Szene aus dem Film  (Foto: Produktionsfirma)

Driften

Zwei Herzen - Eine Rezension von Sabine Janowitz  

Driften ist kein ganz großes Kino, nimmt beim Anschauen aber deutlich an Fahrt auf. Und: Mit schnellen Autos und einer ungewöhnlichen Beziehung ist für Männer und Frauen etwas dabei.

Robert kommt nach mehreren Jahren im Knast zurück nach Hause. Erst nach und nach wird klar, dass er als Jugendlicher illegale Rennen gefahren ist und ein Kind getötet hat. In sein altes Leben kann er nicht zurückkehren; er bekommt zwar einen Job in einer Autowerkstatt, seine Freundin und seine Clique wollen aber nichts mehr mit ihm zu tun haben. Da lernt Robert in einer Disco die ältere Alice kennen. Beide sind nicht aufrichtig zueinander; Robert verschweigt seinen Namen, sie ihr dunkles Geheimnis. Während sie sich immer mehr annähern, wird allmählich klar, dass ihre Schicksale lange schon miteinander verkettet sind.

Lieblingszitat: „Mehr nicht. Wir waren schon im Bett, und es war scheiße.“ – (Robert zu Alice, als er sie bittet, ihm Englischunterricht zu erteilen)

Regisseur Karim Patwa behandelt in seinem Film gleich die ganz großen Dinge: Leid, Verdrängung, Schuld, Sühne, Vergebung. Der Film spielt zunächst in einer typischen Züricher Vorstadt, könnte aber überall stattfinden, wo junge Männer gelangweilt und auf der Suche nach dem ultimativen Kick in tristen Betonbauten oder im elterlichen kleinbürgerlichen Reihenhaus leben. Sie alle sind betört von schnellen Autos und durchaus bereit zu kriminellen Handlungen. Gefährliche Mutproben müssen bestanden werden, um die Gruppenzugehörigkeit und die Hierarchie zu klären.

Solides Kino

Anfangs nervt die geradezu klischeehafte Darstellung des spießigen Kleinbürgertums der Elterngeneration und der jungen Männer mit ihrer viel zu oft gehörten Straßensprache. Doch Karim Patwa drückt das Gaspedal immer weiter herunter und entwickelt eine Geschichte, die immer schneller und spannender wird. Beeindruckend ist das Spiel der beiden Hauptdarsteller: Sabine Timoteo, die schon 2012 in Maggie Perens Flüchtlingsdrama „Die Farbe des Ozeans“ beim Ophüls-Festival zu sehen war, verleiht Alice in einer zum Teil etwas konstruiert wirkenden Geschichte Glaubwürdigkeit.

Auch Max Hubacher, zuletzt bei Ophüls als krebskranker Jugendlicher in „Stationspiraten“ zu sehen, überzeugt. Das Drehbuch zu „Driften“ stammt übrigens von Michael Proehl, der schon einmal einen Ophüls-Preis für das beste Drehbuch gewonnen hat. Regisseur Karim Patwa, der schon viel Erfahrung als Regisseur von Musikvideos, Werbe- und Kurzfilmen hat, inszeniert nicht aufregend, aber solide. Insgesamt sehenswert.

Regie: Karim Patwa
Produktion: Langfilm
Darsteller: Max Hubacher, Sabine Timoteo, Scherwin Amini, Jessy Moravec, Susanne-Marie Wrage, Adrian Furrer, Andrea Zogg u. a.
Schweiz 2014 | DCP | Farbe | 92 Min. | Schweizerdt., Engl. mit dt. UT | Uraufführung

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