Neue Verordnung soll Physiotherapie erleichtern
Seit 1. November können Ärzte für Physiotherapie an der Schulter eine sogenannte Blankoverordnung ausstellen. Damit haben Physiotherapeuten die Möglichkeit, selbst über Art und Dauer der Therapie zu entscheiden. Im Saarland stößt die neue Regelung auf große Zustimmung.
Erstmals eingeführt wurde die Blankoverordnung für sogenannte Heilmittel im Gesundheitssystem 2019. Seither wurde sie stetig ausgebaut. Seit dem 1. November dieses Jahres gilt sie nun auch für Physiotherapie-Behandlungen im Schulterbereich, etwa bei Luxationen (Verrenkungen), Frakturen (Bruch) oder starken Verbrennungen. Diese machen nach Angaben des saarländischen Gesundheitsministeriums etwa zehn Prozent des physiotherapeutischen Behandlungsbereichs aus.
Im Sinne des Patientenwohls
Bislang musste hier der Arzt Art und Dauer der Therapie festlegen, was mitunter schwierig war. Bei der Blankoverordnung ist das anders: Der Arzt diagnostiziert „nur“ noch die Erkrankung und stellt fest, dass eine Behandlung nötig ist. Wie genau die aussieht, wie oft sie stattfindet und wie im Detail vorgegangen wird, entscheidet dann der Physiotherapeut nach Bedarf.
Das saarländische Gesundheitsministerium begrüßt die neue Möglichkeit. Damit werde die Zusammenarbeit zwischen Heilberufen und Ärzten im Sinne des Patientenwohls gestärkt, teilte das Ministerium auf SR-Anfrage mit.
Physiotherapeuten zufrieden
Ursprünglich wollte das Saarland schon 2016 Modellregion für Blankoverordnungen in der Physio- und Ergotherapie sowie der Logopädie werden. Diese Pläne hatten sich aber durch gesetzlichen Neuausrichtungen des Bundes zerschlagen, heißt es aus dem Ministerium.
Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Saarland und der Deutsche Verband für Physiotherapie (Physio Deutschland) sind mit der neuen Regelung zufrieden. „Die Blankoverordnung soll einerseits den bürokratischen Aufwand für Ärztinnen und Ärzte reduzieren und andererseits sicherstellen, dass die Therapie gezielter und schneller auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abgestimmt werden kann“, sagt Physiotherapeutin Dagmar Schlaubitz.
Sie ist Vorstandsmitglied im Regionalverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland bei Physio Deutschland. Die neue Blankoverordnung solle Versorgungsengpässe mindern und die Qualität der Behandlung steigern. „Das begrüßen wir sehr und sehen es als ersten Schritt für eine Weiterentwicklung der therapeutischen Patientinnen- und Patientenversorgung in Deutschland.“
Abrechnung nach Ampelsystem
Die fachliche Expertise von Physiotherapeuten werde dadurch aufgewertet. Das sieht auch die IKK Südwest so. „Der Therapeut oder die Therapeutin wird in die Lage versetzt, unmittelbar am Patienten eine Entscheidung über geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu treffen“, teilte die Krankenkasse mit. Dadurch werde auch der bürokratische Prozess verschlankt.
Abgerechnet werden die Behandlungen aus der Blankoverordnung laut IKK Südwest nach einem Ampelsystem. Wird die Zahl der Behandlungseinheiten „unverhältnismäßig“ überschritten, werden die Behandlungen mit neun Prozent Abschlag vergütet.