Große Radio- und auch Fernseh-Aktionen sind ein Teil der Programmgeschichte des Saarländischen Rundfunks. Manche hat der Sender selbst veranstaltet, um seine Berichterstattung über bestimmte Themen attraktiver zu gestalten. Die Europawanderung des SR-Reporters Hans-Jürgen Purkarthofer anlässlich der ersten Wahl zum Europaparlament ist dafür ein Beispiel. Bei anderen Aktionen war der SR publizistischer Begleiter, veranstaltete sie aber nicht selbst. So war es bei der „Rosenregatta“* – einem Wettsegeln im Rahmen der Rosenpartnerschaft der Rosenstädte Zweibrücken in der Pfalz und Göteborg an der schwedischen Ostseeküste.
Eine „skurrile Idee“ nennt das der ehemalige SR-Hörfunkredakteur Helmut Hofmann. Er hat sie selbst mit auf Kiel gelegt – vor allem zusammen mit Fritz Presl, dem langjährigen Zweibrücker Amtsleiter für Fremdenverkehr, Sport und Kultur. SR-Fernsehredakteur Dr. Dietmar Zimmermann holte die Rosenregatta ins SR-Fernsehen. Zu dritt erinnern sie sich für die „Fundstücke zur SR-Geschichte“ an diese Aktion rund um die Rose, die schnell viel Wind in den Segeln hatte.
Von Helmut Hofmann, Fritz Presl und Dietmar Zimmermann
Gesucht hatte keiner nach ihr. Schon gar nicht in einer Amtsstube. Plötzlich war sie einfach da. Die Idee. Geboren wurde sie 1984 in einem Zugabteil der Deutschen Bahn oder in einem Restaurant einer Ostseefähre. Es war ein fröhlicher Abend auf einer Pressereise der Bundesbahndirektion Karlsruhe. Mit der Bahn ging es erst nach Kiel und von dort mit der Fähre nach Göteborg.
Zusammen saßen da im Kollegenkreis Fritz Presl vom Verkehrsamt der Stadt Zweibrücken, auch die Journalisten Helmut Hofmann (SR, früher Südkurier, der als Land- und Zeitfunkredakteur ein Herz für Rosen hatte) und Uwe C. Schoop (Redakteur beim Deutschlandfunk und verantwortlich für das Schwedenprogramm). Viel Erfahrung hatten sie alle, als Medienleute oder – wie Fritz Presl – als ausgewiesener Organisator und Erfinder des Zweibrücker Stadtfestes, das inzwischen eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte vorweisen kann
Und was war sie nun, die Idee, die sie gemeinsam ausheckten? Im Rahmen der Rosenpartnerschaft Zweibrücken – Göteborg sollte eine „Königin der Blumen“ den Namen einer schwedischen Königin tragen. „Stachellos“ sollte sie sein (halt wie die echte Königin sicher auch), aus Zweibrücken kommen, in Göteborg würde sie ihren königlichen Namen erhalten und eingepflanzt werden. Da fügte es sich gut, dass mit Ella Bremer die Leiterin des Göteborger Tourismusbüros-Büros mit von der Partie war und auch Rainer Hedenus, der Repräsentant der Fährlinie „Stena Line“.
Nun ist es ja bekanntlich so, dass manches Gedankenprodukt „hochgeistiger“ Abende sich mit klarem Kopf später als Schnapsidee herausstellt. Nicht so bei der „Rosenregatta“. Man traf sich später in Zweibrücken wieder. Zuerst in der Sauna im dortigen Badeparadies zum Ausschwitzen weiterführender Ideen. Dabei reifte der Gedanke, das Taufwasser für die Rose mit Booten medienwirksam über die Ostsee zu transportieren. Wasser wohlgemerkt, Sekt war in Schweden als Taufwasser verpönt.
Anschließend ging es zum damaligen Oberbürgermeister von Zweibrücken, Werner von Blon. Der begeisterte sich spontan für die Idee und sicherte seine Mithilfe zu. “Dann werden wir die Zwiebel in die Erde bringen” – mit diesem Spruch eines Anwesenden (offensichtlich kein Rosenkenner), war die Rosen-Regatta so gut wie beschlossen.
