Schulstart in Corona-Zeiten
Am 17. August beginnt im Saarland das neue Schuljahr. Dann sollen die Kinder wieder regulär zur Schule gehen. Doch ganz so wie früher wird es nicht sein. Wie genau soll der Schulalltag unter Corona-Bedingungen aussehen? Viele Fragen dazu sind noch offen; wir versuchen, Antworten zu geben.
Nur noch wenige Tage, bis in den Schulen wieder regelmäßig das Gongzeichen ertönt. Für alle Schüler soll es dann wieder regulären Unterricht geben. Doch von 'normalem' Unterricht kann dann noch nicht die Rede sein. Denn es gilt weiterhin, die Corona-Schutzmaßnahmen einzuhalten.
Wie soll er also aussehen, der Schulalltag unter Corona-Bedingungen? Gelten Maskenpflicht und Abstandsgebot nur außerhalb der Klasse? Kann man mit versetzten Pausen und einer spezielle Wegeführung erreichen, dass sich verschiedene Klassen möglichst wenig begegnen?
Wie geht es den Kindern nach der langen Zeit zuhause? Wie sehen die Lehrpläne aus, wenn die Schüler nach dem Homeschooling jetzt einen sehr unterschiedlichen Wissensstand haben? Werden auch Lehrer unterrichten, die zu einer Corona-Risiko-Gruppe gehören?
Und wie steht es jetzt um die technische Ausstattung: Gibt es Wlan für alle? Kommen die zugesagten Tablets für alle, und wenn ja, wann?
Auf solche Fragen geht der SR in dieser Woche vor dem Schulstart in seinen Programmen ausführlich ein. Auch auf SR 1.
Eure Fragen zum Schulstart
"Es ist schon ein sehr unsicheres Gefühl"
Das neue Schuljahr beginnt - endlich sagen viele Lehrer und Schüler. Und auch die meisten Eltern sind im Grunde froh, dass wieder so etwas wie Normalität einkehrt. Doch ganz wie früher wird der Schulalltag nicht sein, denn zahlreiche Corona-Schutzmaßnahmen gehören jetzt mit dazu. So bleibt manchen Eltern dennoch ein mulmiges Gefühl bei der Frage: Wird das alles so funktionieren?
Nachmittagsbetreuung in Corona-Zeiten
Die Arbeitsmarktinitiative Stadt St. Wendel gehört zum Arbeiter-Samariter-Bund und organisiert für acht Schulen im Saarland die Nachmittagsbetreuung der Kinder. In Corona-Zeiten eine besondere Herausforderung. Denn die Kinder, die am Morgen getrennt unterrichtet wurden, sollen dann am Nachmittag nicht unbedingt zusammen spielen.
Es geht also darum, die Gruppen zu entzerren. Das ist je nach Schule nicht ganz einfach, sagt Ralf Kloß, der für die Organisation verantwortlich ist. So sollen zum Beispiel die Kinder mittags in ihren Klassengruppen zusammen essen, wenn möglich zeitlich versetzt oder in verschiedenen Räumen. Maskenpflicht besteht dabei auf den Fluren oder in den Toilettenräumen, beim Essen und bei der Hausaufgaben-Betreuung dagegen nicht.
Die Organisation ist auch insofern gefordert, da für die Betreuung der Schüler nicht mehr Personal zur Verfügung steht. Normalerweise kümmert sich ein Betreuer um etwa 20 Schüler verschiedener Klassenstufen. Das wird nun schwierig. Deshalb will man notfalls Tischgruppen bilden oder zwei Klassen in getrennten Räumen von einem Betreuer beaufsichtigen lassen, so Kloß.
Schulessen in Corona-Zeiten
Viele Eltern von Schulkindern, die in der Nachmittagsbetreuung sind, fragen sich: Morgens sollen die Kinder in der Klassen-Gemeinschaft bleiben, zum Essen kommen dann aber doch alle zusammen? Wie soll das gehen? Am Robert Schumann Gymnasium in Saarlouis zum Beispiel hat man sich für die Mittagspause ein besonderes Konzept überlegt:
Die rund 100 Schüler, die dort regelmäßig essen, werden nicht alle auf einmal beköstigt, sondern auf drei Schichten verteilt, erklärt Schulleiter Uwe Peters. Und bevor die nächste Gruppe Platz nimmt, werden die Tische noch mal desinfiziert.
Auf das gewohnte Salatbüffet und das beliebte Nachmittagsbuffet müssen die Kinder vorerst verzichten, erklärt Sabine Petry vom Schulbistro, statt dessen bekommen die Kinder ein fertiges Tablett mit ihrem Essen, mit Salatschüsselchen, Besteck, Getränk und so weiter, mit dem die Kinder dann an den Tisch gehen können.
