?Wunder geschehn!?

„Nur die Wurst hat zwei“

Brunners Welt - die politische Glosse der Woche zum Nachlesen und Nachhören

Von Peter Tiefenbrunner  

Sendung: Freitag 09.08.2024 16:45 Uhr

Nr. 1000

Nicht dass Sie denken, ich hätte völlig ungerührt und ohne jede Träne im Knopfloch die Nummer des heutigen Beitrages in die Tastatur meines treuen Notebooks getippt. 1000! Das ist schon was. Nämlich das Ende. Um es mit den Doors zu sagen: The end my friend. Schluss, finito und aus. Ja, klar, irgendwie find ich es auch ein bisschen traurig. Aber ich hab's mir ja selbst so ausgesucht.

Und immerhin hätte es schlimmer kommen können und ich hätte das Ende ausrufen müssen, weil irgendeiner der gerade anstehenden Terminatoren doch den Weltuntergangsknopf gedrückt hätte. Putin vielleicht, als finalen Beweis seiner ungebrochenen Männlichkeit. Oder Kim Jong Un, dem beim Platzen einer entscheidenden, cholesterintapezierten Arterie der Bürstenkopf aufs Schaltpult gefallen wäre bumm! Vielleicht wäre auch ein zukünftiger Präsident Trump der Aufforderung „press here“ gefolgt – einfach, weil er's konnte. Und als POTUS sowieso allumfassende Immunität genießt.

Aber nein, das alles ist nicht passiert, nur ich, also: Brunner verabschiedet sich  aufs Altenteil, setzt sich auf die imaginäre Ofenbank und schaut mal, was noch so kommt. Ab und zu, vielleicht Freitag Abend, gedenke ich dann der alten Zeiten und all der merkwürdigen Figuren, die in den letzten knapp zwanzig Jahren dieser Kolumne so an mir vorüber gezogen sind: Der damals 2005 gerade abtretende Schröder und seine gerade auftretende Nachfolgerin Angela, die gekommen war um zu bleiben. 16 Jahre. Guido, die Westerwelle, Jürgen Möllemann, Philipp Rösler – die FDP hatte schon einiges an Unterhaltungswert.

Unvergessen natürlich auch der Reigen an geballter CSU-Kompetenz im Bundesverkehrsministerium: Ramsauer, Dobrindt, Scheuer, das Trio Infernale der ungebremsten Mobilität. Wobei letzterer ein ganz besonderes Plätzchen in der Vitrine der Erinnerungen in meinem geplagten Zentralorgan einnimmt. Trendy Andy, keiner konnte wie du nicht fliegende Lufttaxis und nicht existierende Zukunfts-Treibstoffe präsentieren. Du fehlst.

Jens Spahn – auch ein ganz Großer der vergangenen Jahre, Herr der Maskenkäufe und Zeremonienmeister des Corona-Zirkus. Und... jetzt wird’s schon zuviel. Da sind ja auch die leider nicht Vorübergezogenen: Friedrich Merz, von dem ich zwischenzeitlich gehofft hatte, er hätte sich mit Geldscheffeln bei Black Rock und Konsorten begnügt. Und jetzt das! Oder Christian Lindner, fleischgewordenes Musterbeispiel für das Peter-Prinzip, dass jeder irgendwann zum Level seiner maximalen Unfähigkeit aufsteigt. Lindner scheint angekommen.

Über das Gruselkabinett, das die AfD über die Jahre ihres traurigen Aufstiegs in die deutsche Politik auf die Bühne gestellt hat, ist mir jedes Wort zuviel. Sorgen Sie bitte dafür, dass ich auf meiner wohlgewärmten Ofenbank nicht mehr allzu oft darüber nachdenken muss.

Bleibt Donald Trump, immer noch nicht Vergangenheit, möglicherweise sogar noch Zukunft, jedenfalls aber Gegenwart – und das ist schlimm genug. Der Kerl ist ja nun wirklich nicht der einzige rüpelhafte, ungebildete, sexistische, narzisstische Rassist auf der Welt. Aber dass es Millionen Amerikaner:innen gibt, die das wählen würden – oder es sogar schon mal getan haben – lässt einen doch arg an der Evolution zweifeln.

Da wären noch einige Namen, aber nun ist auch mal gut. Auf geht’s in den Ruhestand. Meine Nachbarin Barscheck wird sich wohl das ein oder andere Mal mit auf mein Bänkchen setzen. Mit oder ohne Eierlikör – selbst gemacht, versteht sich. Und nicht nur jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Jedem Ende auch. Hoffen wir mal. Ich danke fürs Zuhören.



Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 09.08.2024 und in "Der Morgen" am 10.08.2024 auf SR 2 KulturRadio.

 


Brunners Welt

Jeden Freitagnachmittag in "SR 2 - Der Nachmittag" und als Wiederholung jeden Samstagmorgen gegen 8.40 Uhr in "SR 2 - Der Morgen"!

Brunner hält für SR 2 die Augen offen. Und wenn er was nicht mitkriegen sollte, dann wird ihn Frau Barscheck, seine Nachbarin, schon mit der Nase drauf stoßen. Dann kann er sich nämlich seine Gedanken darüber machen, was wichtig ist und wo die Trends der Zeit zu spüren sind.

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