Das große Problem mit der Berufswahl
Was willst du mal werden? Wer kennt diese Frage nicht. Viele junge Menschen haben Schwierigkeiten mit dieser Entscheidung. SR-Young Reporterin Romy Schroll fragt Berufstätige, wie sie zu ihrem Job gekommen sind. Auch die langjährige saarländische Politikerin Doris Pack gibt Tipps.
Bestimmt haben viele Menschen, die kurz vor der Berufswahl stehen, diese Situation schon erlebt: Man sitzt mit Bekannten am Tisch und dann wird die allseits beliebte Frage gestellt: "Was willst du später eigentlich mal werden?"
Diese offenbar im Gen-Code von Verwandten festgeschriebene Frage ist sicherlich nicht böse gemeint und wird meistens nur aus Neugierde oder als Lückenfüller in Gesprächen gestellt - trotzdem baut sie Druck auf. Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung aus dem vergangenen Jahr hat mehr als jeder zweite Jugendliche Probleme bei der Berufswahl.
Wer sind die SR Young Reporter?
Im Rahmen des Projekts SR Young Reporter bekommen Schülerinnen und Schüler aus dem Saarland die Möglichkeit, in den Herbstferien die journalistische Arbeit beim SR kennenzulernen. Durch einen Workshop bekommen sie tiefe Einblicke in den Alltag von Journalistinnen und Journalisten. Außerdem erstellen die vier jungen Reporterinnen aber auch selbst Beiträge und Stories, in diesem Jahr rund um das Thema "Generationendialog".
Zu viele Möglichkeiten
Das kann ich nachvollziehen. Ich bin jetzt in der elften Klasse und habe immer noch keine Idee, was ich später machen möchte. Möglichkeiten gibt es viele und die einzig richtige Entscheidung gibt es wahrscheinlich nicht. Unter vielen Berufen kann man sich vielleicht auch gar nicht viel vorstellen.
In meinem Grübeln kam mir die Idee, mich bei Älteren, die ihre Berufswahl schon getroffen haben zu erkundigen. Vielleicht können mir die Kolleginnen und Kollegen im Architekturbüro meines Vaters helfen.
Hilfe durch Ältere
Auf die Frage, woran sich die Berufswahl denn orientiert hätte, kam häufig die Antwort: an Interessen, sowohl in der Freizeit als auch in der Schule. Bei vielen stand die Berufswahl deshalb schon früh fest. "Während andere als Kind mit den Autos gespielt haben, habe ich mit Legosteinen Häuser gebaut", sagt zum Beispiel Mitarbeiter Curt Hempel, der mit seiner Berufswahl als Architekt bis heute zufrieden ist.
Hilfe oder Inspiration kam für viele auch durch Bekannte, den Freundeskreis oder aus der eigenen Familie. So war es zum Beispiel bei der angehenden Architektin Julia Obermann. "Mein Opa war auch in der Branche unterwegs und dann habe ich als kleines Kind schon immer die Pläne zuhause rumliegen sehen."
Eine andere Kollegin fand auch Berufsmessen sehr hilfreich, da sie über Jobs Aufschluss geben, an die man sonst nicht denken würde, und auch das BIZ (Berufsinformationszentrum) war eine Hilfe für sie.
Tipps für Unschlüssige
Außerdem wurden häufig Praktika empfohlen, weil sie einen guten Einblick in das Berufsleben geben. Denn selbst negative Erfahrungen würden dabei helfen, das Berufsfeld einzugrenzen.
"Ich würde jedem empfehlen, einfach mal was auszuprobieren, oder vielleicht auch einfach mal eine Ausbildung in einem Beruf zu machen", sagt Andreas Cepusch, der mittlerweile als Bauingenieur arbeitet. "Die Zeit sollte man sich auf jeden Fall nehmen, weil man anschließend vielleicht noch 40 oder 45 Jahre arbeiten muss."
Man sollte sich auch einen Job suchen, der Spaß macht. Diana Mathis, ebenfalls aus dem Architekturbüro, sagt dazu: "Ich will nicht mit Bauchweh zur Arbeit kommen." Und auch Geld sollte bei der Entscheidung eher in den Hintergrund rücken.
Was passt zu mir?
Doch was sind meine eigenen Interessen? Architektur eigentlich weniger. In meiner Freizeit schaue ich gerne satirisch-politische Fernsehshows - und so habe ich auch angefangen, mich allgemein für Politik zu interessieren. Worauf es in dem Beruf genau ankommt, weiß ich allerdings nicht.
Ich bräuchte jemanden mit Erfahrung in diesem Gebiet und treffe mich mit Doris Pack. Die Saarländerin ist seit sie 18 Jahre alt war politisch aktiv gewesen und war lange im Europäischen Parlament.
"Mit Herz und Seele dabei sein"
"Du musst erstmal Interesse haben", rät sie, sowohl an der Politik als auch an den Problemen und Sorgen der Menschen. Zu einem guten Politiker oder einer guten Politikerin gehöre der Wille, Menschen zu helfen und Dinge verändern zu wollen. "Man muss mit Herz und Seele dabei sein", sagt Pack.
Wie wird man Politikerin oder Politiker?
Man müsse etwas verändern wollen - und auch in einem Bereich anfangen, wo das möglich ist. "Ich bin nicht in die Politik gegangen, weil ich vor hatte, irgendwann Europaabgeordnete oder Bundestagsabgeordnete zu werden. Sondern weil ich gerne etwas gestalten wollte", sagt Pack. Man könne zum Beispiel früh in eine der Jugendparteien eintreten und sich engagieren - die Partei könne man im Nachhinein immer noch wechseln.
Ihr habe auch geholfen, vorher schon als Lehrerin gearbeitet zu haben und dadurch einen guten Zugang zu den Menschen aufbauen zu können.
Jüngere Generation flexibler in der Berufswahl
"Vielleicht ist es heute schwieriger, sich zu entscheiden, weil es so viele Möglichkeiten gibt", sagt sie. "Aber es ist auch schön, dass man wechseln kann, weil sich die Türen vielleicht nochmal leichter öffnen." Sie sieht auch die Schulen in der Verantwortung, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Möglichkeiten zu bieten, Einblicke in verschiedene Berufe zu bekommen, zum Beispiel durch Praktika.
Auch ein freiwilliges Jahr könne bei der Entscheidung helfen - das geht sogar international etwa durch den "European Solidarity Corps" der EU, sagt Pack.
Am Ende ginge es bei der Berufswahl laut Politikerin Pack vor allem um eines: "Du musst etwas finden, wo du mehr findest von dem, was dir wichtig ist."
Weiß ich jetzt, was ich werden will?
Nach seinen eigenen Interessen schauen, praktische Erfahrung sammeln und das verfolgen, was mir wichtig ist - das sind alles hilfreiche Vorschläge. Welchen Beruf ich tatsächlich wähle, ist damit zwar noch offen, aber zumindest habe ich durch den Austausch mit erfahreneren Menschen ein paar Anhaltspunkte, die mir bei der Entscheidung helfen können.