Wie die Saar-Fraktionen die Flugblatt-Affäre um Aiwanger werten
Der bayerische Ministerpräsident Söder hat einen Schlussstrich unter die Flugblatt-Affäre seines Stellvertreters Aiwanger gezogen. Die Debatte über die Causa Aiwanger ist damit aber noch nicht beendet, auch nicht im saarländischen Landtag.
Seit gut einer Woche dominiert Hubert Aiwanger die Schlagzeilen. Der stellvertretende Ministerpräsident von Bayern und Chef der dortigen Freien Wähler soll als Jugendlicher ein antisemitisches Flugblatt in der Schule verteilt haben.
Am Sonntag hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versucht, einen Schlussstrich unter die Affäre zu ziehen. Nachdem er sich die Antworten Aiwangers auf den ihm gestellten Fragenkatalog durchgesehen hatte kam er zum Schluss: Eine Entlassung des eigenen Koalitionspartners sei nicht verhältnismäßig.
SPD moniert fragwürdiges Trauerspiel
Aiwanger empfindet die Rückendeckung durch Söder als Vertrauensbeweis. Zu Unrecht, moniert die Saar-SPD. Aiwanger habe sich nie richtig von der ganzen Angelegenheit distanziert, stattdessen nur ein fragwürdiges Trauerspiel abgegeben. Gleiches gelte für Söder. Die Union habe ihr Verhältnis zum rechten Rand einfach nicht geklärt.
"Es hinterlässt große Bauchschmerzen, wie Markus Söder an der Stelle entschieden hat", sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Pascal Arweiler. "Wer weiß, wie er entschieden hätte, wenn in fünf Wochen keine Landtagswahl in Bayern anstehen würde. Für mich klingt das Machtkalkül."
CDU kann Söders Entscheidung nachvollziehen
Die CDU sieht das anders. Zwar sei das Flugblatt absolut widerlich, doch Aiwanger habe sich einsichtig gezeigt. "Für mich ist die Entscheidung, die Markus Söder getroffen hat, nachvollziehbar", sagt der saarländische CDU-Fraktionschef Stephan Toscani. Schließlich habe Söder auch abwägen müssen, wie sehr man für Geschehnisse aus der Jugendzeit später zur Verantwortung gezogen werden solle.
AfD vermutet Negativ-Kampagne im Wahlkampf
Die AfD ordnet den Fall ganz ähnlich ein, wie Aiwanger selbst es immer wieder getan hat, spricht von einer lancierten Kampagne. Nach 35 Jahren so etwas hochzukochen, mitten im bayerischen Wahlkampf, da sei die Marschrichtung doch ganz offenkundig.
"Für mich steht bei dieser ganzen Geschichte im Vordergrund: Es ist dem Wahlkampf geschuldet", sagt der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Christoph Schaufert. "Es wurde dadurch versucht, vor allem dem Herrn Aiwanger - und auch Herrn Söder ein klein wenig - zu schaden."
Seine Chancen auf eine erneute Koalition mit den Freien Wählern hat sich Markus Söder mit seiner Entscheidung erhalten, die Debatte um seinen derzeitigen und möglichen künftigen Stellvertreter ist damit aber nicht beendet.
Über dieses Thema berichtet der aktuelle bericht im SR Fernsehen am 04.09.2023.