Nach kurzer Recherche hatte man für die Premiere der Rosenregatta 1986 zwei Crews zusammen. Die eine vom Saarländischen Rundfunk war sozusagen „gesetzt“. Die andere kam aus Zweibrücken und vom Deutschlandfunk. Uwe Taubert und Uwe Schoop von den Dänemark- und Schweden-Redaktionen des damaligen Deutschlandfunks waren involviert und beteiligten sich auch an der Berichterstattung. Beide Boote waren 10,10 Meter lange Yachten vom Typ „Dehler 34“.
Zunächst musste nun von den Zweibrückern ein Rosenzüchter gefunden werden, weil es sich ja für das schwedische Königshaus um eine besondere Rose handeln sollte. Das gelang. Karl Hetzel aus Baden-Württemberg wollte gern eine stachellose Rose züchten.
Parallel dazu hatte die Stadt Göteborg es übernommen, Königin Silvia von der Idee zu überzeugen. Auch dies gelang. Der schwedische Hof stimmte zu. Allerdings sollte die Rose nicht auf Königin Silvia getauft werden, sondern auf den Namen ihres ältesten Kindes, der Kronprinzessin Victoria. Am Taufakt wolle Ihre Königliche Hoheit Silvia höchstselbst mitwirken, stellvertretend für die noch schulpflichtige Tochter Victoria. Ja, so streng war die Mama: Schule geht vor.
Die damals Neunjährige Kronprinzessin scheint die Rosentaufe auf ihren Namen als ein freudiges Ereignis empfunden zu haben, denn inzwischen ist auch ihre eigene Tochter Estelle Namensgeberin einer Rose: der „Royale Estelle“. Die königliche Rosentradition ist damit gewahrt – auch wenn ihre eigene Rose, die Sorte „Kronprinzessin Victoria“, inzwischen „verblüht“ ist. Dabei würde der Name bis heute passen, denn Victoria ist ja 2023 noch immer Kronprinzessin, also „Königin im Wartestand“.
Nachdem der Züchter gefunden und die Zustimmung des schwedischen Hofes gegeben war, begannen die Vorbereitungen, Fahrt aufzunehmen. Als Ort der Taufe war die Bühne des Freizeitparks Liseberg in Göteborg vorgesehen.
Dass also nun eine Zweibrücker Rose nach einer jungen schwedischen Prinzessin (auch) deutscher Abstammung benannt und dazunoch so spektakulär überreicht bekommen sollte, das würde für den SR allemal den einen oder anderen Bericht auch im Fernsehen wert sein. Hinzu kam noch, dass Königin Silvia, die Mutter von Prinzessin Victoria als Silvia Renate Sommerlath in Heidelberg geboren wurde und ihre Liebesgeschichte mit König Carl XVI. Gustaf von Schweden lange ein großes Medienthema war. Ihren späteren Mann hatte die Dolmetscherin als Hostess bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München kennengelernt.
Man plante zwei Radiosendungen, eine davon in Kooperation von Radio Göteborg und dem Saarländischen Rundfunk. Der Intendant des SR, Prof. Dr. Hubert Rohde, gab sein Okay. Die Redakteure Karl Höchst, Friedrich Hatzenbühler und Helmut Hofmann kümmerten sich fortan um die Berichterstattung und Pressechef Klaus Altmeyer um die publizistische Begleitung.
Das Projekt knüpfte an die gute Zusammenarbeit von SR und der Rosenstadt Zweibrücken an. SR-Sendungen aus ihrem Rosengarten mit seiner überregional anerkannten Rosenzucht waren beliebt bei Hörern und Zuschauern und hatten Tradition. Die Zweibrücker waren eng mit der schwedischen Küstenstadt Göteborg verbunden, die sich rühmt, einen der besten Rosengärten Nordeuropas zu haben. Beide Rosenstädte hatten sich deshalb zu einer langjährigen „Rosenpartnerschaft“ zusammengefunden. So wehte denn nun Seeluft von der schwedischen Küstenstadt über Zweibrücken bis nach Saarbrücken.
Um das Event Rosentaufe spannend zu machen, sollten die Boote um die Wette segeln: Wer nach mehreren Etappen Göteborg zuerst erreicht, darf der schwedischen Königin Silvia, stellvertretend für die noch schulpflichtige Tochter Victoria, das Taufwasser überreichen.
