Wenn niemand etwas von der Schwangerschaft wissen darf
Seit zehn Jahren haben Frauen in besonders schwierigen Lebenssituationen in Deutschland die Möglichkeit, ihr Kind anonym auf die Welt zu bringen. Diese "vertrauliche Geburt" wurde im Saarland seither neun Mal genutzt.
Mal ist es die Angst vor dem gewalttätigen Kindsvater, mal die vor der eigenen Familie, mal liegt eine wirtschaftliche oder psychische Abhängigkeit zugrunde: Manche werdende Mütter sind in solch großer Not, dass sie ihre Schwangerschaft selbst vor ihrem engsten Umfeld verheimlichen.
In Deutschland gibt es für solche Situation viele Hilfsangebote – ein Ausweg ist seit nunmehr zehn Jahren auch die "vertrauliche Geburt". Das entsprechende Gesetz trat am 1. Mai 2014 in Kraft.
Neun vertrauliche Geburten im Saarland
Im Saarland gab es seither neun vertrauliche Geburten. Bundesweit waren es knapp 1200. Für das saarländische Gesundheitsministerium ist es ein wichtiges Angebot im Spektrum der Hilfs- und Beratungsangebote für schwangere Frauen.
Bei einer vertraulichen Geburt werden nach einem Gespräch bei einer Beratungsstelle die Daten der Mutter aufgenommen und unter einem Pseudonym beim Bundesfamilienamt hinterlegt. Die Geburt selbst wird fortan nur noch unter diesem Pseudonym begleitet – angefangen beim Krankenhaus und der Hebamme, über das Jugendamt bis hin zum Standesamt, das die Geburtsurkunde ausstellt.
Nach der Geburt hat die Mutter bis zum gerichtlichen Adoptionsbeschluss Zeit, das Kind doch anzunehmen. Dieser Beschluss erfolgt laut dem Bundesfamilienministerium frühestens nach einem Jahr.
Mit 16 Jahren dürfen Kinder Herkunftsnachweis einsehen
Wird das Kind adoptiert, hat es ab seinem 16. Geburtstag die Chance, seinen Herkunftsnachweis einzusehen. Die Mütter werden dazu ermutigt, den Kindern in diesem Nachweis möglichst viele Informationen über ihre Herkunft und die Gründe mitzugeben, warum sich die Mutter für diesen Weg entschieden hat.
Mehr Anerkennung für Mütter
Angst und auch Scham sind aus der Erfahrung von Experten mit die häufigsten Gründe, warum sich Frauen für eine vertrauliche Geburt entscheiden. Und gerade auch wegen der Scham komme ein reguläres Adoptionsverfahren häufig nicht in Frage – da es in Teilen der Gesellschaft immer noch geächtet sei.
"Der Wunsch nach Anonymität ist oft nicht dem Kind gegenüber, sondern der Umgebung", betont Yvonne Fritz vom Sozialdienst katholischer Frauen gegenüber der dpa. Sie wünscht sich mehr Anerkennung für Frauen, die ihr Kind in gute Hände geben wollen.
Ähnlich sieht es auch Heike Pinne von Pro Familia. "Fast alle Frauen in der Beratung sagen: Das Wichtigste ist mir, dass es dem Kind gut geht", sagte Pinne. Zugleich würden sich viele als wahnsinnig schlechte Mütter fühlen. "Dabei sorgen sie dafür, dass ihr Kind an einen guten Ort kommt. Denen gebührt allerhöchster Respekt und nicht Stigmatisierung", so Pinne.