Passanten diskutieren 1955 vor einer Anschlagtafel über die bevorstehende Saarabstimmung. (Foto: dpa)

Die Vision: das Saar-Statut

 

Am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Frankreich und die Bundesrepublik das Saarstatut, das dem Land einen europäischen Status verliehen hätte. Es sollte die Lösung der bis dato ungeklärten Saarfrage sein.

Das Saar-Statut, mit offiziellem Namen „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über das Statut der Saar“, ging auf einen Vorschlag des französischen Außenministers Robert Schuman von 1952 zurück. Es sollte die Saarfrage lösen, die Anfang der 50er Jahre sowohl für die deutsch-französische Aussöhnung als auch für das Zusammenrücken der westeuropäischen Staaten immer mehr zum Problem wurde. Am 23.10.1954 unterzeichneten der französische Ministerpräsident Pierre France-Mendès und Bundeskanzler Konrad Adenauer das Saar-Statut – allerdings unter dem Vorbehalt, dass die saarländische Bevölkerung ein Jahr später in einer Volksabstimmung über die Annahme urteilen sollte.

Die Regelung sah vor, der Saar im Rahmen der Westeuropäischen Union einen europäischen Status zu geben, der bis zum Abschluss eines Friedensvertrages zwischen Deutschland und den Alliierten nicht mehr in Frage gestellt werden könnte. Dann sollten die Saarländer erneut zur Abstimmung gerufen werden.

Europäischer Kommissar

Auf dem Gebiet der auswärtigen Angelegenheiten und der Verteidigung sollte ein europäischer Kommissar die Saarinteressen wahrnehmen. Seine Aufgabe wäre es auch gewesen, die Beachtung des Statuts zu überwachen. Die Bundesrepublik und Frankreich wollten sich verpflichten, das Saar-Statut bis zum Abschluss eines Friedensvertrages aufrechtzuhalten und zu garantieren.

Wirtschaftliche Bestimmungen

Die Grundsätze der französisch-saarländischen Wirtschaftsunion sollten in ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit aufgenommen werden – die Frankreich-Bindung der Saarwirtschaft wäre damit erhalten geblieben. Gleichzeitig sollten aber auch die Wirtschaftsbeziehungen zur Bundesrepublik ausgebaut werden. Die Saar sollte sich um die Verwaltung sämtlicher Kohlevorkommen der Region einschließlich des Warndt sowie der von den Saarbergwerken verwalteten Grubenanlagen kümmern.

Bei der Währung hätte sich durch das Saar-Statut keine Änderung ergeben, d.h. der Franc wäre offizielles Zahlungsmittel geblieben. Auch eine Zollgrenze nach Frankreich hätte es nicht gegeben.

Europäische Institutionen nach Saarbrücken

Schließlich sah das Saar-Statut auch vor, dass die Regierungen der Französischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland den übrigen Mitgliedsregierungen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), also einer ersten Vorgänger-Organisation der Europäischen Union, empfehlen, den Sitz der Gemeinschaft nach Saarbrücken zu legen.

Für die Unterbringung der europäischen Institutionen hatte man in Saarbrücken sogar schon einen Standort ausgemacht. Als besonders geeignet erschien das Gebiet im Süden der Stadt Saarbrücken, das begrenzt ist durch das Deutschmühlental und den Stadtteil St. Arnual und die Spicherer Höhen.

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