Beide Boote hatten Taufwasser an Bord. Als die schnellste Crew durfte das SR-Team es dann zur Taufe auf die Bühne im Lisebergpark bringen, dem größten Vergnügungspark Skandinaviens.
Die Rosenregatta sollte allerdings kein exklusives Ereignis für ein paar Offizielle und Segel- oder Rosenfreunde sein. Deswegen wurde für SR-Hörer, -Zuschauer und andere Interessierte eine Sonderfahrt nach Göteborg angeboten. 350 Fans waren es dann, die in Göteborg dabei sein konnten. Sie kamen meist aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden mit der Bahn nach Kiel. Von dort ging es über Nacht mit der Stena Line nach Göteborg und nach der Taufe über Kiel im “Sambaexpress” zurück in die Heimat.
Zwei Sendungen entstanden für den SR-Hörfunk: Für SR 3 Saarlandwelle wurde als Livesendung die Rosentaufe aus dem Liseberg-Park übertragen. Nicole und Freddy Breeck (Rote Rosen) sangen und Peter Maronde moderierte. Auf der Rückreise wurde dann noch im großen Theater des Fährschiffes eine Sendung für SR 1 mit Manfred Sexauer und Künstlern aufgezeichnet. .
Im Anschluss an die Rosentaufe fand in einem Pavillon des Göteborger Rosengartens ein Empfang für Ehrengäste und Mitwirkende durch die schwedische Königin Silvia statt, zu dem sich später noch König Carl-Gustav gesellte. Mit dabei waren eine Torte der Konditorei Maas aus Homburg für die Königin und eine Rosenbowle aus Zweibrücken für die Gäste.
Als Fazit dieser erlebnisreichen Rosentaufe kamen die Gründungspartner die Rosenstädte Göteborg und Zweibrücken sowie der Saarländischer Rundfunk und der Deutschlandfunk überein, jetzt das Projekt einer “großen” Rosenregatta anzugehen. Alle zwei Jahre sollten Crews der Rundfunkanstalten und bald auch von Zeitungshäusern aus Deutschland, Dänemark und Schweden um die “Goldene Rose” segeln. Den Pokal für die schnellste Mannschaft stiftete die Stadt Zweibrücken.
Daraus wurde eine 20 Jahre dauernde, viel beachtete Tradition: DIE INTERNATIONALE ROSENREGATTA. Sie wurde zu einem „Medientreff unter Segeln“. Diese „Medienregatta“ sollte alle zwei Jahre ausgetragen werden und offen für Journalisten aus europäischen Ländern sein. Erstmals fand sie so 1987 statt. Zum letzten Mal 2007.
Nachdem von Anfang an der SR-Hörfunk mit im Boot war, gehörte dann schnell das SR-Fernsehen mit zur Crew. Verantwortlicher Redakteur war Dr. Dietmar Zimmermann. Als besonderer Rosenfreund war er zwar nicht bekannt, aber man wusste, dass er gern und gut segelte. Trotzdem bedurfte es anfangs einiger Überzeugungskraft, ihn mit ins Boot zu holen.
Beim Fernsehen war Dietmar Zimmermann u. a. zuständig für das Schulfernsehen und Dokumentationen aus aller Welt. Beim Segeln ist vor allem das holländische Ijsselmeer sein Revier.
Die Rosenregatta nahm der Fernsehredakteur zum Anlass großer Sendungen. Dafür gab es für ihn mehrere Gründe, die weit über die ursprüngliche Rosentaufe hinausreichten: „Das Wettsegeln über die Ostsee nach Göteborg sollte selbst zu einem Thema werden. Schließlich ist Segeln (auch Hochseesegeln) ein Breitensport, der nicht nur Millionären und Sponsoren von Top- Events vorbehalten sein darf. Segeln ist gesund, naturverbunden und nachhaltig. In anderen Ländern viel mehr Volkssport, aber auch im Deutschland der 80er Jahre auf dem Vormarsch und nach der Wiedervereinigung mit sehr viel Potential – sprich verlängerter Küstenlinie – ausgestattet.
Soll Segeln populärer werden, braucht es Ereignisse mit Strahlkraft. So kann eine Journalisten-Regatta mit entsprechender Berichterstattung Aufmerksamkeit erzeugen, die dem Sport nützlich ist.
