Wo Nachbarschaft nicht einfach ist
Im Saarbrücker Ortsteil Malstatt leben heute viele Neubürger aus dem Nahen Osten. Die Haupteinkaufsstraße wird inzwischen "Klein Damaskus" genannt. Besonders ältere Alteingesessene verunsichert die Veränderung ihres Viertels. Der Verein "(B)Unteres Malstatt" versucht, die Menschen näher zusammen zu bringen. Eine große Hürde ist dabei aber häufig die Sprachbarriere.
Die Breite Straße in Saarbrücken-Malstatt. Kaum eine Straße hat sich in den vergangenen Jahren so stark verändert. Früher war sie die Einkaufsstraße im Arbeiterviertel, dann die Hochburg der An-und Verkaufsläden. Heute ist sie eine Straße voller arabischer, meist syrischer Geschäfte. Beim Zusammenleben zwischen den alteingessenen „Molschdern“ und den relativ neu zugezogenen Menschen mit Migrationshintergrund hakt es allerdings hier und da.
"Klein Damaskus" in Saarbrücken
Klein Damaskus, so wird die Breite Straße in Saarbrücken Malstatt häufig genannt. Wer schon einmal dort war, versteht warum. Von der Malstatter Brücke bis hin zum Malstatter Markt reihen sich syrische Restaurants an arabische Bäckereien. Orientalische Supermärkte, eine Halal-Metzgerei und arabische Gemüseläden. Vor den Imbissläden, die Shawarma oder Falafel anbieten, stehen Plastiktische und -stühle. Männer sitzen auch noch im November draußen, trinken Tee aus Gläsern.
"Malstatt entwickelt sich zu einem Stadtteil, der vor allen Dingen arabisch geprägt ist" sagt Ellen Grahn. Sie lebt seit 40 Jahren in Malstatt, engagiert sich im Nachbarschaftsverein "(B)Unteres Malstatt". Viele mit arabischer Herkunft hätten inzwischen hier auch Häuser gekauft und die Breite Straße sei zum Anziehungspunkt für Kunden aus dem ganzen Saarland geworden.
Alteingesessene kennen ihre Welt nicht mehr
Grahn hat Verständnis für die Ängste der alt eingessenen Molschder. "Ich glaube, am schwersten ist es für die alten Menschen, die in Malstatt leben. Sie fühlen sich fremd, kennen ihre Welt hier nicht mehr", sagt sie.
Gemeinsames Erleben baut Ängste ab
Ellen Grahn möchte gerne diese Ängste abbauen. So organisiert der Nachbarschaftsverein zum Beispiel zusammen mit der migrantischen Frauengruppe des Stadtteilbüros Feste und Veranstaltungen. "Am allerwichtigsten ist es, was Schönes zusammen zu machen, zu feiern, miteinander zu reden, zu kochen - und das alles gibt es in Anfängen hier", sagt sie.
Nach wie vor mehr Nebeneinander statt Miteinander
Grahn hofft, dass aus diesen Anfängen mehr wird, dass es noch wächst. "Wir wollen gerne noch mehr Menschen dazu bewegen, da mitzumachen. Es ist noch kein Miteinander. Es ist ein Nebeneinander." Denn noch engagieren sich nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund in Nachbarschaftsvereinen wie "(B)Unteres Malstatt."
Das Problem der Sprachbarriere
Das liegt unter anderem auch an der Sprachbarriere. Gerade auf der Breite Straße hört man eher Arabisch, als Deutsch. Das fällt auch Yousra auf. Die 19-Jährige, Kind algerischer Einwanderer, ist in Malstatt aufgewachsen. Sie macht gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Malstatter Kirchbergschule. Und auch im Kindertreff, wo sich die 19-Jährige ehrenamtlich engagiert, sieht es ähnlich aus: "Die Kinder sind eher unter sich. Die, die ich kenne, haben kaum deutsche Freunde." Bei ihr damals sei das komplett anders gewesen. "Ich hatte fast nur deutsche Freunde."
Man muss seine "Blase" verlassen
Für Yousra ist gerade die deutsche Sprache ein wichtiger Türöffner für ein wirkliches Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Denn wer nur in seiner Blase bleibt, in seinem Kulturkreis, der wird sich nicht für ein Miteinander öffnen. Das aber gilt für beide Seiten – für die Zugewanderten genauso wie für die Alteingesessenen.
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