Die Kinder sitzen auf Abstand. Im Bistro stehen weniger Tische als sonst und an denen sitzen nur noch drei statt sechs Kinder. Wenn sie nicht am Tisch sitzen, müssen die Schüler eine Maske tragen. Am Tisch selbst dürfen sie sie dann abnehmen und es sich schmecken lassen.
Tablets für alle
Homeschooling fällt schwer, wenn Endgeräte und das Know-How fehlen. Deshalb sollen nach und nach alle rund 120.000 Schülerinnen und Schüler im Saarland Tablets bekommen. Der Digitalpakt macht’s möglich. Digitales Lernen soll nämlich nicht nur im Katastrophenfall funktionieren, sondern auch in Normalzeiten in den Schulalltag integriert werden. Bis allerdings alle über ihr Tablet verfügen werden, wird es wohl noch eine ganze Weile dauern - voraussichtlich bis zum Schuljahr 2021/22.
Maskenpflicht auch im Unterricht?
Schüler sind dafür
In Nordrhein-Westfalen hat das neue Schuljahr bereits begonnen. Dort müssen Lehrer und Schüler überall einen Mund-Nasenschutz tragen, auch im Klassenzimmer. Im Saarland dagegen lautet die Anweisung von Bildungsministerin Streichert-Clivot, dass die Maskenpflicht nur im öffentlichen Bereich der Schulen gilt, also dort, wo es zu engeren Kontakten kommt wie auf den Fluren oder bei der Essensausgabe. Allerdings darf jeder, der will, im Unterricht freiwillig eine Maske tragen.
Der Landesschülervertretung geht das nicht weit genug. Ihr Sprecher Lennart-Elias Seimetz erklärte im SR 1 Interview: Erstes Ziel sei es, immer den Mindesabstand einzuhalten. Überall dort, wo das nicht möglich ist, sollte ab Klasse 5 ein Mund-Nasenschutz auch während des Unterrichts verpflichtend sein. Denn, so Seimetz, wenn 30 Schüler oder mehr über mehrere Stunden in einem kleinen Raum zusammen sind, in dem viel gesprochen wird, dann sei das Risiko hoch, sich anzustecken.
Die Lerngruppen räumlich zu trennen, um im Fall einer Infektion nicht die ganze Schule schließen zu müssen, nennt Seimetz problematisch, da die Schüler ja zum Beispiel schon gemeinsam im selben Bus zur Schule kommen.
Wichtig sei in jedem Fall, so Seimetz, dass jede Schule schon vorab einen Plan C vorliegen habe mit Unterrichtsformaten, Zuständigkeiten und Kommunikationswegen, um im Fall der Fälle flexibel reagieren zu können.
Lehrer uneins
Uneinigkeit herrscht bei den Lehrern: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht sich für eine Maskenpflicht im Unterricht aus, der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband dagegen steht der Sache äußerst kritisch gegenüber. Deren Vorsitzende, Lisa Brausch, führt dazu zwei Aspekte an:
Zum einen stelle der Mund-Nasen-Schutz gerade bei diesen hohen Temperaturen eine gesundheitliche Belastung dar. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Schüler, wenn es so heiß ist, mit den Masken nicht sachgerecht umgehen. Außerdem seien die Masken durch das Schwitzen schnell verbraucht.
Der andere Aspekt betrifft die Pädagogik: "Unterricht ist Interaktion und funktioniert natürlich nur, wenn ich auch Mimik und Gestik miteinbeziehen kann," so Brausch. Ohne diese Möglichkeit sei ein effektiver Unterricht schwierig.
Masken im Unterricht: eine Abwägungssache
Die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland ist derzeit so hoch wie seit Anfang Mai nicht mehr. Auch im Saarland nehmen die Fälle wieder zu, vor allem flächendeckend, meint Virologe Dr. Jürgen Rissland von der Homburger Uni-Klinik besorgt. Deshalb sei es wichtig, drauf zu achten, den richtigen Zeitpunkt für mögliche Maßnahmen nicht zu verpassen. Falls die Zahlen weiterhin steigen, sieht der Virologe Deutschland aber besser vorbereitet als noch zu Beginn des Jahres. Aus der damaligen Situation habe man gelernt und sei nun ausreichend mit Hygieneartikeln oder technischen Geräten ausgestattet.
In NRW hat das neue Schuljahr mit einer Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler im Klassensaal begonnen. Für das Saarland ist laut Dr. Rissland bei dem gegenwärtigen Infektionsniveau eine solche Maßnahme nicht zwingend notwendig, da sie die soziale Interaktion zwischen Lehrern und Schülern doch sehr beeinträchtigt. Daher sollten Masken zunächst nur auf den Wegen in der Schule getragen werden. Außerdem sei es sinnvoll, eine Durchmischung von Klassen zu vermeiden. Käme es dann zu einem Ausbruch, müsse man nicht gleich die ganze Schule vorübergehend schließen.