Wenn eine solche Regatta in verschiedene Länder rund um die Ostsee führt und von Journalisten aus diesen Ländern medienwirksam begleitet wird, ist sie ein guter Rahmen, um über Länder und Leute zu berichten, was neben der Information auch den internationalen Austausch und das gegenseitige Verständnis fördert.
Da immer mehr Medienhäuser an der Regatta teilnehmen wollten, bedeutete das auch: Woher die vielen baugleichen Boote nehmen? Eine deutsche Bootswerft half. Sie ermittelte Eigner von Segelbooten des Typs „Dehler 34“ (10,10 Meter lang). Sie stellten ihre Schiffe kostenlos zur Verfügung und erklärten sich auch bereit, Amateurcrews an Bord zu nehmen. Als Schiffsführer segelten die Eigner selbst mit und übernahmen zudem die Verantwortung für Schiff und Mannschaft. Und die wog schwer. „Segeln ist bei Regatten kein sonntägliches Schönwettervergnügen“, meint SR-Fernsehredakteur Dr. Dietmar Zimmermann: „Gestartet wird nicht nach dem Wetterbericht, sondern nach dem vorher geplanten Ablauf.
Einfach im Hafen bleiben, weil die See mal etwas rauer ist – das lässt der Rosenregatta-Plan nicht zu.
Von Flaute bis Starkwind war alles dabei und die Journalisten auf den Booten haben vieles zum ersten Mal erlebt: von der Seekrankheit bis zu bedrohlichen Situationen an Bord.
So ist auf einer Nachtetappe ein Segler beim Pinkeln über Bord gefallen und an der Sicherheitsleine hinter dem Boot hergezogen worden. Gottseidank hat der Wachkollege sein Rufen früh genug gehört.
Oder der Mastbruch eines Bootes bei starkem Wind, der zum Glück auch ohne Verletzungen der Crewmitglieder vonstattengegangen ist.
Selbst Kollege Reinhard Appel musste ärztlich versorgt werden, weil ein eifriger Journalist ihm das Mikro beim Aussteigen aus dem Boot so ungeschickt vor das Gesicht gehalten hat, dass Reinhard im Auge getroffen wurde und als Pirat (wegen der Augenklappe) die Regatta beendete.
Auch die Kameramänner (beim SR Boot Norbert Holland, Adolf König und zeitweise Dion Mieske) mussten ihre Komfortzone verlassen und auf engstem Raum nicht nur arbeiten sondern auch zwischen dem Equipment eingeklemmt zu schlafen versuchen.
Die teils starken Bootsbewegungen bedeuteten für alle Segler: Stets eine Hand fürs Schiff. Erst mit der zweiten konnte man die anstehenden Arbeiten verrichten: Segel hochziehen, reffen, trimmen usw...
Neben alledem war die Finanzierung dieser aufwendigen Veranstaltung das Problem Nummer eins. Zwar übernahmen Sponsoren wie die Messe Düsseldorf (“boot”) oder die Deutsche Post Sachkosten wie Hafengelder, Segelkleidung oder Bordverpflegung. Für Organisation und Abwicklung wurden jedoch ein Verein und eine GmbH gegründet, die eine nicht-kommerzielle Regatta garantieren konnten.
Die Rosenregatta entwickelte sich schnell zu einem Event mit meist über 20 Wettkampf-Booten plus Begleitschiffen. Das waren zum Beispiel Großsegler wie die „Alexander von Humboldt“, die „Mare Frisum“, die „Zuversicht“ oder die schwedische Motoryacht Stella Nova.
Die Crews kamen aus Rundfunkanstalten und von Zeitungen in Deutschland, Dänemark und Schweden, aber auch mal aus Moskau und Kaliningrad. Am Ende waren an die 200 Journalisten beteiligt, dazu eine Landcrew, die mit Wohnmobilen unterwegs in den jeweiligen Etappenhäfen alles vorbereitete und bei den Regatten als rollendes Pressebüro zur Verfügung stand.
