Ein Sperrzettel klebt im Stromkasten über einer deaktivierten Hauptsicherung (Foto: picture alliance / dpa | Jonas Güttler)

Weniger Stromsperren im Saarland, aber mehr Beratungen

Anne Staut   19.01.2025 | 20:23 Uhr

Immer mehr Menschen nutzen die Stromhelfer-Beratungsstelle im Saarland. Sie berät Menschen, denen zum Beispiel eine Stromsperre droht. Die Zahl der Betroffenen ist in den letzten Jahren zwar gesunken. Die Saarländische Armutskonferenz sieht dennoch weiteren Handlungsbedarf.

Im Jahr 2023 sind im Saarland insgesamt 2416 Stromsperren verhängt worden. Das geht aus dem aktuellen Monitoringbericht der Bundesnetzagentur hervor. Wie sich die Zahl im vergangenen Jahr entwickelt hat, wird nach Angaben des saarländischen Verbraucherschutzministerium erst noch ausgewertet.

Recht auf Ratenzahlung

Der Blick auf die vergangenen Jahre zeigt jedoch, dass sich die Zahl der verhängten Stromsperren seit 2019 kontinuierlich verringert hat. Einzige Ausnahme war das Jahr 2022. Damals gab es rund 1300 Stromsperren mehr im Vergleich zum Vorjahr. Das hängt auch mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zusammen, in dessen Folge die Energiepreise angestiegen waren.

Seither hat sich im Energierecht einiges getan. Wie die an der Verbraucherzentrale Saarbrücken angesiedelte Beratungsstelle, auch Stromhelfer genannt, auf SR-Anfrage mitteilte, haben Verbraucherinnen und Verbraucher, denen eine Energiesperre droht, unter bestimmten Voraussetzungen inzwischen etwa das Recht auf eine Zahlung per Ratenplan. Für das Jahr 2025 erwarte man zudem weitere Gesetzesänderungen zum Schutz vor Energiesperren.

Notfallfonds nicht ausgeschöpft

Im Saarland beschäftigt man sich bereits seit mehreren Jahren mit dem Thema. 2020 wurde von der Landesregierung ein Notfallfonds sowie die Stromhelfer-Beratungsstelle eingerichtet. Der Notfallfonds dient dabei als kurzfristige Lösung für Betroffene, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Sie können dann einmalig 50 Prozent der Forderungssumme erhalten.

Bislang ist der Fonds nicht ausgeschöpft worden, was das Ministerium auf die gute Beratung durch die Stromhelfer zurückführt. Die Mittel für den Fonds seien deshalb mit den Erfahrungen der letzten Jahre auch "bedarfsgerecht angepasst" worden. Zu Beginn hatten sie bei 200.000 Euro gelegen. Für dieses Jahr stehen darin laut Ministerium 40.000 Euro zur Verfügung.

Im vergangenen Jahr waren es 50.000 Euro, davon "mussten allerdings nur 4961,12 Euro ausgezahlt werden." 2023 wurden 3974,07 Euro ausgezahlt.

Nachfrage bei Beratungsstelle steigt

Ein Grund dafür kann sein, dass immer mehr Menschen die Hilfe der Beratungsstelle suchen. Wie die Stromhelfer mitteilten, gab es im Jahr 2024 466 Anfragen. Im Jahr zuvor waren es noch 372. Das bedeute aber nicht zwangsläufig, dass das Problem größer werde, so die Beratungsstelle. Die Stromhelfer würden aber stärker wahrgenommen und deshalb häufiger angefragt.

Dafür spricht auch, dass sich nach Angaben der Beratungsstelle der Anteil der Ratsuchenden, denen kein Sperrverfahren droht, in den letzten Jahren immer weiter erhöht hat. Sie wenden sich wegen hohen Verbrauchsabrechnungen und Abschlägen an die Beratungsstelle. Auch mit vertragsrechtlichen Fragen, wenden sich die Verbraucher an die Stromhelfer.

Die Mehrheit der Ratsuchenden waren mit zwei Drittel im Jahr 2024 aber weiterhin Menschen, die bereits von einer Energiesperre betroffen waren oder kurz davor standen.

SAK fordert weitere Maßnahmen

Auch die Saarländische Armutskonferenz (SAK) ist mit den bisherigen getroffenen Maßnahmen zufrieden. Durch die intensive Beratung habe vielen Betroffenen geholfen werden können.

Dennoch sieht die SAK weiteren Handlungsbedarf. Unter anderem müsse der Soziale Wohnungsbau ausgebaut werden. Denn aufgrund des fehlenden sozialen Wohnraums müssten die Menschen teils Wohnungen mieten, die weder energetisch saniert oder besonders isoliert seien. Dadurch sei der Energieverbrauch dauerhaft erhöht.

Zudem fordert die SAK, dass die Energie- und Versorgungskosten - also beispielsweise für Strom, Wasser, Gas und Fernwärme - gedeckelt werden, sowie dass der Notfallfonds die Kosten für die Betroffenen im Bedarfsfall nicht nur zu 50 Prozent, sondern zu 100 Prozent übernimmt.

Wie kann man Stromsperren abwenden?

Doch damit es gar nicht erst zu einer Stromsperre kommt, raten die Stromhelfer, "sämtliche Post vom Versorger aufmerksam zu lesen." Oft verstecke sich eine Sperrandrohung schon in einer Mahnung und werden schnell überlesen. Zudem sollte man alle Rechnungen gegenprüfen: "Stimmt der Verbrauch? Ist die Forderung nachvollziehbar?"

Wer in Rückstand geraten ist und diesen nicht bezahlen kann oder bereits eine Sperre erhalten hat, sollte sich an die Beratungsstelle wenden. "Wir prüfen, ob eine Sperre berechtigt ist, nehmen Kontakt mit dem Versorger auf und beraten zu Klärungsmöglichkeiten."

Die Beratungsstelle prüfe außerdem mögliche Grundsicherungsansprüche und helfe, mögliche Darlehen bei Sozialträgern zu beantragen. "Denn viele Haushalte, die sich an uns wenden, haben ungenutzte Ansprüche auf unterstützende Leistungen wie Grundsicherung, Wohngeld oder Kinderzuschlag." Durch höhere monatliche Einnahmen, verringere sich auch das Risiko, dass Energieschulden entstünden.


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