Knapp 280.000 Registrierungen seit Start des Organspenderegisters

Organspenderegister hat kaum Wirkung gezeigt – Saar-Mediziner für andere Lösung

  18.03.2025 | 10:59 Uhr

Vor einem Jahr ist das zentrale Organspenderegister in Deutschland gestartet. Viel getan hätte sich dadurch allerdings nicht, sagt ein Mediziner am Winterberg-Klinikum in Saarbrücken. Ist das Thema Organspende zu kompliziert in Deutschland?

Vor genau einem Jahr ist das zentrale Organspenderegister an den Start gegangen. Darüber können Menschen in Deutschland online festlegen, ob sie nach ihrem Tod ihre Organe spenden möchten oder nicht. Seitdem haben sich laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rund 280.100 Menschen registriert.

Die meisten Registrierungen gab es demnach gleich zu Beginn. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) haben sich innerhalb von wenigen Tagen, nachdem das Register gestartet ist, rund 50.000 Personen registriert. Danach ging es eher langsamer voran.

Für die Zukunft erhofft sich die Stiftung, dass sich wieder mehr Menschen registrieren. "Wenn es nicht zu einer deutlichen Steigerung der Registrierungen kommt, wird es noch einige Jahre dauern, bis ein signifikanter Teil der Bürgerinnen und Bürger ihren Willen im Register dokumentiert hat", heißt es von der DSO.

Organspenderegister hat kaum Wirkung gezeigt
Audio [SR 3, Bettina Rau, 18.03.2025, Länge: 02:25 Min.]
Organspenderegister hat kaum Wirkung gezeigt

Verfahren zu kompliziert?

Konrad Schwarzkopf, Chefarzt der Intensivmedizin am Winterberg-Klinikum in Saarbrücken, glaubt nicht an einen Erfolg des Organspenderegisters – das Verfahren sei zu kompliziert. Um sich dort einzutragen, müssen sich Spendewillige zuvor mit der Online-Ausweisfunktion ihres Personalausweises authentifizieren. Alternativ können sie die GesundheitsID nutzen, die von den gesetzlichen Krankenkassen bereitgestellt wird. "Offensichtlich hat niemand Lust, sich da einzutragen."

Schwarzkopf plädiert stattdessen dafür, sich beim Thema Organspende an anderen Ländern wie etwa Frankreich zu orientieren, wo die Widerspruchslösung gilt – im Prinzip ist dort jeder Organspender, es sei denn, er widerspricht. "Die Länder, die erfolgreich sind, machen das nicht mit irgendwelchen komplizierten Registern."

Wichtig sei auch, die Gesellschaft stärker dafür zu sensibilisieren und das Thema zu enttabuisieren. "Grundsätzlich ist es aus meiner Sicht notwendig, dass man sich innerhalb der Familie und im Freundeskreis über das Thema unterhält und dass man voneinander weiß, wie die Haltung des Anderen ist."

Die bisherigen politischen Initiativen seien dagegen alle ins Leere gelaufen, kritisiert Schwarzkopf. Das Register sehe er als weiteren Versuch in einer Reihe von Misserfolgen. Denn die Probleme seien auch damit nicht gelöst worden.

Zu wenig Organspenden

Tatsächlich ist die Lage ernst: Auch die Zahl der Organspenden ist nach DSO-Angaben im vergangenen Jahr weiterhin auf niedrigem Niveau gewesen. Im Saarland haben 2024 neun Personen Organe gespendet. Der Zahl standen in dem Zeitraum 90 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan gegenüber.

In den Jahren davor war die Anzahl der Organspenderinnen und -spender noch höher: 2023 und 2022 gab es jeweils 17 Organspender, also knapp doppelt so viele.

Selbstbestimmte Entscheidung treffen

"Damit bei einem möglichen Organspender am Lebensende der Wunsch für oder gegen eine Organspende umgesetzt werden kann, muss dieser Wunsch bekannt sein", betont der medizinische Vorstand der DSO, Dr. Axel Rahmel. Im vergangenen Jahr sei nur bei rund 15 Prozent der möglichen Organspenderinnen und Organspender ein schriftlicher Wille vorhanden gewesen. Unter diesen Personen habe die Einwilligungsrate aber bei gut 75 Prozent gelegen.

"Mussten die Angehörigen hingegen nach eigenen Wertvorstellungen entscheiden, lag die Zustimmungsrate wohl aus Unsicherheit in der belastenden Situation nur bei 25,4 Prozent", so Dr. Rahmel.

Organspende oft einzige Chance auf Überleben

Die geringe Quote an Organspenderinnen und Organspendern führe zu einer dramatischen Lage bei den Patientinnen und Patienten, die dringend auf eine Organspende warten, sagt Dr. Rahmel. Dabei sei die Organtransplantation eine etablierte Therapie und in vielen Fällen, in denen Organe versagen, sogar die einzige Chance auf ein Überleben.

"Transplantationen sind aber nur möglich, wenn Menschen bereit sind, Organe nach ihrem Tod zu spenden. Es ist daher eine unerträgliche Situation, dass wir zwar die medizinischen Möglichkeiten haben, Leben zu retten, uns aber die Organe dafür fehlen."

Zentrales Register soll Klarheit schaffen

Über das zentrale Register sollen möglichst viele Menschen eben diese Entscheidung über die Verwendung ihrer Organe selbstbestimmt treffen können. Damit könnten Angehörige entlastet werden, diese Entscheidung nach dem Tod stellvertretend treffen zu müssen, "und es können im Fall der Fälle mehrere Leben gerettet werden", so die DSO.

Die DSO werbe daher dafür, die eigene Entscheidung über eine Organspende klar festzuhalten – ob in einem Organspendeausweis, in einer Patientenverfügung oder eben im digitalen Organspende-Register.


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