Johannes Hoffmann (Mitte) (Foto: SR)

Vor dem Saar-Statut

  08.11.2016 | 10:22 Uhr

Der Zweite Weltkrieg endete im Saarland bereits im Frühjahr 1945: Am 21. März nahm die US-Armee Saarbrücken ein, übergab das Saargebiet aber kurz darauf an Frankreich. In wieweit Frankreich die Saar sogar annektieren wollte, ist umstritten. Fakt ist, dass die anderen Siegermächte zumindest einer wirtschaftlichen Nutzung des Saarlandes durch Frankreich zugestimmt hatten – weitergehende Pläne Frankreichs lehnten die USA und Großbritannien ab. Die Saar wurde zu einer teil-selbstständigen Verwaltungseinheit, die über eine Wirtschafts- und Währungsunion mit Frankreich verbunden war. Die Saar-Regierung wurde von Frankreich eingesetzt. Ihr gehörten hauptsächlich Emigranten und Verfolgte des Nazi-Regimes an.

Gebietsreform

Ab 1946 setzte Frankreich seine Pläne um, das Saarland zu vergrößern. Am 18. Juli 1946 wurden 152 Gemeinden mit knapp 900 Quadratkilometern und rund 100.000 Einwohnern von Rheinland-Pfalz abgetrennt und dem Saarland angegliedert – das Saarland erstreckte sich jetzt bis in den Hunsrück und an die Mosel. Nur knapp ein Jahr später musste Frankreich jedoch dem anglo-amerikanischen Widerstand gegen diese einseitig beschlossene Gebietsveränderung Rechnung tragen und 61 Gemeinden der Kreise Saarburg und Trier-Land zurückgeben. Allerdings wurden 13 Gemeinden im Nordosten dem Saarland im Gegenzug angegliedert.

Auf dem Weg zur Selbständigkeit

Im Mai 1947 wurde eine Verfassungskommission unter dem Vorsitz von Johannes Hoffmann von der Christlichen Volkspartei (CVP) eingesetzt – Vizepräsident war der Chef der Sozialdemokratischen Partei des Saarlandes (SPS), Richard Kirn. Die Kommission erarbeitete eine saarländische Verfassung, die am 17. Dezember 1947 in Kraft trat. In deren Präambel  wurden der wirtschaftliche Anschluss an Frankreich und die Trennung von Deutschland festgeschrieben. Einen Tag später nahm die erste Regierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (CVP) die Amtsgeschäfte auf.

Wirtschaftlich war das Saarland eng mit Frankreich verbunden, mit dem auch eine Währungsunion bestand. Nachdem die Saarmark die Reichsmark abgelöst hatte, wurde der Französische Franc als Zahlungsmittel eingeführt. Daneben entstand gleichberechtigt und gleichwertig der Saarfranke. Beide wurden erst nach der Rückgliederung der Saar in die Bundesrepublik von der D-Mark abgelöst.

Allerdings war der völkerrechtliche Status des Saarlandes nach wie vor nicht definitiv geklärt. 1950 belastete die Saarfrage schließlich das Verhältnis zwischen Frankreich und Westdeutschland und damit auch den Weg zu einer europäischen Einigung immer stärker. Eine Lösung musste her: das Saarstatut.

Der historische Hintergrund

Die Saarregion war über Jahrhunderte ein Spielball zwischen deutschen und französischen Interessen und Abhängigkeiten. Nach der Zeit des Römischen Reiches gehörte das Gebiet zwar zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, doch der französische Einfluss war groß. Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Saargebiet Frankreich angegliedert – augenscheinlichster Beleg ist noch heutzutage die vom französischen Festungsbaumeister Vauban angelegte Bastion Saarlouis. Zwar musste Frankreich das Saargebiet noch vor der Jahrhundertwende wieder abtreten, doch schon Ende des 18. Jahrhunderts besetzte es die Region erneut und annektierte das Saargebiet sogar.

Nach dem Wiener Kongress fiel das Saargebiet wieder zurück an Deutschland, zum größten Teil an die preußische Rheinprovinz; der Südosten des heutigen Saarlandes kam unter bayerische Verwaltung. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde das Saargebiet durch den Versailler Vertrag von Deutschland abgetrennt. Unter der Bezeichnung „Saarbeckengebiet“ wurde es 1920 für 15 Jahre mit einem Mandat des neu gegründeten Völkerbundes, dem Vorgänger der Vereinten Nationen, unter französische Verwaltung gestellt.

1935 kam es zur ersten Abstimmung der Saarländer über ihre nationale Zugehörigkeit. Am 13. Januar 1935 sprachen sich rund 90 Prozent der Saarländer gegen den Status quo und damit für einen Anschluss an das Deutsche Reich aus – was das Saarland im Verbund mit Nazideutschland in den Zweiten Weltkrieg führte.

Multimediale Webdoku
35, 45, 55 - Ein langer Weg nach Europa
Zwei Mal haben die Menschen an der Saar ihr Schicksal in den eigenen Händen getragen. Eine Volksabstimmung am 13. Januar 1935 ergab, dass das zu diesem Zeitpunkt zum Völkerbund gehörige Saargebiet wieder an das Deutsche Reich angegliedert wurde. Auch 1955 entschieden sie sich für eine Zugehörigkeit zu Deutschland. SR.de erinnert in einer multimedialen Webdokumentation an die Jahrestage.

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