„Wie konnte es geschehen, dass Heino Jaeger 25 Jahre ein Geheimtipp blieb? Wir haben ihn wohl nicht verdient.“ Diese Worte von Loriot bestätigen, dass Heino Jaeger, nach einem vom SR ausgelösten kurzzeitigen Jaeger-Boom in den ARD-Radioprogrammen der 70er Jahre, leider nur Komik-Kennern ein Begriff geblieben ist. Die Kult-Sendereihen „Fragen Sie Dr. Jaeger“ und „Das aktuelle Jaegermagazin“ entstanden beim Saarländischen Rundfunk, der Radio-Heimat des Hamburgers, unter der Regie des langjährigen Kabarettredakteurs und späteren HF-Unterhaltungschefs Karl-Heinz Schmieding. Er erzählt die bisweilen recht kuriose Geschichte der Zusammenarbeit mit Heino Jaeger.
Von Karl-Heinz Schmieding
Unter denen, die mir den „Geheimtipp“ Heino Jaeger als Gast für den ersten „Gesellschaftsabend“ ans Herz legten, war, neben Hanns Dieter Hüsch und dem Basler Jaeger-Kenner Jürgen von Tomei, auch mein WDR-Kollege Wolfgang Pahde. Er verband seine Empfehlung allerdings mit der Einschränkung „Vorsicht bei Live-Auftritten!“ Schließlich hatte er erleben müssen, wie Jaeger in einer Live-Sendung aus dem Kölner Sendesaal - in der Jaeger-Biographie von Joska Pintschovius kann man es nachlesen - die Nervenstärke besaß, das Publikum, das keinerlei Reaktion auf die Geschichten zeigte, ungerührt mit „Restsendezeit-Ansagen“ zu traktieren: „Jetzt müssen Sie noch zehn Minuten durchhalten. Jetzt nur noch fünf, und nun endlich nur noch drei Minuten“.
Jaegers erster Auftritt im „Gesellschaftsabend“ des Saarländischen Rundfunks am 20. Oktober 1973 verlief aber ohne solche Zwischenfälle. Der „Geheimtipp“ entpuppte sich mit seinen scheinbar emotionslos vorgetragenen satirischen und grotesk-komischen Alltagsszenen als der eigentliche Star des Abends. Dass er uns aber im Laufe unserer Zusammenarbeit noch ganz andere Überraschungen bereiten sollte, davon später.
Ich war so fasziniert, dass ich Jaeger gleich nach seinem Auftritt fragte, ob er sich vorstellen könne, eine Kurzbeitragsreihe für das von Manfred Sexauer produzierte Satire-und Nonsense-Magazin „Spätvorstellung“ der Europawelle Saar zu entwickeln. Da in diesem Magazin alle möglichen Sendeformen parodiert und persifliert wurden, vereinbarten wir konkret eine satirische Radio-Ratgeber-Reihe unter dem Titel „Fragen Sie Dr. Jaeger“.
Einschlägige Erfahrungen als Rat gebender „medizinischer Doktor“ hatte er mit einer satirischen Kolumne bereits bei einer Schweizer Zeitschrift gesammelt. Der „Dr. Jaeger“ des SR sollte aber, so vereinbarten wir, kein „Mediziner“ sein. Jaeger nahm den Auftrag an und sagte zu, bald Demo-Aufnahmen auf Toncassette zu liefern. Allerdings mit Vorbehalt. Es könne durchaus auch passieren, dass er zwischenzeitlich „nach Guatemala auswandern“ werde.
Dass Jaeger bei der Entwicklung seiner Ratgeber-Figur die Sendung des NDR-Lebensberaters Walther von Hollander und seines Nachfolgers Erwin Marcus im Ohr hatte, liegt nahe. Schließlich hörte der Hamburger oft tagelang ununterbrochen Radio. Kuriosität am Rande: Als ich Heino Jaeger den Titel „Fragen Sie Dr. Jaeger“ vorschlug, hatte ich die „HÖRZU“-Ratgeber-Kolumne „Fragen Sie Frau Irene“ im Hinterkopf. Erst viel später habe ich erfahren, dass „Frau Irene“ in Wirklichkeit Walther von Hollander war.
