Günter "Baby" Sommer beim Freejazzfestival

Günter "Baby" Sommer beim Freejazzfestival

Anke Schäfer / Onlinefassung: Fabienne Graf   11.04.2025 | 14:07 Uhr

Das Saarland hat eine vielfältige Jazzszene – von traditionellen bis hin zu experimentellen Stilrichtungen. Am Donnerstagabend wurde im Saarbrücker Schloss das 10. FreeJazzFestival eröffnet. Zum Auftakt spielte Schlagzeuger und Perkussionist Günter "Baby" Sommer.

Er spielt Schlagzeug und alles, was raschelt, knistert und durch die Luft zischt. Und Günter "Baby" Sommer findet es einfach gut, dass es in Saarbrücken dieses FreeJazzFestival jetzt zum 10. Mal gibt. Sommer betont, wie aufregend es sei, dass es solch ein Festival noch gebe, denn das sei heute eher selten der Fall.

Free Jazz werde einer Zeit nach den 68ern, also den 1970er-Jahren, zugeordnet, aber das sei mittlerweile zu einem Stigma geworden. Doch warum eigentlich? Sommer erklärt, dass Free Jazz einer „Kaputtspielphase“ zugeordnet werde, in der wir uns schon lange nicht mehr befänden – weil die Welt ja so heil und wunderbar sei… Aus diesem Grund werde heute mehr schöne Musik bzw. in diesem Fall schönere Jazzmusik gespielt.

Schön schräg und laut

Günter "Baby" Sommer, 1943 in Dresden geboren, will auf keinen Fall "schöne" Musik bieten. Das heißt: Es wird schön schräg und laut – was jedoch nicht zwangsläufig schrecklich klingen muss. Auch das Publikum reagiert sehr positiv auf diesen ungewohnten Jazzklang. Viele Besucher konnten sich unter dem Free-Jazz-Festival zunächst nichts Konkretes vorstellen, empfanden es aber als sehr eindrucksvoll.

So finden viele Gefallen an den Ideen – etwa dem Vogelzwitschern, das in der Musik deutlich zu erkennen war. Und auch den Musikern merkt man an, wie viel Spaß ihnen das Spiel bereitet. Elf von ihnen stehen gemeinsam mit Sommer auf der Bühne: viele Bläser, ein Pianist, ein Kontrabassist. Sein Ensemble nennt er „Baby Sommers Brother and Sisterhood“.

„Brotherhood of Breath“ – Gegründet von Chris Mc Gregor

Es trägt den Namen in Anlehnung an ein Ensemble namens „Brotherhood of Breath“, das der legendäre südafrikanische Pianist und Komponist Chris Mc Gregor in den 1970ern gegründet hatte, auch, um gegen die Apartheid anzuspielen.

Günter Baby Sommer fasziniert unter anderem mit einem ganz leisen Schlagzeug-Solo. Er wirbelt die Stöcke und Besen durch die Luft, dass einem der Atem stockt.

Kaluza Quartett (Foto: Pressefoto)
Kaluza Quartett

Wenig Unterstützung von offizieller Seite

Das Free-Jazz-Festival erhält im Saarland – verglichen mit dem, was unter „Mainstream-Jazz“ fällt – nur sehr geringe staatliche Unterstützung: gerade einmal etwa 6000 bis 7000 Euro. Stefan Winkler, Organisator des Festivals, findet es selbst erstaunlich, dass es trotzdem bereits die zehnte Ausgabe gibt.

Wenn man bedenke, wie wenig Unterstützung sie von offizieller Seite erhielten, sei es umso bemerkenswerter, dass es gelinge, dieses Niveau zu halten – und sich dabei auch noch so gut zu etablieren.

Die Gäste kommen nicht nur aus dem Saarland, sondern auch aus deutschen Metropolen sowie aus Ländern wie Schweden oder Spanien. Doch was ist Free Jazz eigentlich genau?

Christoph Thewes (Foto: Pressefoto)
Christoph Thewes

Ein freies Zusammenspiel schaffen

Ulrich Stock, Journalist bei der Wochenzeitung "Die ZEIT" und regelmäßiger Gast des Festivals, erklärt, dass diese Frage seit Jahrzehnten diskutiert werde. Heute sei man sich einig: Es gehe darum, ein freies Zusammenspiel zu schaffen, bei dem man aufeinander achte. Es gehe darum, im Moment zu sein.

Hat diese Art des Jazz auch heute noch die Kraft, politische Aussagen zu treffen? Ja, meint Ulrich Stock. Wir befänden uns in einer schwierigen globalen Situation, in der Improvisationsvermögen und Flexibilität von uns allen gefordert seien. Wenn man das kulturell ein wenig trainieren könne, schade das sicher nicht.

Das 10. FreeJazzFestival Saarbrücken läuft noch bis zum Sonntag – am Freitagabend spielt unter anderem der Posaunist Christoph Thewes.

Programm: freejazzsaar.de.


Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 11.04.2025 auf SR kultur.

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