Ärzte befürchten Einschnitte bei ambulanter Versorgung
Der Streit zwischen den niedergelassenen Ärzten und der Politik spitzt sich weiter zu. Die Kassenärztliche Vereinigung im Saarland warnt davor, dass die ambulante Versorgung der Patienten in der aktuellen Form nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
"Wartelisten und Leistungseinschränkungen bestehen bereits heute und werden aufgrund der schwindenden finanziellen und personellen Ressourcen nicht mehr die Ausnahme bleiben, sondern zur Regel werden", heißt es in einem am Montag bekannt gewordenen offenen Brief der Vertreterversammlung der Kassenärzte an die saarländische Bevölkerung und die Kommunal- und Landespolitik.
Zunehmend unattraktive Rahmenbedingungen
Die Arbeits- und Rahmenbedingungen würden zunehmend unattraktiv, die Grenze des Zumutbaren sei in Teilen schon überschritten. Die Ärzte kritisieren unter anderem eine ausufernde Bürokratie, eher hinderliche Digitalisierungsprodukte oder auch unbegründete Regressanträge der Krankenkassen.
Zudem geht es ums Geld: Die mit den Krankenkassen verhandelte Honorarerhöhung liege weit unterhalb des Inflationsausgleiches - die Unterfinanzierung des ambulanten Gesundheitssystems werde kritisch verschärft.
Immer mehr Ärzte und Fachpersonal wandern ab
Angesichts dieser Bedingungen würden Ärzte und Medizinische Fachangestellte zunehmend in andere Sektoren und Branchen auswandern. "Der dringend benötigte Nachwuchs wendet sich ab und bleibt aus", heißt es in dem offenen Brief.
Eine konkrete Konsequenz werden Eltern und junge Patienten zum Beispiel ab dem kommenden Jahr spüren - dann fällt eine von drei Kinder-Bereitschaftspraxen im Saarland weg.
Lauterbach kritisiert Honorarforderungen der Ärzte
Während der Aufschrei bei der Landes- und Kommunalpolitik groß war, scheint die Bundespolitik derzeit nicht gewillt, die Rahmenbedingungen anzupassen. Unmittelbar vor einem Protesttag vergangene Woche, als bundesweit tausende Praxen geschlossen blieben, stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Forderungen nach mehr Geld infrage.
"Am Brückentag schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld. Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr", schrieb Lauterbach vor einer Woche beim Twitternachfolger "X". Und er fragte - offensichtlich rhetorisch gemeint: "Soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer steigen, damit das Honorar weiter steigt?"
Der Virchowbund, der Verband der niedergelassenen Ärzte, nannte selbst andere Zahlen, sprach von einem Praxisüberschuss von 172.903 Euro im Jahr und einem Nettoeinkommen - nach Abzug von Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Einkommenssteuer - von 85.555 Euro.
Fronten offenbar zunehmend verhärtet
Ähnlich wie zwischen den Apotheken und dem Bundesgesundheitsminister scheinen auch zwischen den niedergelassenen Ärzten und der Bundespolitik die Fronten zunehmend verhärtet. Die Kassenärzte im Saarland sehen die Politik für die aktuelle Entwicklung in der Verantwortung. "Das mindeste, was wir von ihr noch erwarten, ist die Ehrlichkeit, dies ihren Wählern endlich einzugestehen", heißt es abschließend in dem offenen Brief.
Über dieses Thema berichtet der SAARTEXT am 09.10.2023.