford Saarlouis: Werksleiterin hat gekündigt

Es war ein turbulentes Jahr für die Belegschaft des Ford-Werks in Saarlouis. Die Zukunft bleibt allerdings weiter ungewiss, auch nach der Betriebsversammlung am Mittwoch. Nach SR-Informationen hat die Werksleiterin gekündigt.

Es war ein Schock für die fast 4000 Beschäftigten des Ford-Werks, als im Oktober die Nachricht über das Scheitern der Verhandlungen mit einem Investor verkündet wurde. Seitdem gehen die Gespräche zwischen einem potenziellen Investor, dem Ford-Management und der saarländischen Landesregierung aber weiter.

Keine Entscheidung über Werkszukunft erwartet

Am Mittwoch berichtete der Betriebsrat bei einer Belegschaftsversammlung über die aktuellen Sozialtarifverhandlungen. Die Verhandler treffen sich zweimal wöchentlich.

Nach SR-Informationen hat die Werksleiterin bei Ford Saarlouis, Sara Gielen, am Dienstag gekündigt. Das habe auch ihn überrascht, sagte Betriebsratschef Markus Thal dem SR. Besondere Auswirkungen habe die Kündigung aus seiner Sicht aber nicht.

Zum Jahreswechsel nur noch 3850 Mitarbeiter

Die Umstrukturierungen im Werk schreiten voran. „Das macht sich jetzt deutlich bemerkbar“, sagte Thal gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Nach seinen Angaben werden allein zum Jahresende weitere 250 Mitarbeiter aus dem Betrieb ausscheiden. Zum 1. Januar sinkt die Zahl der Beschäftigten dann von einst 4500 auf 3850. „Die Kollegen machen in diesen Tagen aber bereits ihre letzte Schicht“, so Thal. „Viele Altgediente gehen jetzt, viele Stellen werden nun intern neu besetzt.“

1000 sollen bleiben – aber wer?

Zu den 650 abgebauten Stellen in diesem Jahr hätten knapp 400 Mitarbeiter die Möglichkeit von Abfindungen genutzt. Weitere seien über Altersteilzeit ausgeschieden, 20 ins Kölner Ford-Werk gewechselt.

Im Gegenzug zum diesjährigen Personalabbau garantiert Ford 1000 Beschäftigten einen Arbeitsplatz bis Ende 2032. Unklar ist allerdings, wer von der Belegschaft dafür infrage kommt. „Wir kennen zwar die einzelnen Projekte. Aber wir wissen noch nicht genau, welche Qualifikationen dafür benötigt werden und wie wir die Kollegen im Einzelnen dazu aussuchen werden. Aber wir arbeiten daran“, sagte Thal.

Wechsel bei Ford Saarlouis: Werksleiterin hat gekündigt

Spekulationen zu Ford-Investoren

Über den möglichen Investor war in den vergangen Monaten viel spekuliert worden. Nach SR-Informationen handelt es sich dabei wohl um einen chinesischen Automobilproduzenten. Zuletzt hatten zahlreiche, teils auch kleinere chinesische Autobauer angekündigt, dass sie einen Markteintritt in Europa planen und dafür gegebenenfalls auch Produktionskapazitäten aufbauen wollen. 

Laut Medienberichten will der bekannteste chinesische Automobilhersteller BYD sein erstes Werk in Europa wohl in Ungarn errichten. Zeitweise gab es wohl auch Interesse an dem Ford-Werk in Saarlouis. Wie der SR aber bereits im Juni berichtet hat, soll BYD im Frühsommer davon Abstand genommen haben.  

Chinesische Autobauer planen Marktstart in Deutschland

Neben BYD hat auch der chinesische Autoproduzent SAIC bekannt gegeben, dass man auf der Suche nach einem Produktionsstandort in Europa sei. Seit dem Spätsommer drängt zudem der kleinere, aber exportstarke, chinesische Autobauer Chery immer stärker in die Öffentlichkeit. Offiziell hat das Unternehmen nun einen Marktstart in Deutschland für Frühjahr/Sommer 2024 angekündigt. 