Im Frühsommer 1974 kam Heino Jaeger zur Aufnahme der ersten „Dr. Jaeger“-Folgen nach Saarbrücken. Für die SR-Technik zeichneten Ernst und Rosel Becker verantwortlich, in deren Hörspielstudio auch die meisten anderen Jaeger-Aufnahmen entstanden. Unterstützt von Gerd Arend, kümmerte ich mich um die Aufnahmeleitung bei dieser denkwürdigen Premiere der Jaegerschen „Lebensberatungspraxis“. Technisch lief die Aufnahme so ab: Jaeger, der sich an seinem von Hand geschriebenen Manuskript orientierte, sprach zunächst die Stimme des Anrufers bzw. der Anruferin über Telefon aufs Band. Anschließend bekam er die Telefonstimme zum „Live-Gespräch“ auf den Kopfhörer gespielt. Am 6. Juli 1974 startete die Reihe „Fragen Sie Dr. Jaeger“ in der „Spätvorstellung“. Unter den ersten Folgen, die von nun an in wöchentlichem Turnus liefen, war auch die inzwischen legendäre Geschichte von der „Passkontrolle“. Auschnitte aus dieser Nummer sind dem Trailer der Heino Jaeger-Filmdokumentation „Look before you kuck“ unterlegt.
Bei der Jahrestagung der Unterhaltungsabteilungen deutschsprachiger Sender, an der ich im Herbst 1974 in Vertretung des SR-Unterhaltungschefs A.C. Weiland teilnahm, hatte ich ein unerwartetes Erfolgserlebnis. Als ich den versammelten Unterhaltungsredakteuren einige Folgen von „Fragen Sie Dr. Jaeger“ vorspielte, herrschte einhellige Begeisterung über diesen Künstler, der den meisten Kollegen bis dahin völlig unbekannt gewesen war. Mehrere ARD-Sender, anfangs auch ORF und SRG, übernahmen daraufhin eine Zeit lang regelmäßig die vom SR produzierte Reihe und sorgten damit für einen kurzzeitigen Jaeger-Boom im Radio.
Jaeger selbst schien das jedoch nicht gerade mit Begeisterung aufzunehmen. Er war ja eigentlich Maler und Grafiker, ein Absolvent der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und Schüler von Prof. Alfred Mahlau. Aus dessen Schule waren auch Künstler wie Loriot und Horst Janssen hervorgegangen. „Hätt' nie gedacht, dass sowas ankommt“, meinte Jaeger zu seinem Erfolg. Das sei doch „einfach irgend so'n Stuß“, was er sich da ausdenke, erklärte er einem überraschten HÖRZU-Reporter und verunsicherte ihn schließlich vollends mit der Antwort auf die Frage nach seinen Hobbies: „Es macht mir irrsinnig Spaß, in Autos hineinzulaufen oder in der U-Bahn Leute zu ärgern“.
Obwohl Jaeger privat freundlich-zurückhaltend und eher wortkarg war, fiel er uns doch immer wieder auf durch seine offensichtliche Freude an der spöttischen Provokation. Seine Fähigkeit, die Menschen seiner Umgebung, z.B. Hanns Dieter Hüsch und mich, in Tonfall und Argumentationsweise noch während eines laufenden Gesprächs zu imitieren, war in der Tat verblüffend. „Er macht uns alle nach, damit wir uns nichts vormachen“ hat Hanns Dieter Hüsch gesagt. Er sah in Heino Jaeger den „erbarmungslosesten Ohrenzeugen unserer Zeit“. Ein glänzender Beleg für Jaegers ironische Imitationskunst ist die Nummer „Die Kündigung“: Ein zwischen unfreiwillig komischer Jovialität und kalter Geschäftsmäßigkeit lavierender Personalchef eröffnet einem „Herrn Kaiser“, dass der entlassen ist.
Was Heino Jaegers Bühnenpräsenz anging, so hat Hanns Dieter Hüsch anschaulich erzählt, wie er Jaeger bei dessen höchst unkonventionellem Auftritt vor einem ziemlich irritierten Publikum im Mainzer Forumtheater „Unterhaus“ erlebte.
„Unkonventionelle“ Auftritte liebte Jaeger nicht nur auf der Bühne: Ich werde so leicht nicht vergessen, wie er ganz unbekümmert und ungerührt den Ober eines Restaurants der gehobenen Klasse zum Entsetzen von Hanns Dieter Hüsch und mir „fachmännisch“ über die hygienischen Zustände in Restaurant-Küchen „aufzuklären“ versuchte.
