Szene aus dem Film (Foto: Produktionsfirma)

Das Floß!

Zwei Herzen - Eine Rezension von Annabell Brockhues  

Auf dem "Floß!" erzählt "frau" sich betrunken peinliche Jugendsünden, "frau" trägt Hosen mit Plastikpenissen und diskutiert über die Rolle eines Samenspenders: Vater oder bloß Erzeuger? Ein Film zum Lachen, Erinnern, und Fremdschämen.

Katha (Julia Becker) liebt Jana (Anna König). Und Jana liebt Katha. Ihre Hochzeit steht kurz bevor, ein Samenspender für das geplante Kind ist schon gefunden. Kurzum: Katha und Jana wollen ihr Leben als Familie perfekt machen.

Versuchung statt Perfektion

Perfekt soll auch der Junggesellinnen-Abschied von Katha werden. Sandkastenfreund Charly (Till Butterbach) hat sich dafür eine besondere Überraschung ausgedacht: Ein Männer-Wochenende. Auf einem Floß. Zu fünft. Neben Kathas Freunden und ihrem Bruder hat Charly aber auch Samenspender Momo (Jakob Renger) eingeladen. Und den will Katha in dieser intimen Saufrunde natürlich nicht dabei haben, wenn Charly ihre Jugendsünden auspackt.

Lieblingszitat: "Es hat ja auch niemand was dagegen, dass der Rollstuhl erfunden wurde. Leute, die nicht gehen können, können dann jetzt rollen." Sandkastenfreund Charly über die Möglichkeit, als lesbisches Paar ein Kind zu zeugen.

Parallel dazu haben auch Janas Freundinnen einen Junggesellinnen-Abschied geplant. In der gemeinsamen Wohnung. Allerdings nur mit Mädels. Und einem Überraschungsgast: Janas Ex. Als Katha das erfährt, ist sie eifersüchtig, will nur noch 'runter vom Floß und schaut sich trotzig nach Alternativen um.

Männer tragen Brüste, Frauen einen Penis

„Das Floß!“ von Regisseurin Julia C. Kaiser bedient sich einiger Klischees: Homosexuelle Frauen haben Männer als Freunde, sie saufen wie Männer, sie reden wie Männer. Zu allem Überfluss tragen die männlichen Darsteller T-Shirts mit aufgedruckten Brüsten, Julia Becker steckt in einer Hose mit Plastikpenis im Schritt. Ja, es ist peinlich. Vor allem für Katha, ihren Bruder, Momo und oft auch für den Zuschauer im Kinosaal – aber nicht für Charlie.

Regisseurin Julia C. Kaiser (Foto: SR)
Regisseurin Julia C. Kaiser

Die Pressetext-Bezeichnung „Improtragikömodie“ trägt der Film zu Recht. Die Story behandelt einerseit ein ernstes Thema: Familienplanung in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Das bedeutet Konfliktpotenzial an allen Ecken und Enden. Anderersets sorgen betrunkene Gespräche und Stripperszenen durchaus für Komik. Unweigerlich fühlt sich der Zuschauer an selbst erlebte Nächte, Parties und kleine Fehltritte erinnert.

Dramaturgisch inkonsequent

Julia C. Kaisers Geschichte beginnt mit einer längeren Parallelmontage: Hier das Geschehen rund um Katha auf dem Floß, dort die Ereignisse um Jana in der gemeinsamen Wohnung. Doch mit zunehmender Dauer wird der Erzählstrang in der Wohnung vernachlässigt: Mit Blick auf den Titel stimmig, für die Erzählweise aber etwas unschlüssig und damit unbefriedigend. Doch das ist ein verschmerzbarer Fehler in Kaisers insgesamt unterhaltsamem Wettbewerbsbeitrag.

Regie: Julia C. Kaiser
Produktion: Julia Becker & Julia C. Kaiser Produktion
Darsteller: Julia Becker, Anna König, Jakob Renger, Till Butterbach, Rhon Diels, Christian Natter, Nina Bernards, Sina Bianca Hentschel
Deutschland 2014 | DCP | Farbe | 86 Min. | Uraufführung

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