Foto: Pasquale D'Angiolillo

"Chrieg" gewinnt Max Ophüls Preis

  24.01.2015 | 13:21 Uhr

Der Max Ophüls Preis für den besten deutschsprachigen Nachwuchsfilm geht in diesem Jahr an den Film "Chrieg" des Schweizer Regisseurs Simon Jaquemet. Der Fritz Raff-Drehbuchpreis geht an "Driften". Lore Richter und Benjamin Lutzke wurden als beste Nachwuchsschaupieler des Festivals geehrt.

Das kraftvolle und packende Erstlingswerk des Schweizer Regisseurs überzeuge auf Anhieb mit seiner "Wucht, Klarheit und Authentizität", urteilte die Jury bei der Preisvergabe am Samstagabend in Saarbrücken. Die Preissumme von 36.000 Euro wird in drei gleichen Teilen an den Regisseur, den Produzenten und an den Verleih des Films ausgezahlt, der einen Kinostart des Films innerhalb von zwölf Monaten nach dem Festival realisiert.

Lore Richter und Benjamin Lutzke sind beste Nachwuchsdarsteller des Festivals

"Chrieg" heimste auch die Auszeichnung in der Kategorie Bester Nachwuchsdarsteller ein: Benjamin Lutzke bekam den Preis für seine Darstellung der 15-jährigen Hauptfigur Matteo. Als beste Nachwuchsdarstellerin wurde Lore Richter für ihre Rolle als Li Holländer in dem Film "In uns das Universum" geehrt.

Insgesamt konkurrierten 16 Spiel-, zwölf Dokumentarfilme sowie 23 Kurzfilme und 14 mittellange Filme in ihren jeweiligen Kategorien um die begehrten Trophäen. Auch die Kinogänger durften wieder Sternchen für die Filme vergeben und so mitbestimmen, welche Streifen mit den Publikumspreisen ausgezeichnet werden sollen. Insgesamt wurden im Laufe der vergangenen Woche rund 160 Filme im Rahmen des Nachwuchsfilmfestivals gezeigt. Das Max-Ophüls-Filmfestival gilt als wichtiges Branchentreffen und Karrieresprungbrett für Nachwuchsfilmer.


Alle Preisträger und die Jury-Begründungen finden Sie in unserer Übersicht.


Max Ophüls Preis 2015


Simon Jaquemet mit dem Max Ophüls Preis (Foto: P. D'Angiolillo)

Chrieg

Regie: Simon Jaquemet
Schweiz 2014, Länge: 108 Minuten

Begründung der Jury

Die Jury hat sich einstimmig für CHRIEG entschieden. Ein kraftvolles Erstlingswerk, das uns mit seiner Wucht, Klarheit und Authentizität auf Anhieb gepackt hat. Die Hauptfigur Matteo findet Identität und Geborgenheit, wo der Zuschauer sie am wenigsten erwartet.

Eine wütende Jugend, geprägt von hilflosen Eltern, erobert sich ihren Raum, in welchem sie nach eigenen Gesetzen ihren Sehnsüchten und Aggressionen freien Lauf lässt. Durch das kraftvolle Ineinandergreifen aller filmischen Mittel schaffen der Regisseur und sein Team großes Kino!


Fritz Raff-Drehbuchpreis


Fritz-Raff-Drehbuchpreis: Karim Patwa für "Driften" (Foto: P. D'Angiolillo)

Driften

Regie: Karim Patwa
Drehbuch: Michael Proehl
Schweiz 2014, Länge: 92 Minuten

Begründung der Jury:

Wenn man über einen guten Film spricht, erinnert man sich meist an das beeindruckende Spiel der Darsteller, an ungewöhnliche Kameraperspektiven oder aber an eine genial ausgedachte Szene. Auch in diesem Film über Schuld, Sühne und Vergebung bleibt eine meisterhaft geschriebene Szene besonders im Gedächtnis haften, in der bei einem Rollenspiel Täter und Opfer die Perspektiven tauschen und dem Zuschauer ihre große Not nahe bringen.

Es sind der junge Raser Robert, der ein Kind überfahren hat und nach der Verbüßung seiner Haftstrafe den Kontakt zu Alice, der Mutter des getöteten Mädchens, sucht. Erst nach und nach entdeckt diese seine wahre Identität. Eine herausragende Qualität des Drehbuchs ist zudem der bisweilen spielerische Umgang mit diesem ernsten Thema, der in einer surrealen Bar-Szene gipfelt, in der Robert und Alice davon träumen, noch mal einmal neu über ihren Lebensweg entscheiden zu können.


