Erneut lebenslange Haft für Trierer Amokfahrer gefordert
Auch in der Neuauflage des Prozess um die Trierer Amokfahrt vor dreieinhalb Jahren fordert die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe. Der Mann habe zwar im Wahn gehandelt – die Tat aber dennoch bewusst geplant. Die Verteidigung hingegen sieht ihren Mandanten als schuldunfähig.
Im neuen aufgerollten Prozess um die Amokfahrt in Trier mit sechs Toten hat die Staatsanwaltschaft erneut lebenslange Haft für den Amokfahrer gefordert. Der Mann habe sich des sechsfachen Mordes, des versuchten Mordes in zwölf Fällen und des versuchten Totschlags in sechs Fällen schuldig gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Eric Samel am Donnerstag in seinem Plädoyer am Landgericht Trier.
Bei dieser ungewöhnlich "brutalen und grausamen Tat" liege eine besondere Schwere der Schuld vor. Weil der 54-Jährige an einer paranoiden Schizophrenie mit einer wahnhaften Störung leide, werde die Unterbringung des Mannes in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus empfohlen. Der jetzige Prozess habe schlussendlich zu keinem anderen Ergebnis geführt als das erste Verfahren, sagte Samel.
Mehrere Menschen gezielt überfahren und getötet
Bei der Amokfahrt am 1. Dezember 2020 war der Mann mit einem Geländewagen durch die Trierer Fußgängerzone gerast und hatte gezielt Passanten angefahren. Fünf Menschen starben, zudem gab es Dutzende Verletzte und Traumatisierte. Ende Februar starb ein weiterer Mann an den Folgen seiner damals erlittenen schweren Verletzungen.
Nicht erfüllte Wahnvorstellungen Auslöser für die Tat?
Dass der angeklagte Mann der Täter war, ist unbestritten und wird nicht neu verhandelt. Im neuen Prozess standen Vorsatz und Schuldfähigkeit des Angeklagten im Fokus. Das psychiatrische neue Gutachten hatte die Aussagen des Erstgutachters bestätigt: Wegen seiner psychischen Erkrankung und seinem Wahn sei der Amokfahrer vermindert schuldfähig.
Es seien die "nicht erfüllten Wahnvorstellungen des Angeklagten" gewesen, die Anlass für die Tat waren, sagte Samel. Der gelernte Elektroinstallateur sei frustriert gewesen, weil er seit Jahrzehnten vergeblich darum gekämpft habe, 500.000 Euro zu bekommen, die ihm für eine angebliche Versuchsreihe mit einem radioaktiven Mittel zugestanden hätten.
Oberstaatsanwalt: Wahnhaft, aber nicht schuldunfähig
Gleichwohl habe er die Tat genau geplant. "Er war zwar wahnhaft in seinen Gedanken, aber er wusste, was er tat", wirft ihm der Oberstaatsanwalt vor. Insofern sei er vermindert schuldfähig, aber nicht schuldunfähig.
Die Opferanwälte schlossen sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Sie betonten den tief sitzenden Schmerz in den Familien. Man hoffe, dass der Amokfahrer "nie wieder auf freien Fuß" komme.
Angeklagter lässt Stellungnahme verlesen
Aus Sicht der Verteidigung kann weiter nicht ausgeschlossen werden, dass der Amokfahrer schuldunfähig sei. Daher forderte der Verteidiger einen Freispruch und die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik. Eine besondere Schwere der Schuld sei wegen der Erkrankung seines Mandanten nicht gegeben.
Über seine Anwältin ließ der Angeklagte noch eine Stellungnahme verlesen, bei der etliche Opferanwälte aufstanden und den Gerichtssaal verließen. Darin beschuldigte er unter anderem Anwälte und Polizisten, die als Zeugen geladen waren, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Auch die Videoaufzeichnung seiner polizeilichen Vernehmung sei manipuliert worden, ließ er erklären.
Urteil nächste Woche erwartet
Der zuletzt arbeits- und wohnsitzlose Mann war im August 2022 wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht stellte damals die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Unterbringung in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus an.
Nach Revision des Angeklagten hatte der Bundesgerichtshof das Urteil wegen Rechtsfehlern in Teilen aufgehoben. Das Urteil soll am 6. Mai gesprochen werden.
Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 02.05.2024 berichtet.