Kaum Nachfrage nach Segnung homosexueller Paare im Bistum Trier
Ein Jahr ist es her, dass die römisch-katholische Kirche die Segnung gleichgeschlechtlicher und unverheirateter Paare erlaubt hat. Im Saarland ist diese Veränderung aber kaum spürbar, berichtet der Saarbrücker Pfarrer Matthias Holzapfel. Es gebe keinerlei Nachfrage nach solchen Segensfeiern. Der Schritt sei wohl zu spät gekommen.
Die vatikanische Glaubensbehörde hatte im Dezember 2023 eine Grundsatzerklärung veröffentlicht unter dem Titel „Fiducia supplicans“ (deutsch: Das flehende Vertrauen). Darin erlaubte Rom erstmals die Segnung gleichgeschlechtlicher und unverheirateter Paare.
Von vielen wurde dieser Schritt als Fortschritt gewertet. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatten katholische Priester, die homosexuelle Paare gesegnet hatten, dies entgegen der Weisung des Vatikans getan. Der Trierer Bischof Ackermann wertete die Vatikan-Erklärung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare damals als "theologischen Durchbruch".
Anderen hingegen ging sie nicht weit genug. Denn in dem Schreiben betonte der Vatikan auch, dass eine Verwechslung mit einer Eheschließung ausgeschlossen werden muss. Zudem darf ein Geistlicher den Segen nicht im Rahmen eines Gottesdienstes erteilen. Der katholische Priester Wolfgang Rothe sagte damals im SR-Interview dazu: "Ein bisschen weniger Diskriminierung ist immer noch Diskriminierung".
Keine Nachfragen nach Segnungen im Saarland
Doch was hat sich seitdem überhaupt in den katholischen Gemeinden verändert? Wird die Segnungsmöglichkeit angenommen?
Offizielle Zahlen gibt es dazu nicht, denn ein Segen wird nicht in Kirchenbücher eintragen. Die Erfahrungen von Pfarrern allerdings zeigen zumindest in Teilen des Saarlandes, dass es keine echte Nachfrage nach solchen Segensfeiern gibt.
Der Saarbrücker Pfarrer Matthias Holzapfel gehört in Brebach zum Team der einzigen saarländischen "Queergemeinde". Er sagt dem SR. "Seit zwei bis drei Jahren gibt es im Saarland gar keine Nachfragen nach solchen Segensfeiern mehr." Er habe früher, als es noch nicht erlaubt war, solche Feiern schon gemacht und zu dieser Zeit mehr Anfragen gehabt als heute.
Queeren reicht oft standesamtliche Trauung
"Mein Gefühl ist einfach: Wir sind zu spät", sagt Holzapfel. "Das, was vom Papst in dem Papier angeboten worden ist, ist so minimal, dass es eigentlich auch keiner will. Oder, dass es dann wieder als Zurücksetzung empfunden wird und nicht wirklich als ein Schritt nach vorne."
Er selbst halte es aber "für einen mutigen Schritt" des Papstes. Aber: "Letztendlich nicht mutig genug, dass es in der Community ernsthaft wahrgenommen werden kann." Den queeren Paaren reiche auch häufig die standesamtliche Trauung.
Bistum Speyer: Steigende Nachfrage
Im Nachbarbistum Speyer hingegen berichtet man gegenüber dem SR von anderen Erfahrungen mit den Segensfeiern. Pfarrer Matthias Holzapfel sagt, der dortige Bischof habe seinem geistlichen Personal sehr aktiv empfohlen, Segensfeiern durchzuführen. Und das habe dort offenbar Wirkung gezeigt.
Monika Kreiner, Referentin für Queersensible Pastoral in Speyer sagte dem SR: "Die Stimmung hat sich ins Positive verändert. Die Anzahl der Segensfeiern ist gestiegen, weil mehr Leute sich trauen, darum zu bitten."
Laut Kreiner lassen sich sowohl homosexuelle als auch heterosexuelle Paare segnen. Auch junge Leute, die kaum Bezug zur Kirche haben und kein richtiges Hochzeitsritual möchten, seien darunter.
Echte Heirat gewünscht
Sie nehme aber trotzdem weiterhin eine Lücke wahr: bei Paaren, die trotz des Segens eben nicht kirchlich heiraten dürfen. Da hoffe sie weiter auf eine Klärung aus Rom.
Auch homosexuelle Paare wollten heute häufig als Familie mit Kindern leben. "Es ist eine andere gesellschaftliche Wahrnehmung. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als Religionsgemeinschaft diese Prozesse mitgehen müssen."
Über dieses Thema hat auch die Sendung "Der Morgen" auf SR Kultur am 18.12.2024 berichtet.