Filmpreis der saarländischen Ministerpräsidentin


Preis der Ministerpräsidentin: Karim Patwa für "Driften" (Foto: P. D'Angiolillo)

Driften

Regie: Karim Patwa
Drehbuch: Michael Proehl
Schweiz 2014, Länge: 92 Minuten

Begründung der Jury:

Driften ist ein fesselnder Film getragen durch das intensive Spiel der beiden Hauptdarsteller Sabine Timoteo und Max Hubacher.

Ohne zu verurteilen zeigt der Regisseur uns die innere Zerrissenheit seiner Figuren und lässt uns teilhaben an Schuld und Schmerz. Eine Geschichte über jugendlichen Geschwindigkeitsrausch und dessen Folgen. Dem Regisseur gelingt eine Mixtur aus psychologischem Drama und Stilmitteln des amerikanischen Independentkinos.


Publikumspreis


Publikumspreis Langfilm: Marc Brummund für "Freistatt" (Foto: P. D'Angiolillo)

Freistatt

Regie: Marc Brummund
Deutschland 2014, Länge: 104 Minuten

Die Kinozuschauer wählten "Freistatt“ von Marc Brummund zum besten abendfüllenden Spielfilm beim diesjährigen Filmfestival Max Ophüls Preis. Freistatt ist eine Koproduktion des Saarländischen Rundfunks.

Hintergrund

Der Publikumspreis 2015 geht an den Regisseur, dessen Film aus dem Wettbewerb um den Max Ophüls Preis die meisten Zuschauerstimmen erhalten hat. Der Publikumspreis ist mit 3.000 Euro dotiert.


Publikumspreis für mittellange Filme


Publikumspreis Mittellanger Film: Christian Werner für "Fremdkörper" (Foto: P. D'Angiolillo)

Fremdkörper

Regie: Christian Werner
Deutschland 2015, Länge: 64 Minuten

Die Kinozuschauer wählten "Fremdkörper“ von Christian Werner zum besten mittellangen Film beim diesjährigen Filmfestival Max Ophüls Preis.

Hintergrund

Der Preis für Mittellange Filme wird vom Publikum für einen Film aus dem Wettbewerb für mittellange Filme (Spielfilme zwischen ca. 30 und ca. 65 Minuten) vergeben. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.


Publikumspreis für Kurzfilme


Publikumspreis Kurzfilm: Michael Binz für "Herman the German" (Foto: P. D'Angiolillo)

Herman the German

Regie: Michael Binz
Deutschland 2014, Länge: 15 Minuten

Die Kinozuschauer wählten "Herman the German“ von MIchael Binz zum besten Kurzfilm beim diesjährigen Filmfestival Max Ophüls Preis.

Hintergrund

Der Publikumspreis für Kurzfilme aus dem Wettbewerb ist mit 5.000 Euro dotiert.


Preis der Jugendjury


Preis der Jugendjury: Marc Brummund für "Freistatt" (Foto: P. D'Angiolillo)

Freistatt

Regie: Marc Brummund
Deutschland 2014, Länge: 104 Minuten
Freistatt ist eine Koproduktion des Saarländischen Rundfunks.

Begründung der Jury:

Dies ist ein Film, der uns von Anfang an in Bann gezogen hat und auch nach dem Ende nicht mehr losließ. Dass er auf wahren Begebenheiten beruht, ist schockierend und empörend zugleich und regt zum Nachdenken an. Hinter dem beschönigenden Ausdruck „Fürsorgeheim“ verbergen sich Gewalt, Ausbeutung, Missbrauch, Gefangenschaft und Tod.

60er Jahre Look in Farben, Bildern, Szenerie und Musik verbinden sich mit bekannten Genreelementen und brillanten Schauwerten zu einem intensiven Filmerlebnis. Die von seiner Familie abgeschobene und im Stich gelassene Hauptfigur Wolfgang geht willensstark und mutig durch diese Hölle, um dieses Privileg nochmals zu erlangen: Freiheit! Frei sein wie ein Vogel!


Darstellerpreise


Lore Richter (Foto: SR)

Beste Nachwuchsdarstellerin

Lore Richter für ihre Rolle als "Li Holländre" in dem Film "In uns das Universum" von Lisa Krane.

