Szene aus dem Film (Foto: Produktionsfirma)

Confusion

Eine Rezension von Simin Sadeghi  

Handeln Politiker im allgemeinen Interesse oder nur im eigenen? Was beeinflusst politische Entscheidungen? Das zeigt "Confusion". Eine Genfer Politikerin will einen Ex-Guantanamo-Gefangenen aufnehmen – Und steht plötzlich vor ungeahnten Schwierigkeiten.

Drei Herzen

Es soll einer der wichtigsten Tage ihrer politischen Karriere werden. Ein ehemaliger Guantanamo-Gefangener wird in die Schweiz ausgeliefert, um in dem Kanton Genf ein neues Leben zu beginnen. Jahrelang hat Staatsrätin Caroline Gautier für seine Aufnahme gekämpft. Geplant ist eine Willkommensfeier. Begleitet wird sie dabei von den beiden Filmstudenten Dario und Yacine. Sie sollen den politischen wichtigen Tag für Caroline Gautier festhalten.

Doch dann kommt alles anders. Vor Caroline türmt sich ein Problem nach dem anderen auf: Die Wohnung für den Ex-Häftling ist noch nicht fertig, das Flugzeug landet in einer anderen Stadt und ihr erbitterter Feind, der Nationalrat Ruedi Knobel geht über Leichen, um ihre Pläne zu durchkreuzen. Die Aufnahme des Ex-Häftlings gerät zur endgültig Farce, als sich die Behörden weigern, ihn aus dem Flugzeug aussteigen zu lassen. Caroline, die immer versucht Haltung zu bewahren, gerät zusehends unter Druck. Als ihre Familie in die Schusslinie gerät, beginnt ihre professionelle Fassade zu bröckeln.

Caroline Gasser spielt die Staaträtin eindrucksvoll. In ihrer Rolle entwickelt sie sich von der taffen Politikerin, die ihre Familie für ihre Karriere vernachlässigt zu einer mitfühlenden Frau, die, im Gegensatz zu ihren skrupellosen Kollegen, für ihr politisches Ansehen nicht über Leichen gehen will.

Ebenso bemerkenswert spielen Yacine Nemra und Dario Galizia die beiden Filmstudenten, die den mahnende, humanitären Part übernehmen und am Ende durch Überzeugungskraft die Wendung bringen.

Regisseur Laurent Nègre verwischt in „Confusion“ die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Er hat den Film als klassische Mockumentary angelegt, als fiktionale Dokumentation (englisch (to) mock = ‚vortäuschen‘, ‚verspotten‘ und documentary= Dokumentarfilm). Der ganze Film ist nur mit der einen Kamera der beiden Studenten gedreht. Zudem hat Nègre den Figuren die Namen der Schauspieler gegeben. Das führt dazu, dass der Zuschauer nie genau weiß, ob das im Film gezeigte nun Wahrheit oder Erfindung ist. I-Tüpfelchen der Verwirrung ist eine im Abspann genannte Internetseite von Dario und Yacine, die tatsächlich existiert.

„Confusion“ behandelt ein aktuelles Thema, nämlich die Rückführung von Gefangenen aus dem amerikanischen Gefängnis Guantanamo auf Kuba ins normale Leben. Proteste gegen die Aufnahmen der Ex-Häftlinge, die unter Terrorismusverdacht standen, werden im Film immer wieder laut- Ob nun durch Demonstranten oder durch unterschwelligen Rassismus. Dagegen stellt Regisseur Nègre die Figur des Mannes, der müde und ausgelaugt nach zehn Jahren Haft in einem der schlimmsten Gefängnisse der Welt nach Ruhe und Frieden sucht.

„Confusion“ ist sehenswert. Die Geschichte ist eindringlich und die Situation des im Flugzeug wartenden Ex-Häftlings schwebt wie ein Damoklesschwert über allem. Einziges Manko des Films ist die sehr wackelige Kameraführung, die Nègre zugunsten der Authentizität der Geschichte durchzieht. Wer das nicht verträgt, sollte den Film auf der großen Leinwand im Kino meiden. Für alle anderen, ist der Film empfehlenswert.  

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