Dem SR hatte Chery Europa-Chef Jochen Tüting in einem Gespräch Ende September bestätigt, dass man auch in Europa plane, Fahrzeuge zu bauen. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht getroffen worden. 

Keine Neuigkeiten am Mittwoch

Zu den Verhandlungen mit dem möglichen Investor für das Werk in Saarlouis gab es am Mittwoch erwartungsgemäß keine Neuigkeiten. „Die Gespräche laufen noch“, sagte ein Ford-Sprecher auf dpa-Nachfrage nur.

Auch Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) hält sich weiter bedeckt. Man befinde sich weiterhin „in intensiven und komplexen Verhandlungen“. Diese seien „sehr wertschätzend und konstruktiv“, aber noch nicht abgeschlossen.

Sozialverhandlungen laufen

Parallel zu den Verhandlungen mit einem möglichen Investor laufen Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag für die Beschäftigten von Ford in Saarlouis. Bei den Gesprächen geht es laut dem Ford-Betriebsratsvorsitzenden Markus Thal darum, die Konditionen für den bevorstehenden Arbeitsplatzverlust auszuhandeln.

Vereinbart werden konnte – in einem ersten Schritt – eine Treueprämie für die Beschäftigten, die trotz der Ungewissheit in den vergangenen 16 Monaten weiterhin zuverlässig Autos gebaut hätten, hieß es in einer Betriebsrats-Info. In zwei Schritten sollen die Ford-Mitarbeiter bis Jahresende 4000 Euro erhalten.

Der Ausgang der Verhandlungen um die Zukunft des Werkes bleibt weiter offen, ebenso das Ergebnis über die Sozialverhandlungen. „Das Ziel der Landesregierung ist es, eine Zukunftslösung für den Standort Saarlouis zu finden“, so Wirtschaftsminister Barke. „Auch andere Konzepte, etwa eine Industrieparklösung, werden deshalb weiterhin verfolgt.“

Frust bei Beschäftigten

Eine finale Entscheidung ist aber vor Ende des Jahres eher nicht zu erwarten. Betriebsratschef Thal erklärte, für das nächste halbe Jahr sehe man das Werk sehr gut ausgelastet. Allerdings sei die Stimmung in der Belegschaft schlecht. „Die Beschäftigten werden immer frustrierter, es herrscht ein hoher Krankenstand.“

Auch mit Blick auf den möglichen Investor seien die Mitarbeiter skeptisch, ob es noch zu einer Lösung kommt. „Bisher hat das Unternehmen vier klare Zeitlinien gerissen“, betonte Betriebsratschef Thal. „Mittlerweile halten wir es für unwahrscheinlich, dass kurzfristig ein Investor präsentiert werden kann, der den Standort übernimmt. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als jetzt mit Ford abzuklären, was mit den 2850 Mitarbeitern wird.“

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 29.11.2023 berichtet.

Mehr zu Ford und den Ford-Zulieferern in Saarlouis

WOLLEN SIE SR.DE WIRKLICH VERLASSEN?

Viele Soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube erfüllen nicht die hohen Datenschutz-Standards des SR. Deshalb sollten Sie bei diesen Anbietern besonders auf Ihre persönlichen Daten achten.

Unser Tipp: Nur das posten und angeben, was Sie theoretisch jedem Internetnutzer zeigen würden. Außerdem sollten Sie die voreingestellten Datenschutzeinstellungen der jeweiligen Anbieter überprüfen.

WOLLEN SIE SR.DE WIRKLICH VERLASSEN?

Viele Soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube erfüllen nicht die hohen Datenschutz-Standards des SR. Deshalb sollten Sie bei diesen Anbietern besonders auf Ihre persönlichen Daten achten.

Unser Tipp: Nur das posten und angeben, was Sie theoretisch jedem Internetnutzer zeigen würden. Außerdem sollten Sie die voreingestellten Datenschutzeinstellungen der jeweiligen Anbieter überprüfen.