1977 starteten wir in der „Spätvorstellung“ eine neue Kurzbeitragsreihe von und mit Heino Jaeger, bei der mich auch Lutz Hahn als Aufnahmeleiter unterstützte: „Das aktuelle Jaegermagazin“. Es nutzte die reichen Erfahrungen des Dauer-Radiohörers und seine unnachahmliche Gabe, die verschiedensten Sendeformen (ob aktueller Zeitfunk, Kultur- oder Sportberichterstattung) wie ganz normale Sendungen erscheinen zu lassen und sie zugleich ins Groteske zu drehen. Hanns Dieter Hüsch sah in dieser speziellen Jaegerschen Imitationskunst so etwas wie eine „Ironie dritten Grades“.
Jaegers Nummer „Sport-Reportage“ mit ihrem betulichen Reporter aus den 70er Jahren klingt trotz ihres geradezu surrealen und grotesken Inhalts – und das ist die große Kunst der Jaegerschen Ironie – dennoch wie eine echte Live-Reportage von einem typischen Sport-Großereignis mit dem üblichen „Einzug der Gladiatoren“.
Ende der 70er Jahre wurde die Zusammenarbeit mit Heino Jaeger zunehmend schwieriger. Immer häufiger warteten wir zu vereinbarten Produktionsterminen auf dem Halberg vergeblich auf ihn. Einen Telefonanschluss hatte er nicht. Es dauerte oft Wochen, bis er sich wieder meldete. Hinzu kamen andere Überraschungen: Einmal sei er, wie er uns später schmunzelnd und in aller Unschuld berichtete, zwar zum vereinbarten Termin mit der Bahn in Saarbrücken angekommen, sei aber dann, der Empfehlung eines Tourismuswerbeplakats folgend, gleich in den nächsten Zug nach Paris umgestiegen. Was wir normalerweise niemandem geglaubt hätten – bei Heino Jaeger sahen wir keinen Grund, dies anzuzweifeln.
Ein anderes Mal hatte ich Jaeger, wie so oft, am späten Nachmittag nach der Aufnahme zum Bahnhof gebracht. Ich nahm an, er werde über Mannheim zurück nach Hamburg fahren. Am nächsten Vormittag erhielt ich jedoch einen Anruf von der Bahnpolizei Lauda (Mainfranken). Ich erfuhr, dass man einen Mann ohne Papiere, ohne Geld und ohne gültigen Fahrausweis in Gewahrsam genommen habe, der behaupte, „Dr. Jaeger“ zu heißen und der sich auf den SR und den Redakteur Schmieding berufe. Ob das denn seine Richtigkeit habe ...? Jaeger kam umgehend wieder frei, nachdem ich, wie von der Bahnpolizei gefordert, das Geld für die Fahrkarte zurück nach Hamburg telegraphisch überwiesen hatte. Was genau geschehen war, habe ich nie richtig erfahren. Bei Joska Pintschovius kann man übrigens nachlesen, dass Jaeger gern in Züge einstieg, ohne sich vorher darüber zu informieren, wohin sie fuhren. Zum Dank für die „Auslösung“ aus Bahnpolizeigewahrsam schenkte mir Jaeger ein Bild, das ich in Ehren halte.
Anfang der 80er Jahre brach der Kontakt zu Heino Jaeger schließlich ganz ab. Jaegers persönliche Situation war unterdessen immer bedrohlicher geworden. Wegen seiner psychischen Probleme und Alkoholmissbrauchs hatte er sich mehrfach in die Psychiatrie einweisen lassen müssen.
Einmal wurde er sogar, nach einem Streit mit seiner Nachbarin, mit der er häufig in Fehde lag, in eine geschlossene Anstalt eingeliefert. Nach Interventionen von vielen Künstlerkollegen und von uns Funkleuten kam er schließlich wieder frei. Letztlich verursachte Jaeger aus Unachtsamkeit einen verheerenden Brand in seiner Wohnung und unternahm nichts, um das Feuer zu löschen. Die meisten seiner Bilder und Manuskripte wurden ein Raub der Flammen. Es folgte die Einweisung in ein psychiatrisches Pflegeheim in Bad Oldesloe.
