Kommentar zum zweiten Yeboah-Prozess: "Der Freispruch für St. war richtig."

Zweiter Yeboah-Prozess: "Der Freispruch für St. war richtig."

Ein Kommentar von Thomas Gerber   10.07.2024 | 12:07 Uhr

Psychische Beihilfe zum Mord an dem ghanaischen Flüchtling Samuel Yeboah, so lautete die Anklage im zweiten Yeboah-Prozess gegen den Ex-Chef der Saarlouiser Neonazi-Szene, Peter St. Dieser wurde nun freigesprochen. Und das sei richtig, kommentiert Thomas Gerber. Von Anfang an habe die Anklage auf tönernen Füßen gestanden.

Der Freispruch für Peter St. erzeugt Unbehagen, war jedoch alternativlos und zeugt von Stärke. Dass der unumstrittene Anführer der Saarlouiser Skins ungeschoren davonkommt, sein "Schoßhund und Lakai" – wie die damaligen Kameraden Peter S. vor Gericht nannten – aber für knapp sechs Jahre in den Bau wandert, widerspricht dem natürlichen Gerechtigskeitsempfinden.

Denn es erfüllt ein gängiges Klischee: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Zudem beschleicht einen das unbehagliche Gefühl, das abgekartete Spiel der beiden Peters könnte aufgegangen sein. Nach dem Motto: Ich akzeptiere die niedrigere Jugendstrafe, du bleibst unbestraft. Dennoch: Der Freispruch für St. war richtig.

Anklage auf tönernen Füßen

Die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen den heute 55-Jährigen stand dabei von Anfang an auf tönernen Füßen, basierte auf der Aussage des damals noch strammen Neonazis Heiko S. über den Kneipenabend vor dem verheerenden Brand.

Heiko S. wurde als Kronzeuge der Anklage im Laufe des Prozesses zum Entlastungszeugen. Denn die Ermittlungen der Staatsschützer zu dem alles entscheidenden Kneipengespräch waren durchaus übereifrig. So was müsste auch mal in Saarlouis passieren, soll Peter St. seinen Männern bei reichlich Bier und Schnaps ins Stammbuch geschrieben haben.

Mit "so was" sei Hoyerswerda gemeint gewesen, so die Anklage. Das aber erwies sich als falsch. Denn die dort zeitgleich geworfenen Brandsätze waren bis dahin noch nicht bis Saarlouis durchgesickert. Aus "passieren" wurde in den Vernehmungsprotokollen plötzlich "brennen", Heiko S. hatte dies gar handschriftlich korrigiert.

In Koblenz beharrte Heiko S. nun darauf: Der Satz von St. für ihn sei die Aufforderung zu Randale gewesen – nicht zu Brandstiftung oder gar Mord. Nach dieser Klarstellung hatte das Gericht St. auf freien Fuß gesetzt und jetzt konsequenterweise frei gesprochen.

Spekulationen keine Grundlage für Urteil

Auf der Grundlage von Spekulationen, was Peter St. mit dem Satz gemeint haben könnte, darf niemand verurteilt werden. Peter St. ist noch immer strammer Rassist mit Hitlerfotos und widerwärtigen Judenwitzen auf seinem Handy, mit menschenverachtenden Sprüchen in abgehörten Telefonaten.

Der Rechsstaat jedoch beweist sich im Umgang mit denjenigen, die ihn bekämpfen. In Koblenz hat er gewonnen.

Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 10.07.2024 auf SR 3 Saarlandwelle


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