Die Regatta dauerte eine Woche und führte von Deutschland nach Schweden, später auch mal über die Ostsee zu anderen Zielen. Die Teilnehmer nahmen sich Urlaub, waren aber angehalten, nach ihren Möglichkeiten zu berichten. Jede Regatta wurde deshalb unter ein aktuelles Motto gestellt, dem in den Zielhäfen Diskussionen, Besichtigungen und andere Events galten.“
Dietmar Zimmermann nutzte dies zu seinen Fernsehaktivitäten im Umfeld der Rosenregatta. Dazu schreibt er:
„Diese Themen inspirierten mich, bei einigen Regatten in einem der Etappenhäfen eine öffentliche Fernseh- Unterhaltungsshow zu veranstalten. Dabei ging es um die Einbindung des lokalen Publikums, der regionalen Besonderheiten und der gern gehörten Musik, aber auch die positive Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zuerst 1 PLUS, später dann 3sat, waren die Fernsehsender, bei denen ich die Live-Sendungen unterbringen konnte. Eine gekürzte Version wurde immer zeitversetzt im Ersten (ARD) gesendet.
Als Moderatoren habe ich Kollegen des Saarländischen Rundfunks engagiert, Werner Zimmer und Manfred Sexauer. Aber auch Christine Kolb vom HR zählte dazu.
Aber nicht nur sie haben mir wesentlich geholfen. Das taten vor allem auch Hubert Rohde, Manfred Buchwald und Fritz Raff, die damaligen SR-Intendanten, ohne deren Zustimmung das alles nicht möglich gewesen wäre. Wobei Manfred Buchwald, selbst Segler wie ich, bei mehreren Regatten mit zur Crew des SR-Bootes zählte. Auch meine Fernseh-Kollegin Ingrid Felgenträger war neben anderen bei der Organisation der FS-Berichterstattung über die Rosenregatta extrem hilfreich.
Bei Planung und Realisation der Fernsehshows habe ich Erfahrungen gesammelt, die mir auch beruflich zu Gute kamen. Dazu ein paar Beispiele:
Wo konnte man das besser veranschaulichen als am Alten Strom in Warnemünde. Nach dem Etappeneinlauf der Boote sollte dort die öffentliche Fernsehsendung stattfinden. Partner wäre eigentlich der Deutsche Fernsehfunk (DFF) der damals gerade schon ehemaligen DDR gewesen. Aber der konnte natürlich in den Nachwende-Jahren weder mit Geld und Technik, noch mit Personal helfen.
Also musste ich es im Vorgriff auf die spätere Zuständigkeit beim NDR versuchen. Der war sofort hilfsbereit, spendete Bühnenbau und Dekoration sowie Personal. Als Moderatoren konnte ich mit Christine Kolb und Werner Zimmer planen.
Vor Beginn der Live-Sendung hatten clevere Werbeleute einer westdeutschen Brauerei einige Reklamebanner gut sichtbar hinter unserer Bühne errichtet. Ich musste bis 5 Minuten vor Sendebeginn pokern: Entweder ihr entfernt die Dinger oder die Sendung fällt aus. Die Telefonleitungen glühten und am Ende zeigten sich die Bierbrauer nachgiebig und holten die Flaggen ein.
So etwas waren die Polen damals nicht gewohnt. Schon in der Vorbereitung ging mir vieles viel zu einfach: Simultandolmetscher plus Kabinen? Kein Problem. Sanitäre Anlagen für die Mitwirkenden seien auch vorhanden. Interview mit dem polnischen Botschafter regeln wir. So und ähnlich das Regionalstudio des polnischen Fernsehens in Szczecin (Stettin).
Am Ende war nichts geregelt: Keine Dolmetscher, keine Kabinen. Mit solchen ungewohnten Medienansprüchen waren die hilfsbereiten Polen damals noch überfordert. Wir hatten glücklicherweise den Polen-Korrespondenten des Deutschlandfunks als Crewmitglied auf dem DLF-Boot. Der konnte nun alle Interviewpartner dolmetschen. Ging hervorragend. Die Moderatoren Christine Kolb und Manfred Sexauer haben die Klippen dieser nicht einfachen Situation souverän umschifft.
Und für das Interview mit dem polnischen Botschafter mussten wir für die Einblendung in die Livesendung mit einem kleinen Übertragungswagen über die nahgelegene deutsche Grenze fahren. Der polnische Botschafter durfte auf polnischem Boden nicht von deutschen Journalisten interviewt werden. Selbst das hat reibungslos geklappt.