Den letzten persönlichen Kontakt zu Heino Jaeger hatte ich im September 1996. Als ich ihn am Telefon fragte, ob er denn noch künstlerisch tätig sei, erzählte er mir, er werde demnächst nach Amerika reisen. Er habe dort größere Filmprojekte in Planung...
Zur Zeit ist übrigens ein Spielfilm über das Leben Heino Jaegers in Planung. Für das Drehbuch zeichnet Rocko Schamoni verantwortlich. Und die Hauptrolle wird Olli Dittrich spielen.
Auf dem „Walk of Fame des Kabaretts“ im Park beim Deutschen Kabarettarchiv in Mainz sind die Namen bedeutender Satiriker und Kabarettisten verewigt, darunter Dichter und Schriftsteller wie Christian Morgenstern und Kurt Tucholsky und Kabarettisten wie Hanns Dieter Hüsch und Matthias Beltz. Auch Heino Jaeger wurde dort, am 6. Mai 2008, mit dem bronzenen „Stern der Satire“ geehrt. Stifter des Sterns war der Saarländische Rundfunk, der damit nicht ohne Stolz seine besondere Verbundenheit mit einem großen Künstler zum Ausdruck brachte.
Der Kabarettist Heino Jaeger: Lebensdaten
(khs) Der Kabarettist, Performance-Künstler und Maler Heino Jaeger hat seine Erfolge beim Radio neben dem WDR vor allem dem Saarländischen Rundfunk zu verdanken. Die vom SR produzierten Aufnahmen betreute der Kabarettredakteur und spätere HF-Unterhaltungschef Karl-Heinz Schmieding. Sie wurden in den 70er Jahren von mehreren ARD-Sendern eine Zeit lang regelmäßig übernommen.
Einer breiteren Öffentlichkeit ist Jaeger heute kaum bekannt. Aber bei Komik-Kennern stehen seine Stegreifgeschichten und seine für den SR entwickelten Radio-Reihen „Fragen Sie Dr. Jaeger“ und „Das aktuelle Jaegermagazin“ hoch im Kurs. Unter Jaeger-Fans ebenso hoch geschätzt sind seine Bilder und Zeichnungen.
1938 | Geboren in Hamburg-Harburg Vater war Bildberichterstatter |
1943 | Übersiedlung der Familie nach Dresden |
1945 | In Dresden ausgebombt Rückkehr nach Hamburg |
Weitere Stationen: Volksschule Malerlehre (nach einer Woche abgebrochen) Hochschule für Bildende Künste Hamburg (Prof. Alfred Mahlau) Verschiedene Beschäftigungen, u.a. auf dem Feuerschiff Elbe 1, als Briefträger, Wagenpage für ein Tourismus-Unternehmen, Backgehilfe, Textilentwerfer und Scherbenzeichner für Museen |
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Seit 1960 | Zeichnungen, Karikaturen und Druckgraphik |
1965 | Bilder |
1967 | Schallplatten und Rundfunksendungen mit Stegreifgeschichten |
Seit 1973 | Kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem SR bis Ende der 70er Jahre (Kurzbeitragsreihen „Fragen Sie Dr. Jaeger“ und „Das aktuelle Jaegermagazin“) |
1975 | Versuch einer Auswanderung nach Thailand und baldige Rückkehr |
1983 | Totalverlust der Wohnung mit allen Arbeiten durch Brand; Psychiatrie; Einweisung in ein sozialpsychiatrisches Heim |
1997 | Tod nach Schlaganfall |
Heino Jaegers SR-Produktionen: Gefragt bei Fans
(khs) Der Kabarettist, Maler, und Performance-Künstler Heino Jaeger verdankt seine Radio-Karriere vor allem dem Saarländischen Rundfunk. Nach anfänglichen Sendungen beim WDR gestaltete Jaeger beim SR von 1973 bis Ende der 70er Jahre neben Live-Auftritten in "Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsabend" die Reihen "Fragen Sie Dr. Jaeger" und "Das aktuelle Jaegermagazin". Die SR-Produktionen wurden von verschiedenen ARD-Sendern übernommen - zeitweilig auch von ORF und SRG - und sorgten Mitte der 70er Jahre für einen kurzzeitigen "Jaeger-Boom" in den Radio-Unterhaltungsprogrammen der ARD.
