"Das Erbeben bei den Linken"
Bei den Linken im Saarland hängt der Haussegen mehr als schief. Dieser Tage sind gleich drei namhafte Landesvorstandsmitglieder zurückgetreten: Elmar Seiwert, Leo Stefan Schmitt und Heinz Bierbaum. Eigentlich waren sie angetreten unter anderem, um Unregelmäßigkeiten bei der Mitgliederverwaltung und der Kassenführung aufzuarbeiten. Jetzt aber haben sie entnervt aufgegeben. Wobei Schmitt in seinem Rücktrittsschreiben als Landesgeschäftsführer tiefe Einblicke ins Innerste der Partei gewährt. "Von Stimmvieh, einem Zwei-Meter-Mann und demokratischer Verantwortung".
Dass die Linken ein Sauhaufen sind, das hat man gewusst. Dass es aber so schlimm ist - nicht. Denn immerhin der, wenn auch gegangene, Geschäftsführer Leo Stefan Schmitt bestätigt im Prinzip das, was die Lutze-Kritiker schon seit langem behauptet haben: der Zwei-Meter-Mann hat sich sein Bundestagsmandat offenbar erkauft oder zumindest erkaufen lassen. Schmitt berichtet von Genossen, die gar nicht gewusst haben sollen, dass man als Parteimitglied Beiträge zahlen muss. Und von Genossen, die dachten sie seien ausgetreten, das aber offiziell nicht waren, weil wer auch immer ihre Jahresbeiträge nachbezahlt hatte.
Nur unter erheblichen Bauchschmerzen hatte die Landeswahlleitung die Linken-Liste zur Bundestagswahl im vergangenen September zugelassen. Jetzt scheint also klar, die Listenaufstellung war alles andere als ordnungsgemäß. Mit Stimmvieh hat sich Lutze offenbar sein Mandat und Einkommen gesichert, zugleich baut er die Partei in seinem Sinne um. Leute wie Heinz Bierbaum, die auch inhaltlich was zu sagen haben, wenden sich angewidert ab. Es geht nur noch um Posten. Irgendwie stehen alle auf Lutzes Pay-Roll. Der Saarlouiser Parteichef Kolasinac, der Parteichef Riexinger mal als hinterlistigen Juden bezeichnet hatte, oder Andreas und Andrea Neumann. Wobei die Person des stellvertretenden Parteichefs Andreas Neumann mehr als skurile Züge trägt.
Beschäftigung mit sich selbst
Der mutmaßliche Hoffnungsträger hat einen merkwürdigen Hang zur Heraldik, entwirft Wappen, nennt sich selbst Phelan, kleiner Wolf, war oder ist noch immer Engelsanbeter und tritt gerne im Wichs als Burschenschaftler auf. Wie das mit linker Überzeugung vereinbar ist, ist nur schwer nachvollziehbar. Über solche Skurilitäten und auch das Aussperren der eigenen Parteijugend aus der Geschäftsstelle könnte man eigentlich schmunzeln, wären die Linken nicht die Oppositionspartei im Land. Statt der Großen Koalition auf die Finger zu klopfen, beschäftigen sich die Genossen mit sich selbst. Politik findet nur in Ansätzen statt, mit ihrer Postenschacherei fördern sie den Verdruss und machen letztlich das Geschäft der AfD. Allerhöchste Zeit, dass die Bundespartei dem Einhalt gebietet. Ob die aber dazu in der Lage ist, scheint fraglich. Auch dort ist man bekanntlich mit sich selbst beschäftigt.
Dass sich Übervater Lafontaine angesichts der Entwicklung seines Babys auf die Höhen des Saargaus zurückzieht, ist zwar nachvollziehbar aber auch verantwortungslos. Statt über eine neue linke Sammlungsbewegung zu philosophieren, sollte er endlich seiner Aufgabe als Erziehungsberechtigter nachkommen und die Linken Chaostage beenden. Es geht nicht um persönliche Eitelkeiten - es steht viel mehr auf dem Spiel. In Zeiten der GroKo braucht es eine Opposition - letztlich geht es um die Demokratie.