Arbeitsminister Magnus Jung (SPD) im Interview zur mutmaßlichen Ausbeutung im Glasfaserausbau im Saarland (Foto: SR)

Jung will Deutsche Glasfaser stärker in die Pflicht nehmen

Daniel Novickij   12.06.2024 | 06:43 Uhr

Der saarländische Arbeitsminister Jung fordert mehr Transparenz und bessere Nachverfolgbarkeit im Glasfaserausbau im Saarland. Er bezeichnete es als "Skandal", dass Menschen im Glasfaserausbau offenbar ausgebeutet wurden. Eine SR-Recherche deckte solche Missstände auf. Jung will mit dem Unternehmen "Deutsche Glasfaser" das Gespräch suchen.

Nach SR-Recherchen sind ausländische Bauarbeiter, unter anderem im Saarland, offenbar wiederholt von Subunternehmen für ihre Arbeit nicht bezahlt worden. "Das ist ein Skandal", betont der saarländische Arbeitsminister Magnus Jung (SPD) im SR-Interview. Zwar habe die Landesregierung beim eigenwirtschaftlichen Ausbau des Glasfasernetzes von Unternehmen wie der Deutschen Glasfaser wenig Mitsprache, dennoch könne man nicht tatenlos bleiben, so Jung.

Gespräche mit der Deutschen Glasfaser geplant

"Ich bin der Auffassung, dass die Verantwortung bei den Unternehmen wie der Deutschen Glasfaser liegen, die die Subunternehmen beauftragen", sagt Jung. Sie seien in der Pflicht dafür zu sorgen, dass auf ihren Baustellen, die durch ihre Subunternehmen durchgeführt werden, ordentliche Arbeitsbedingungen herrschen. Dort müssen Standards in der Arbeitssicherheit eingehalten und die Arbeiter ordnungsgemäß entlohnt werden. Daher wolle Jung demnächst erneut das Gespräch mit der Deutschen Glasfaser suchen.

Bereits vor einiger Zeit habe er mit dem Unternehmen gesprochen, nachdem das Arbeitsministerium aus der Bevölkerung und den Medien Hinweise darüber erhalten hat, dass Bauarbeiter im Saarland mutmaßlich ausgebeutet wurden. So hatte etwa der SR bereits im März darüber berichtet, dass Menschen im Glasfaserausbau in der Gemeinde Namborn womöglich einer Ausbeutung zum Opfer gefallen sind.

Setzte die Deutsche Glasfaser Forderungen des Landes nicht um?

Jung habe bei den vorherigen Gesprächen von der Deutschen Glasfaser gefordert, für mehr Transparenz in den Abläufen und eine bessere Nachverfolgbarkeit bei den Subunternehmerketten zu sorgen. Diese seien aber offenbar bislang nicht umgesetzt worden. "Wir lassen das nicht auf sich beruhen, weshalb wir erneut den Weg zur Deutschen Glasfaser suchen werden", so der SPD-Politiker. Es gebe die Erwartung, dass sich etwas verbessert, auch in der Qualität der Arbeit.

Denn der Ausbau der digitalen Infrastruktur sei ein wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge. Es sei nicht gut, dass es vielerorts auf den Baustellen in Deutschland an Transparenz mangelt und es kaum nachvollziehbar ist, wer für die Arbeitsbedingungen letztendlich verantwortlich ist.

Länder wollen sich mit dem Bund über Maßnahmen beraten

"Das ist ein Thema, das die Politik bewegen muss", sagt Jung. Es müsse mehr Transparenz geschaffen werden, um bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu garantieren. Die Arbeits- und Sozialminister der Länder seien gerade dabei, eine Abstimmung dazu zu forcieren.

"Die Länder werden mit dem Bund in eine Diskussion gehen", so der saarländische Arbeitsminister. Es sollen unterschiedliche "Regelungsmöglichkeiten" geprüft werden. Zwar stehe die Debatte noch am Anfang, aber sie werde "intensiv" und "ernsthaft" geführt.

Öffentliche Förderung gleich bessere Kontrolle?

Sollte der Glasfaserausbau künftig auch aus öffentlichen Fördermitteln mitfinanziert werden, dann würde das sogenannte saarländische Tariftreuegesetz greifen, das bislang wegen des eigenwirtschaftlichen Ausbaus des Glasfasernetzes noch keine Anwendung findet, so Jung.

Mit dem Gesetz gelten Tarifverträge verbindlich, wodurch etwa Lohndumping verhindert werden soll. "Dann haben wir auch bessere Möglichkeiten, um zu kontrollieren", betont der SPD-Politiker.

Finanzkontrolle Schwarzarbeit will mit dem Ausland stärker zusammenarbeiten

Auch bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) gibt es Hinweise darüber, dass Menschen im Glasfaserausbau offenbar ausgebeutet wurden. Das Bundesarbeitsministerium teilte dem SR mit, die FKS sei darüber informiert, dass etwa rumänische Arbeiter bei spanischen Subunternehmen im Glasfaserausbau in Deutschland gearbeitet haben und ihnen für ihre Arbeit Ansprüche vorenthalten wurden. Dazu gebe es bereits Ermittlungsverfahren.

Die FKS plant daher, sich diesbezüglich künftig mit den zuständigen Stellen in Spanien und Rumänien auszutauschen, so eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums gegenüber dem SR.

Das Bundesarbeitsministerium betont aber auch, dass dem Bund derzeit keine Anhaltspunkte vorliegen, dass es strukturell und flächendeckend zu Verstößen bei den Arbeitsbedingungen im Glasfaserausbau kommt. Die FKS habe das Bauhaupt- und das Baunebengewerbe dennoch verstärkt im Blick. Die Branche sei besonders für Fälle von Schwarzarbeit und von illegaler Beschäftigung anfällig.

Das Ministerium beobachte die Entwicklung im Glasfaserausbau "aufmerksam". Allerdings seien aktuell keine arbeits- oder sozialrechtlichen Sonderregelungen im Glasfaserausbau geplant.

Über dieses Thema berichtet auch die SR info-Rundschau im Radio am 12.06.2024.


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