Wie steht es um die Sicherheit der Brücken im Saarland?
Nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden ist der bundesweite Sanierungsstau bei Brücken wieder mehr in den Fokus gerückt. Dieser ist auch im Saarland an vielen Stellen ein Problem. Doch wie lässt sich das lösen?
Für viele war es ein Schock: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist in Dresden ein Teil der Carolabrücke eingestürzt. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand.
Dennoch wirft der Vorfall bei den Menschen Fragen auf: Wie steht es um den Zustand der Brücken in meiner Nähe? Kann ich dort noch gefahrlos drüberfahren oder ist ein Einsturz auch hier möglich? Denn bundesweit gibt es viele Brücken, die bereits in die Jahre gekommen sind.
Bewertung alle sechs Jahre
Ihr Zustand wird regelmäßig bewertet, die Brücke erhält dann eine sogenannte Zustandsnote. Das ist ein Wert zwischen eins und vier, wobei die vier einen schlechten Zustand angibt. Im Saarland werden etwa die Fechinger Talbrücke und die Johannisbrücke mit 3,5 bewertet, die Sulzbachtalbrücke hat einen Wert von 3. Das geht aus Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen hervor.
Aus dem Wert allein "kann man noch nicht direkt daraus schließen, dass die Brücke marode ist", erklärt Martin Mertens, Professor für Technische Mechanik, Baustatik und Brückenbau an der Hochschule Bochum im SR-Interview. Denn bei der Bewertung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle - etwa die Standsicherheit, aber auch die Verkehrssicherheit. Sei ein Geländer abgerostet, erhalte die Brücke bereits schlechte Werte bei der Verkehrssicherheit und damit auch eine insgesamt schlechtere Zustandsnote.
"Es muss sich jetzt keiner Sorgen machen, dass jetzt die nächste Brücke sofort einstürzt, nur es gibt eben, das haben wir in Dresden gesehen, keine 100-prozentige Sicherheit. Nirgendwo im Leben, egal was Sie tun", so Mertens.
"Wir haben einen großen Sanierungsstau in der ganzen Bundesrepublik bei den Brücken", gibt auch der Vizepräsident der saarländischen Ingenieurskammer, Alexander Bach, zu Bedenken. "Allerdings muss man dazu sagen, dass die Brücken in regelmäßigen Abständen, alle sechs Jahre, einer großen Brückenprüfung unterzogen werden, womit wir versuchen, den Zustand der Brücken möglichst gut zu erfassen."
Sanieren oder neubauen?
Doch wie sollten die Probleme an den Brücken überhaupt behoben werden: Ist eine Sanierung möglich oder ist ein Neubau sinnvoller, wie er im Saarland etwa für die Fechinger Talbrücke geplant ist. Mertens Antwort dazu fällt eindeutig aus: Bei Bauwerken, die vor 1980 gebaut wurden, würde der Brückenexperte keine Sanierung vorschlagen.
"Das macht meistens keinen Sinn, weil die schon sehr ausgeknautscht gebaut worden sind im Konstruktionsprinzip, also möglichst schlank und weittragend, was wir heute nicht mehr haben. Heute bauen wir lieber so in die Richtung dick ist schick, also ein bisschen robuster."
Es brauche eine Reform des Planungsrechtes und des Vergabeverfahrens, so Mertens. "Und wir brauchen im Grund mehr Ingenieure, mehr Fachkräfte im Baubereich, um das überhaupt stemmen zu können." Dafür müsse ein vernünftiges Konzept her, das über Jahre laufe. "Da reden wir nicht über fünf Jahre, sondern über 15 Jahre."
Neubau stellt Gemeinden vor Herausforderungen
Doch damit Brücken saniert oder neu gebaut werden können, braucht es nicht nur Fachkräfte, sondern auch die notwendigen finanziellen Mittel. Dieses Problem stellt derzeit etwa die Gemeinde Eppelborn vor Herausforderungen.
Dort musste im vergangenen Oktober die 1913 erbaute Brücke in der Humeser Straße wegen gravierender Schäden zurückgebaut werden. Die betroffenen Haushalte müssen nach Angaben der Gemeinde nun über eine andere Brücke in ihr Wohngebiet gelangen.
"Sollte diese künftig ebenfalls gesperrt werden müssen, bliebe für insgesamt 180 Haushalte nur noch ein unbefestigter Waldweg, der nicht für den regulären Verkehr geeignet ist und in Notfällen – etwa für Rettungsdienste – eine erhebliche Gefahr darstellt", teilte die Gemeinde mit.
Eppelborner Bürgermeister fordert Unterstützung
Denn eine neue Brücke kann sich die Gemeinde nicht leisten. Die Kosten liegen nach Gemeindeangaben bei über vier Millionen Euro, Geld dass die Gemeinde nicht ohne Unterstützung aufbringen kann.
Zwar gebe es schon seit 2016 Zusagen, dass das Land die Kosten für den Neubau übernehme, wenn im Gegenzug zwei Feldwegebrücken stillgelegt würden. Seitdem sei das Projekt aber immer wieder verschoben worden.
Der Bürgermeister Andreas Feld fordert deshalb jetzt Hilfe von Land und Bund. "Es ist an der Zeit, dass gehandelt wird, bevor weitere Infrastruktur in unserer Gemeinde unbenutzbar wird und unsere Bürgerinnen und Bürger auf ewig mit Notlösungen leben müssen." Der Einsturz in Dresden sei hoffentlich nicht nur ein Weckruf gewesen, sondern lasse Taten folgen, um die vernachlässigte Infrastruktur in ganz Deutschland endlich zu sanieren.
Über dieses Thema hat auch die Sendung "Guten Morgen" am 13.09.2024 auf SR 3 Saarlandwelle berichtet.