Inzwischen sind Jaegers SR-Radio-Produktionen auch auf CDs bei Komik-Kennern sehr gefragt. Hier eine Übersicht:
- „Lebensberatungspraxis Dr. Jaeger“ (Aufnahmen aus der SR-Reihe „Fragen Sie Dr. Jaeger“, zurzeit nicht lieferbar, Kein & Aber Records)
- „Alkoholprobleme in Dänemark“ (Aufnahmen aus der SR-Reihe „Das aktuelle Jaegermagazin“, zurzeit nicht lieferbar, Kein & Aber Records)
- „Wie sieht's bei Euch aus?“ (SR-Live-Aufnahmen von Stegreifgeschichten und Aufnahmen aus der SR-Reihe „Das aktuelle Jaegermagazin“, Kein & Aber Records)
- „Sie brauchen gar nicht so zu gucken“ (Live- und Studio-Aufnahmen aus verschiedenen SR-Sendungen und Privataufnahmen, Kein & Aber Records)
Auch die Jaeger-Biographie: „Man glaubt es nicht – Heino Jaeger, Leben und Werk“ (herausgegeben von Joska Pintschovius, Verlag Kein & Aber AG, Zürich 2005) geht auf Jaegers Zusammenarbeit mit dem SR ein.
Ebenso würdigt das Filmporträt „Heino Jaeger – look before you kuck“ (von Gerd Kroske, 2012) den nicht geringen Anteil des Saarländischen Rundfunks an Heino Jaegers Kabarett-Erfolgen.
Filmbewertungsstelle würdigt auch SR-Reihe: „Fragen Sie Dr. Jaeger“
(khs) Der Kabarettist, Maler und Performance-Künstler Heino Jaeger hatte seine Radio-Heimat beim Saarländischen Rundfunk. Von 1973 bis Ende der 70er Jahre gestaltete er neben Live-Auftritten in "Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsabend" vor allem die Reihen "Fragen Sie Dr. Jaeger" und "Das aktuelle Jaegermagazin". Dies würdigte auch die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW), die Gerd Kroskes Jaeger-Porträtfilm „Look before you kuck“ 2012 mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ auszeichnete. In der Begründung heißt es unter anderem:
„Jägers Leben war überschattet von seinen Kindheitserlebnissen, dem Bombenangriff auf Dresden, den er überlebte. Sein Vater war Nazi. Er hat eine gute Beobachtungsgabe, bringt das Charakteristische an der Persönlichkeit des Menschen mit dem Zeichenstift und der Stimme auf den Punkt. Seine Malerei ist dabei stets eine kreative Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Kunst der Jahrhundertwende und der Nazi-Symbolik, sie verweigert sich allen Einordnungen.
Als beißender Kommentator des Zeitgeistes und glänzender Hitler-Parodist tritt er unter anderem mit Hanns Dieter Hüsch auf und moderiert für den Saarländischen Rundfunk die unvergessene Rundfunkreihe Fragen Sie Dr. Jaeger. Der Sender trennt sich von ihm, Jaeger hatte Termine platzen lassen. Sein Alkoholproblem ist unübersehbar.
SR-Sendungen sind erhalten
Nach mehreren Bränden und anderen Vorfällen weist er sich Mitte der 1980er Jahre selbst in das psychiatrische Pflegeheim Bad Oldesloe ein, wo er entmündigt 1997 in schizoider Dämmerung verstirbt. Die Bilder und Zeichnungen Jaegers sind überliefert, ebenso die Sendung des Saarländischen Rundfunks und viele Fotos. Filmaufnahmen sind rar. Aus diesem Material sowie den Erinnerungen von Familienmitgliedern, Freunden und künstlerischen Wegbegleitern schuf Kroske das Porträt eines 68ers, der nicht aus dem intellektuellen Milieu kommt, der künstlerisch im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen die Brücken zur Vergangenheit nicht radikal abbricht, sondern sich an der Last der Vergangenheit reibt, ihr Bewahrenswertes entdeckt und an ihr verzweifelt, der letztlich auch in der künstlerischen Reflexion von Gegenwart und Vergangenem keine Basis der psychischen Verarbeitung findet. Jaeger flüchtet sich in eine anarchisch anmutende Verrücktheit, die bald in wirklichen Wahn übergeht.“
Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz; Mitarbeit: Thomas Braun, Karin Beaumont, Reiner Buhl, Michael Fürsattel, Sven Müller, Karin Nonnweiler, Roland Schmitt