Zwei Herzen schlagen in Li Holländers Brust. Buchstäblich. Für die Ärzte ist es ein medizinisches Wunder – für Li jedoch gleicht es einer Katastrophe. Die zwei Herzen bedrohen ihre Ausbildung als Tänzerin, setzen ihre Beziehung aufs Spiel und erfordern eine folgenschwere Entscheidung: Soll sie einen medizinischen Eingriff zulassen, der ihr geliebtes Leben vielleicht vollkommen ändern wird?

Begründung der Jury:

In Lisa Kranes "In uns das Universum" brilliert Lore Richter mit eindrucksvoller körperlicher Präsenz. Aggressiv und zupackend im Tänzerischen, sensibel und zweifelnd in der Mimik: Mit großer Intensität verleiht sie Lis Kampf um Selbstbestimmung Ausdruck und reißt uns dank ihrer Leidenschaft mit. Die Figur der Li: In einem gleicht sie Lore Richter selbst, denn Lore Richters großes Herz fürs Schauspielen reicht glatt für zwei.


Benjamin Lutzke (Foto: dpa)

Bester Nachwuchsdarsteller

Benjamin Lutzke für seine Rolle als "Matteo" in dem Film "Chrieg" von Simon Jaquemet.

Kein Ziel, kein Interesse, keine Lust: Der junge Matteo ist vom Leben überfordert und äußert ein Verhalten, das wiederum seine Eltern überfordert. Und so schicken sie ihn in ein abgelegenes Erziehungs-Camp mitten in den Alpen. Doch wo man ihm bürgerliches Verhalten beibringen soll, herrscht schon längst eine Anarchie zügelloser Aggression.

Begründung der Jury:

In Simon Jaquemets "Chrieg" nimmt uns der Hauptdarsteller Benjamin Lutzke mit auf eine schockierende Reise Matteos hin zu einer extremen, als Freiheit empfundenen Abhängigkeit. Mit fast beängstigender Glaubwürdigkeit verkörpert Benjamin Lutzke Matteos Pendeln zwischen perspektivloser Verzweiflung, aufscheinender Todessehnsucht und nackter Gewalt. Immer wieder schimmern vielschichtige Untiefen durch sein Spiel, die seiner Figur permanent Unerwartetes verleihen. Damit gelingt Benjamin Lutzke ein herausragendes Schauspielerdebüt, das niemand, der es gesehen hat, so schnell vergessen wird.


Kurzfilmpreis


Kurzfilmpreis: Ilker Çatak für "Sadakat" (Foto: P. D'Angiolillo)

Sadakat

Regie: Ilker Çatak
Deutschland 2014, Länge: 25 Minuten

Begründung der Jury:

Eine Istanbuler Ärztin hilft einem jungen Demonstranten vor dem Zugriff der Polizei und bringt sich und ihre Familie damit ins Visier der staatlichen Organe. Ilker Catak und sein Autor Georg Lippert erschaffen in 25 Minuten ein atmosphärisch dichtes Drama, das uns von der ersten Minute an gefesselt hat. Mit feinen Zwischentönen und erzählerischer Raffinesse gewährt uns SADAKAT einen Einblick in das heutige Istanbul. Dabei erfahren wir den politischen Konflikt im Privaten. Handwerklich auf hohem Niveau, ein erstklassiges Ensemble und starke Bilder - dieser Film hat uns mitgenommen und begeistert.


Kurzfilm-Beitrag: Discipline (Foto: Veranstalter)

Discipline

Die Jury spricht eine lobende Erwähnung für den Film "Discipline" von Christophe M. Saber aus.

Begründung der Jury:

Ein kleiner Anlass endet in der totalen Eskalation. Virtuos erzählt Christophe M. Saber den Culture Clash in einem Schweizer Supermarkt.


Mittellanger Film


Mittellanger Film: Patrick Vollrath für "Alles wird gut" (Foto: P. D'Angiolillo)

Alles wird gut

Regie: Patrick Vollrath
Österreich, Deutschland 2014, Länge: 30 Minuten

Begründung der Jury:

"Alles wird gut" fängt ganz harmlos an. Ein Wochenend-Vater holt seine kleine Tochter ab und es beginnt eine verhängnisvolle Reise, die unausweichlich auf eine Katastrophe zusteuert. So entsteht ein Sog, dem der Zuschauer sich nicht entziehen kann. Simon Schwarz als Vater und die achtjährige Julia Pointner brillieren mit ihrem atemberaubenden Spiel unter der meisterhaften Regie von Patrick Vollrath. Der Film tut weh, fasziniert und bleibt lange im Gedächtnis.


