Mit neuem Herzen in ein neues Leben

Mit neuem Herzen in ein neues Leben

Reporter: Patrick Wiermer | Onlinefassung: Andree Werner   08.04.2024 | 06:20 Uhr

Rund 2600 Mal wurden im Jahr 2022 in Deutschland Organe transplantiert. Im Internationalen Vergleich sind das immer noch sehr wenige. Die Liste der Menschen, die ein Spenderorgan brauchen, ist lang - gerade, wenn es um ein neues Herz geht. SR 3 Reporter Patrick Wiermer hat in Saarbrücken Menschen getroffen, die mit einem fremden Herzen leben.

20 Mitglieder des Vereins „Herztransplantation Süd-West e.V.“ beim Bummel durch Saarbrücken: Das Tempo ist gemächlich. Die Gruppe genießt jede Sekunde des frühlingshaften Tags. Zwischenstopp in einem Café. Dass es 'Kunstherz' heißt, ist natürlich kein Zufall. Es ist das Lebensthema von Betroffenen wie Petra Stahl aus Nagold im Schwarzwald. Vor gut acht Jahren merkte Sie, dass etwas mit ihrem Körper nicht stimmte.

Schwiegersohn entdeckte Krankheit

"Ja, mir ging es sehr schlecht körperlich und habe ziemlich an Gewicht verloren und war sehr schlapp. Immer. Und bin dann zum Arzt gegangen, der aber nichts feststellen konnte.", so Petra im Gespräch mit SR 3 Reporter Patrick Wiermer. Wäre ihr Schwiegersohn kein Arzt gewesen, hätte sie von ihrer Herzkrankheit nie erfahren. Erst im Oktober 2016 wird klar: Petra Stahl hat Amyloidose. Eine seltene Krankheit. Und sie braucht ein Spenderherz. Ein Schock. Sie kam ins Krankenhaus und blieb dort für einige Monate. Für ihren Mann Günther war das die schlimmste Zeit. Allein Zuhause zu sitzen fiel im schwer. Er war allein zu hause, die Kinder weg. Immerhin musste Petra nicht lange auf eine neues Herz warten. An den kräftigen Schlag musste sie sich erst gewöhnen. Der Arzt sagte: "Vorher war es ein CV, jetzt ein Mercedes." Heute kann Petra Stahl wieder fast alles machen.

Ein neues, starkes Herz

Auch Astrid Kraus spürt den Porsche. Sie bekam 2020 ein Männerherz transplantiert. Fünf Jahre hatte sie auf das Organ gewartet: "Also angefangen hat es wahrscheinlich schon in meiner Kindheit, weil ich da immer mal umgekippt bin. Aber eigentlich haben sie sich da keine Gedanken gemacht. Weil es nach dem Umkippen eigentlich wieder gut ging." Die Herzkrankheit blieb unentdeckt, bis sie 2009 erneut zusammenbrach. Über Jahre bekam sie Medikamente und einen Defibrillator. Doch ihr Zustand verschlechterte sich. Sie entschied sich für ein künstliches Herz. Doch auch das machte Probleme: Keime drangen nach und nach in der Körper. 2019 kam sie erneut ins Krankenhaus. Die Lage war ernst: Ein echtes, ein Spenderherz musste her. Sie kam auf die Hochdringlichkeitsliste. Sie wartete jedoch noch acht Monate im Krankenbett. Eines Tages ging dann plötzlich die Tür auf und eine Ärztin sagte:

"Frau Kraus schnell die Koffer packen. Ihr Herz ist da!"

Doch als die Operation bereits vorbereitet war, die Hiobsbotschaft. Das Spenderherz passt nicht. Eine weitere Zerreißprobe für sie und die Familie. "Das war wie eine Achterbahnfahrt. Es ging rauf und immer weiter runter", erinnert sich Astrid. Erst drei Tage später bekam sie ein passendes Organ. Wer Astrid Kraus heute gegenübersitzt, sieht eine lebenslustige, eine strahlende Frau. Sie erzählt gerne von ihrer Geschichte. Sie hofft, damit auch helfen zu können, dass mehr Organe gespendet werden.

Ein Frauenherz für Harald

Harald Schwarzer, 72, sitzt in einem Café. In seinem Körper schlägt seit zehn Jahren das Herz einer Frau. Stöckelschuhe habe er seither aber nicht getragen, sagt er. Der Humor, in breitem Kurpfälzisch vorgetragen, überdeckt, dass er damals, vor 18 Jahren eigentlich mitten aus dem Leben gerissen wurde. Er sei wie jeden Tag Inliner gefahren. Dann kam er die Brücke nicht mehr hoch...Da war Harald Schwarzer 54. Es folgten Medikamente und ein Defibrillator, um das Herz wieder in den Rhythmus zu bringen. Zwei Jahre ging das gut. Dann kam er zum Kardiologen. Der sagte, er sei sofort fällig. Sechs Monate lang blieb er in der Uniklinik in Heidelberg. Das Herz wurde immer schwächer. Leistung vier bis 6 Prozent. "Da kannste Du gar nichts mehr machen", so Harald. Erst das Frauenherz brachte die Erlösung. Inliner fahren kann er heute zwar nicht mehr, aber immerhin schafft er bis zu 20 000 Schritte am Tag. Seine neue Kraft setzt er heute dafür ein, Menschen für die Organspende zu überzeugen.

Ein Thema am 08.04.2024 auf SR 3 Saarlandwelle in der Sendung "Guten Morgen".

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