Höhere Grundsteuer und weniger Personal
Die Kommunen im Saarland sitzen tief im Schuldensumpf. Je Einwohner stehen sie mit über 6000 Euro in der Kreide. In Rathäusern habe sich schon ein gewisser Gewöhnungseffekt an leere Kassen und Dispo-Kredite eingestellt, mahnt Professor Junkernheinrich, der ein Gutachten zur Finanzlage der Saar-Kommunen erstellt hat. Dort macht er Vorschläge für den Weg aus der Schuldenfalle.
400 Seiten umfasst das Gutachten, das der Kaiserslauterer Professor Martin Junkernheirich zur Finanzlage der saarländischen Kommunen verfasst hat. Die Situation, die er beschreibt, ist prekär: Die Gemeinden arbeiten seit über 20 Jahren defizitär und haben im Bundesvergleich mit Abstand die höchsten Gesamtschulden. 160 Millionen Euro geben die Kommunen im Jahr mehr aus, als sie einnehmen. Junkernheinrich hat deshalb Vorschläge entwickelt, wie diese Lücke bis 2024 geschlossen werden kann.
Die Kommunen: Bürger mehr zur Kasse bitten
Rauf mit der Grundsteuer B
Junkernheinrich plädiert dafür, dass die Kommunen ihre Einnahmenseite deutlich erhöhen. Vor allem bei der Grundsteuer B sieht der Gutachter Luft nach oben. Die Steuer, die Hausbesitzer für ihre Gemeinde zahlen und an der Mieter indirekt über ihre Mietnebenkosten beteiligt sind, fällt laut Junkernheinrich in den saarländischen Kommunen im Schnitt so niedrig aus wie in keinem anderen Bundesland. Eine Anhebung dieser Steuer sei deshalb "ein Instrument, an dem man wahrscheinlich nicht vorbeikommen wird", sagt Junkernheinrich.
2013 lag der durchschnittliche Hebesatz hierzulande bei 359 Euro. Nordrhein-Westfalens (NRW) Kommunen hätten dagegen im Schnitt fast 140 Euro mehr verlangt. Eine schrittweise Anhebung der Grundsteuer auf das Niveau von NRW birgt laut Junkernheinrich für die Gemeinden ein Potenzial an Mehreinnahmen von 28,8 Millionen Euro - dann müsste der Hebesatz in den Saar-Kommunen im Schnitt aber auch um fast ein Viertel steigen. Immerhin noch 12,2 Millionen Euro mehr würden die Kommunen einnehmen, wenn sie sich an den durchschnittlichen Hebesätzen der westdeutschen Flächenländer orientierten. Die Grundsteuer würde dann im Schnitt um 10,4 Prozent zulegen.
Höhere Gebühren für weniger Leistungen?
Die Kommunen sollten ihre Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen im Kernhaushalt um zehn bis 15 Prozent erhöhen, schlägt Junkernheinrich vor. Das könnte 13 bis 19 Millionen Euro mehr in die Gemeindekassen spülen. Für die Bürger könnte das dann beispielsweise heißen: höhere Eintrittspreise fürs Schwimmbad, steigende Kita-Kosten oder auch eine Erhöhung der Friedhofsgebühr.
Eine Erhöhung beispielsweise des Eintrittsgelds fürs Schwimmbad von etwa 3,00 Euro auf 3,30 Euro klingt dabei nach nicht viel Geld. Allerdings könnte die Gebührenerhöhung mit einem gleichzeitigen Abbau bereitgestellter Leistungen für die Bürger einhergehen. Denn das Gutachten empfiehlt gleichzeitig zur Gebührenerhöhung Einsparungen bei der kommunalen Infrastruktur. Vor allem die vielen Schwimmbäder im Saarland seien teuer. Weitere Schwimmbadschließungen und gleichzeitig höhere Eintrittsgelder für die verbleibenden Bäder sind also nicht ausgeschlossen.
Weniger Personal
Die Personalausgaben bei den Kommunen sollen sinken, im Kernhaushalt um fünf bis zehn Prozent. Das könnte bis zu 62 Millionen Euro einbringen. Um wie viel das Personal in einer einzelnen Gemeinde schrumpfen solle, hänge von deren individueller Haushaltssituation ab.
Fallkosten für Sozialausgaben prüfen
Bei den Sozialausgaben, vor allem denen zum Lebensunterhalt und der Hilfe zur Pflege, sind dem Gutachten zufolge die Kosten pro Einzelfall zum Teil um ein Vielfaches höher als in anderen Ländern. Wie das zustande komme, müsse nun geprüft werden.
Was läuft bei den Tochterunternehmen schief?
Die ausgelagerten Einrichtungen, Unternehmen und Fonds erwirtschaften in Summe hierzulande regelmäßig ein Minus, mahnt das Gutachten an. In anderen Ländern stünden die Einrichtungen zum Teil deutlich besser da.
Das Land: Bessere Aufsicht und mehr Entlastung
Kommunalaufsicht
Eine Kommunalaufsicht ist Junkernheinrich zufolge im Saarland quasi nicht existent. Weder gebe es ausreichend Personal, noch könne die Aufsicht unabhängig arbeiten. Das müsse sich zwingend ändern. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sagte am Montag bereits zu, dass sich der Personalstamm kurzfristig schon einmal um "vier bis fünf Leute" erhöhen solle.
Doch das Gutachten will mehr als nur mehr Personal: Die Aufsicht solle beim Rechnungshof angesiedelt werden statt beim Landesverwaltungsamt. Zumindest aber sollten die Prüfer weisungsungebunden arbeiten können.
Mehr Geld vom Land
Mit einem so genannten Sanierungsbegleitprogramm solle das Land die Kommunen unterstützen. Junkernheinrich veranschlagt dafür 17 Millionen Euro in den ersten Jahren, danach solle das Programm Stück für Stück zurückgefahren werden. In Junkernheinrichs bis ins Jahr 2024 führender Modellrechnung würde bis 2022 Sanierungshilfe fließen.
Gleichzeitig sollte das Land ab 2020 damit beginnen, den Kommunen wieder Geld dafür zurückzuzahlen, dass auch mit ihrer Hilfe die Sanierung des Landeshaushalts vorangetrieben wurde. Bis zu 35 Millionen Euro sollen dafür vom Land an die Kommunen gehen.
Der Bund: Investieren und weniger Kosten aufbürden
Bundesgeld in den Kommunen investieren
Aktuell plant der Bund eine Anschubfinanzierung von fünf Milliarden Euro, um den klammen Kommunen aus der Patsche zu helfen. Für das Saarland fallen wahrscheinlich 80 Millionen Euro ab. Das Geld aus Berlin solle auch komplett in die Gemeinden fließen, mahnt Junkernheinrich. Bezahlt werden sollten damit vor allem Instandhaltungs- und Rückbauarbeiten, mit denen sich auch mittel- und langfristig Geld sparen ließe, wie etwa die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude.
Nicht zu hohe Kosten aufbrummen
Zusatzkosten, die der Bund den Kommunen in den vergangenen Jahren aufgebrummt habe, hätten teilweise deren Sparbemühungen wieder komplett aufgefressen, mahnt der Gutachter. Insbesondere im Bezug auf die Unterkunftskosten, die in den Gemeinden aufliefen, müssten finanzielle Entlastungen her.