Szene aus dem Film (Foto: Produktionsfirma)

Fremdkörper

Die Jury spricht eine lobende Erwähnung für den Film "Fremdkörper" von Christian Werner aus.

Begründung der Jury:

In seinem atmosphärisch dichten Film bringt uns Christian Werner das Schicksal zweier Menschen nahe und verhandelt gleichzeitig ein großes gesellschaftliches Thema.


Dokumentarfilmpreis


Dokumentarfilmpreis: Hubertus Siegert für "Beyond Punishment" (Foto: P. D'Angiolillo)

Beyond Punishment

Regie: Hubertus Siegert
Deutschland 2014, Länge: 102 Minuten

Begründung der Jury:

Können Täter und Opfer bzw. die Hinterbliebenen der Opfer miteinander in einen Dialog treten? Macht es Sinn, dass der Vater einer ermordeten Tochter mit deren Mörder spricht? Der Film untersucht diese Frage, indem er drei Fälle einander gegenüber stellt. Über mehrere Jahre der Beobachtung weist der Regisseur nach, dass Versöhnung vielleicht nicht möglich ist, aber Bewältigung durch Auseinandersetzung schon. Dem Regisseur gelingt es mit Respekt und Einfühlungsvermögen diesen Prozess auf beiden Seiten sichtbar zu machen. Ein zutiefst wahrhaftiger gradliniger Film.


Szene aus dem Film - (Foto: Produktionsfirma)

Die Böhms

Die Jury spricht eine lobende Erwähnung für den Film "Die Böhms - Architektur einer Familie" von Maurizius Staerkle Drux aus.

Begründung der Jury:

Ein architektonisch perfekter Film, der die komplexen Familienverhältnisse der Böhms so behutsam wie genau erzählt. Das, was nicht explizit gesagt wird, wird mit filmischen Mitteln zum Ausdruck gebracht. Zum Beispiel durch die subtil sich durchziehende Farbe rot, die viel mehr ist, als ein architektonisches Gestaltungsmittel, nämlich auch Metapher für die Bedeutung DER wichtigsten Frau im Leben der vier Männer.


Förderpreis der DEFA-Stiftung


Preis der DEFA-Stiftung: Andrea Roggon für "Mülheim - Texas. Helge Schneider hier und dort" (Foto: P. D'Angiolillo)

Mülheim - Texas. Helge Schneider hier und dort

Regie: Andrea Roggon
Deutschland 2015, Länge: 88 Minuten

Begründung der Jury:

Dieser Film ist ein gelungenes cineastisches Porträt, das uns beglückt durch seine Leichtigkeit, seine Situationskomik und manchmal seine Melancholie. Der Widerstand Helges, sich auf dieses Porträt einzulassen wird miterzählt. Ein Porträt, das sich selbst immer wieder in die Luft sprengt und genau dadurch seinem Protagonisten gerecht wird. Dieser Preis soll ermutigen, sich weiterhin auf Experimente einzulassen.


Preis der ökumenischen Jury


Preis der ökumenischen Jury: Karim Patwa für "Driften" (Foto: P. D'Angiolillo)

Driften

Regie: Karim Patwa
Schweiz 2014, Länge: 92 Minuten

Begründung der Jury:

Ein Geschwindigkeitsrausch endet mit dem Tod eines Kindes. Mutter und Fahrer begegnen einander. Schuld und Sühne, Verlust und Liebe, Nähe und Distanz – das zeigt der Film "Driften" in einem subtilen Spiel, das den Zuschauer über Gefühle und Verstand erreicht und berührt.


Gesellschaftlich relevanter Film


Preis für den gesellschaftlich relevanten Film: Andrea Štaka für "Cure - Das Leben einer Anderen" (Foto: P. D'Angiolillo)

Cure - Das Leben einer Anderen

Regie: Andrea Štaka
Schweiz, Kroatien, Bosnien 2014, Länge: 83 Minuten

Begründung der Jury:

"Cure - Das Leben einer Anderen" erzählt mit sanfter Poesie die Geschichte eines pubertierenden Mädchens in Mitten eines für sie fremden, vom Krieg traumatisierten Landes.

Über das faszinierende Spiel um Realität und Teenagerobsession schafft es der Film uns hineinzuziehen in eine uns zwar geografisch nahe, aber doch kaum fassbare Welt der überlebenden Frauen, der abwesenden Männer und der latenten Ängste und Schuldgefühle. Dieser sinnliche Film voller Rätsel und dunkler Andeutungen lässt uns alle berührt im Kinosaal zurück.

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