Daran gibt es keinen Zweifel: der „aktuelle bericht“ (der „ab“) ist die meistgesehene und bekannteste regionale Fernsehsendung des Saarländischen Rundfunks. Fest steht aber ebenfalls: Der „ab“ ist keineswegs die älteste aktuelle Landesschau des SR – auch wenn es einem heute so vorkommen mag. Drei Vorgängersendungen brauchte es, bis der SR seine tagesaktuelle Sendung zum Landesgeschehen entwickelt hatte: zuerst die „Abendschau“, dann „Hüben und drüben“ und schließlich „Aktuelles von hüben und drüben“.
Von Axel Buchholz
Die Entstehungsgeschichte des Erfolgsformats „ab“ im SR-Fernsehen wurde bislang nur in Teilen dargestellt. Kein Wunder: Die Frage, ab wann es den „aktuellen bericht“ gibt, ist nicht einfach und nur mit Recherchen in unterschiedlichen und auch lückenhaften Quellen zu beantworten. Denn der „ab“ hat nicht nur einen, sondern gleich drei Geburtstage.
Entscheidet man sich für den frühestmöglichen, dann wäre der „ab“ 2014 bereits fünfzig geworden. Denn der Sendungstitel „aktueller bericht“ tauchte zum ersten Mal im Jahr 1964 auf. Da diente er allerdings nur zur Kennzeichnung einer zusätzlichen aktuellen Regionalsendung, wie Fernsehdokumentar Hans-Ulrich Wagner herausfand.
Die früheste Sendung der neuen Reihe, zu der dem Fernseh-Archiv noch Material vorliegt, stammt vom 11. 4. 1964. Das ist also das erste Datum, das man als „ab“-Geburtstag ansehen könnte. In der Sendung berichtet der Reporter Sven Trittelvitz in ca. 3 Minuten von der Eröffnung der Internationalen Saarmesse. Daran schloss sich ein etwa 25 Minuten langer Unterhaltungsteil an. Er wurde live ausgestrahlt, jedoch nicht aufgezeichnet und ist daher nicht überliefert. Ihn moderierte der sehr populäre Hörfunk-Moderator und Theater-Schauspieler Ferdi Welter. Der prominente Pianist und Sänger Paul Kuhn war der Stargast.
Fortan wurde ein „aktueller bericht“ immer mal wieder ausgestrahlt, meist wohl live. Der „ab“ war zuerst also eine ergänzende regionale Sondersendung aus aktuellem Anlass ohne feste Sendezeit und Sendungslänge.
Mit der Reform des Regionalprogramms zum Jahresbeginn 1966 wurde der „Aktuelle Bericht“ dann eine regelmäßige Sendung – eine „wesentliche Programmneuerung“ laut SR-Geschäftsbericht von 1966. Dieser neue „ab“ war nur fünf Minuten lang und „hauptsächlich der Berichterstattung über das wichtigste (regionale) Tagesereignis vorbehalten“.
Hinweise zum Zweck der Sendung finden sich auch in der SR-Publikation „Winterprogramm 1965/66“ (S. 58). Danach sollte im „ab“ „kurz vor den Abendmeldungen der Tagesschau über besondere Ereignisse im regionalen Bereich“ berichtet werden, „und zwar in der Form einer Nachricht, eines aktuellen Filmberichts oder eines Kurzkommentars“. Die Ausstrahlung war für Montag bis Samstag 19.47 Uhr vorgesehen.
Der erste dieser kurzen „aktuellen berichte“ ging am 3. 1. 1966 auf Sendung. Das ist also das zweite Datum, das man als Geburtstag der Sendung bezeichnen kann: aus einer gelegentlichen Sondersendung war eine regelmäßige Sendung „aktueller bericht“ geworden.
Laut den überlieferten Akten aus der Honorar- und Lizenzabteilung erläuterte an diesem Tag (der spätere Chefredakteur und Direktor) Otto Klinkhammer den Zuschauern das neue Sendeprofil des „aktuellen berichts“ und sprach dann einen Kommentar zur Situation des Saarlandes. Beides wurde live gesendet und nicht aufgezeichnet. Sendematerial ist im FS-Archiv erst zu der Ausgabe vom 17. 1. 1966 nachgewiesen. Thema des ersten Beitrags in diesem „ab“ war ein Aufruf der saarländischen Landesregierung zur Polioschutzimpfung.
Am 31. 3. 1966 kommentierte Friedrich Nowottny im neuen „Kurz-ab“ die Schließung der saarländischen Grube Kohlwald und die Debatte des saarländischen Landtags am selben Tag über die Kohlen-Krise.
Die Hauptsendung zum Tagesgeschehen hieß „Aktuelles von hüben und drüben“. Sie wurde bereits ab 18.05 Uhr gesendet. Die aktuelle Landesberichterstattung war damit zweigeteilt: der erste lange Sendeplatz kurz nach 18.00 Uhr, der 5-minütige zweite mit dem wichtigsten regionalen Tagesthema dann erst ab 19.45 Uhr.
