Alessia ist 23, kommt aus dem Saarland und ist Schiedsrichterin - immer noch etwas Besonderes in der Männerdomäne Fußball. Im Interview hat sie mit Moderatorin Michi darüber gesprochen, was sie auf dem Fußballplatz so alles erlebt - vor allem als Frau.
UNSERDING: Du pfeifst ab nächster Saison Oberliga und letzte Saison hast du schon in der Saarland-Liga gepfiffen. Gibt es dort auch noch andere weibliche Schiedsrichter?
Alessia: Je höher die Spielklasse desto weniger weibliche Schiedsrichter findet man im Allgemeinen. Da sind die Frauen eine klare Minderheit.
UNSERDING: Merkst du denn einen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Schiedsrichtern? Vor allem auf dem Platz?
Alessia: Viele Spieler versuchen auszuloten, wie weit sie gehen können, erst recht bei einer Frau. Da wird sich teilweise fallen gelassen oder laut geschrien anstatt wirklich Fußball zu spielen. Man kann sagen, dass es viele ausreizen, dass eine Frau auf dem Platz steht.
UNSERDING: Sind die Spieler der Meinung, dass du nicht richtig durchgreifen kannst? Oder woran liegt es?
Alessia: Ja, genau. Die Spieler provozieren es. Wahrscheinlich, weil sie auf ein Foul spekulieren. Die meisten merken aber schnell, dass ich eine großzügige Linie verfolge und genau wie meine männlichen Kollegen pfeife.
UNSERDING: Hast du es schon erlebt, dass du nicht so akzeptiert wurdest, wie deine männlichen Kollegen? Was erlebst du denn bei deinen Spielen? Gibt es dumme Sprüche von Männern?
Alessia: Meistens werden meine Entscheidungen angenommen, aber es kommt auch sehr stark auf die Situation an. Viele Entscheidungen sind nicht einfach zu treffen und das bringt natürlich auch Mal den ein oder anderen Kommentar mit sich – das geht aber auch den männlichen Kollegen so. Je nachdem, in welche Dorfgemeinde man kommt, kann es schon klischeebehaftete Kommentare wie „Geh bügeln!“ oder „Geh zurück in die Küche!“ geben. Aber von Spielern und Trainern ist das nur ganz selten der Fall - aber wenn, dann muss man selbstverständlich darauf reagieren. Generell hat man aber doch schnell eine Akzeptanz auf dem Platz.
UNSERDING: Wie verhältst du dich denn bei blöden Kommentaren und Sprüchen?
Alessia: Vor allem wenn die Sprüche von den Zuschauern ausgehen, kann ich darüber lachen und es mit einem Schmunzeln abtun. Ansonsten gilt häufig auch die Devise – einfach ignorieren.
UNSERDING: Hast du ein dickes Fell oder hast du dir das antrainiert?
Alessia: Ich würde sagen, ich habe mir das über Jahre hinweg antrainiert. Außerdem komme ich sowieso aus dem Fußballbereich und wenn da ein Spruch vom Publikum kommt, dann ignoriert man das einfach.
UNSERDING: Stehst du als Frau in deinen Job als Schiedsrichterin unter besonderer Beobachtung?
Alessia: Ja, auf jeden Fall. Als Frau in einer Männerdomäne wie dem Fußball steht man immer unter besonderer Beobachtung und muss sich vor allem durch die eigene Leistung behaupten. Wichtig ist es vor allem, diese Leistung nicht nur einmalig zu zeigen sondern immer wieder, um sich zu etablieren.
UNSERDING: Warum bist du denn eigentlich Schiedsrichterin bei Männerspielen geworden? Warum sagst du, dass du das trotzdem machen möchtest, auch wenn es nicht immer ganz so einfach zu sein scheint?
Alessia: Weil man in diesem Bereich mehr gefordert wird. Man ist stärker im Fokus und muss noch mehr Konzentration erbringen, um Leistung zu zeigen. Ich gehe mit einer anderen Einstellung ins Spiel, weil ich weiß, dass körperbetonter gespielt wird und, dass es auch deutlich schneller ist.
UNSERDING: Wie gehen deine männlichen Schiedsrichterkollegen mit dir um?
Alessia: Unter den Schiedsrichtern werden da keine Unterschiede gemacht. Für meine männlichen Kollegen ist es nichts Besonderes, dass ich als Frau als Schiedsrichterin tätig bin. Mit vielen Kollegen komme ich sehr gut zu Recht.
UNSERDING: Welche Verbesserungen würdest du dir denn für die Zukunft wünschen?
Alessia: Ich würde mir wünschen, dass es auf manchen Sportplätzen mehrere Schiedsrichterkabinen gibt und, dass sich der Aufschwung im Schiedsrichterwesen auch bei den Frauen durchsetzen wird und wir mehr Zulauf bekommen.