Für die sanitären Bedürfnisse der Fernsehleute und der Segler haben wir ein ganzes Hotel am Hafen gemietet. Es gab damals keine entsprechenden Einrichtungen im Hafenbereich.
Schön zu sehen, wie die vielen einheimischen Zuschauer die Gespräche und vor allem die Musik genossen. Und bei dem in Polnisch vorgetragenen Refrain eines deutschen Seemannsliedes wurde kräftig mitgesungen.
Diesmal wurde die Sendung zum Beginn der Regatta mit Hilfe des NDR- Studios Kiel produziert. Moderation: Christine Kolb und Manfred Sexauer.
Den Startschuss gab Heide Simonis, damals Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein. Der Commodore des Kieler Yacht Clubs musste ihr die Hand führen. Heide war nicht an der Waffe ausgebildet... Der Schuss gelang auch so und die Crews konnten rechtzeitig zu den Schlauchbooten sprinten und die Regatta-Yachten entern, um bei leichten Winden auf die lange Etappe nach Klintholm zu starten, einem Fischerdorf und beliebten Ferienort an der Südküste der Insel Møn im Südosten Dänemarks. Und von Bord der großen Schwedenfähre regnete es rote Rosen. Wie schön.
Vor der historischen Viermastbark VIKING gleich neben der Oper von Göteborg im Stadthafen Lilla Bommen war für diese Sendung dekorativ ein kleiner Fernsehgarten aufgebaut, in dem die Gäste und Gesprächspartner saßen. Als Co-Produzenten konnte ich den damaligen ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) gewinnen. Moderiert wurde die Sendung von Tatjana Jury (ORB) und Manfred Sexauer.
Besonders beeindruckend war der lange Tisch, an dem die über 200 Regattateilnehmer Platz genommen hatten und der vom Hafen bis an den Rand der Innenstadt reichte. Ein weithin sichtbares Sinnbild internationaler Verbundenheit im Zeichen der Rose.
Neben diesen Show-Highlights habe ich bei mehreren Regatten eine Reportage produziert, die nicht nur von der Begeisterung für den Segelsport zeugen sollte, sondern auch kritische Fragen im Zusammenhang mit dem Segelsport und der Nutzung der Meere stellten. Als vielleicht typisches Beispiel sei der Sendungstitel nach einem Bonmot unseres Journalistenkollegen und Mitseglers Reinhard Appel (u.a.1973 bis 1976 Intendant des Deutschlandfunks und zwischen 1976 und 1988 ZDF-Chefredakteur) genannt: SEGELN IST SCHÖNER ALS FERNSEHEN.
Auch darin zeigt sich die kritische Distanz zu unserem Tun: Nehmt euch nicht zu wichtig. Aber journalistische Arbeit darf durchaus Freude bereiten und kann auch mal auf Segelbooten sinnvoll sein.
Die Rosenregatta 1997 nach Göteborg sollte dann wegen der beim Saarländischen Rundfunk erforderlichen drastischen Sparmaßnahmen die letzte mit offizieller publizistischer SR-Beteiligung gewesen sein. Die dabei produzierte Sendung war die Drehscheibe Ostsee.“
Noch eine Bemerkung zum Schluss: Sowohl die Vertreter der Stadt Zweibrücken als auch die vielen Aktiven – allen voran die Kollegen vom Deutschlandfunk (später gehörten sie zur Deutsche Welle) Uwe Schoop und Uwe Taubert – haben mit großem Engagement und ohne Honorar diese Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Sie haben Kollegen überzeugt, Sponsoren gefunden, Ideen eingebracht, unzählige Telefonate geführt, berufliche Verbindungen genutzt und oft genug den eigenen PKW bewegt, ohne dass jemand Kilometergeld gezahlt hätte. Ich weiß nicht, ob das heute noch möglich wäre. Gibt es doch für vergleichbare Ereignisse Eventagenturen...Nur, wer wollte und könnte die bezahlen?“
Redaktion für den Arbeitskreis SR-Geschichte: Axel Buchholz; Illustration: Burkhard Döring, Magdalena Hell, Dr. Dietmar Zimmermann; Layout und Gestaltung: Magdalena Hell; Standbilder: Magdalena Hell, Sven Müller (Fernseh-Archiv)