Diese Aufteilung der tagesaktuellen Berichterstattung hat sich offenbar nicht bewährt. Denn bereits im Herbst desselben Jahres (1966) gab es wieder „eine Neuordnung des Regionalprogramms“. Die lange tagesaktuelle Landessendung „Aktuelles von hüben und drüben“ wurde vor den „aktuellen bericht“ gelegt (ab 19.30 Uhr) und dabei von 25 auf zehn Minuten verkürzt. Damit gab es (wieder) eine zentrale aktuelle Landessendung – wenn auch in zwei Teilen hintereinander und unter zwei Sendungstiteln. Zwischen den beiden Sendungen wurde offenbar noch ein Werbeblock platziert. So erinnert sich auch Otto Klinkhammer. Und dies vermutet ebenfalls Werbefunk-Mitarbeiterin Brigitte Liebhold nach Recherchen in Werbefunk-Unterlagen, die dazu allerdings Präzises nicht ergeben.
Mit Jahresbeginn 1967 wurden beide Sendungen zusammengelegt – unter dem dann gemeinsamen Namen „aktueller bericht“. Gesendet wurde er von 19.35 bis 19.50 Uhr. Auf den Sendungstitel „Aktuelles von hüben und drüben“ wurde also verzichtet. Ab dem 4. 1. 1967 war der „aktuelle bericht“ damit die alleinige aktuelle Landessendung geworden. Sein dritter Geburtstag – und sein wichtigster. Nun konnte ihm der SR-Geschäftsbericht des Jahres 1967 erstmals „den Charakter einer regionalen Tagesschau“ bescheinigen.
Aus der Keimzelle der anfänglich gelegentlichen Sondersendung (ab 11. 4. 1964 nachgewiesen) über die regelmäßige Fünf-Minuten-Sendung (ab 3. 1. 1966) hatte er sich zur alleinigen tagesaktuellen Sendung mit grenzüberschreitenden Informationen aus dem Saarland und der Region entwickelt. Erster Redakteur des neuen „ab“ wurde Sven Trittelvitz.
Auch wenn der „ab“ also 1967 seine Form im Wesentlichen gefunden hatte, entwickelte er sich dennoch inhaltlich und gestalterisch ständig weiter. In vielen weiteren Reformen und Reförmchen wurde er in den seither vergangenen fünf Jahrzehnten zu einem Erfolgsformat des SR. An sieben Tagen in der Woche informiert er heute über das tagesaktuelle Zeitgeschehen und den Sport im Saarland, in der angrenzenden Pfalz sowie in Lothringen und Luxemburg.
Aber auch zwei längere Krisenzeiten musste er überstehen. Die erste war „hausgemacht“. Sie entstand, weil man den „ab“ ab 4. Januar 1988 umtaufte. Da hagelte es Proteste. Denn der neue Name „SR-Aktuell“ gefiel vielen Zuschauern gar nicht. Ab 2. Oktober 1989 bekamen sie ihren gewohnten „aktuellen bericht“ zurück – der „ab“ hatte seinen Namen wieder.
Die zweite Krise des „aktuellen berichts“ begann am 4. Januar 1993. Da musste er vom Ersten ins regionale dritte Fernsehprogramm „umziehen“, weil die ARD ihr Fernseh-Vorabend-Programm einheitlich gestaltete. Der SR konnte sich davon nicht ausschließen. Schon ab Juni kam der „ab“ aber vorübergehend bis zum Jahresende 1993 zusätzlich wieder ins Erste zurück. Ab 3. Januar 1994 war aber Schluss mit der unfreiwilligen „Wanderschaft“. Seither hat der „ab“ nun seinen Sendeplatz endgültig und ausschließlich im Dritten, dem SR Fernsehen. Ebenso werden auch alle anderen Regionalsendungen der ARD-Sender in deren dritten Programmen ausgestrahlt.
Sendezeit und Sendungslänge des „ab“ veränderten sich mehrfach. Über die vergangenen 50 Jahre hinweg gesehen, hat der „aktuelle bericht“ aber seine Sendungslänge mehr als verdoppelt: Er dauert werktags nun 40 Minuten (Montag bis Freitag ab 19.20 Uhr, Samstag und Sonntag erst ab 19.45 Uhr). Ein Zeichen seiner (immer noch) zunehmenden Bedeutung für das SR Fernsehen.
Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz (ab); Mitarbeit: Eva Röder (Gestaltung/Layout), Brigitte Liebhold (SR-Werbefunk), Sven Müller (FS-Archiv), Hans-Ullrich Wagner (Fernseh-Langzeitdokumentation), Roland Schmitt (Fotos/Recherche)