Wenige Migranten im Saarland erhielten Chancen-Aufenthalt
Im Saarland haben bis Ende Juli 2024 nur 184 ausreisepflichtige Ausländer über das Chancen-Aufenthaltsrecht eine längerfristige Bleibeperspektive angestrebt. Das Innenministerium führt das auf die insgesamt niedrige Zahl jahrelang Geduldeter im Saarland zurück.
Eine Chance auf eine dauerhafte Bleibeperspektive statt jahrelanger Unsicherheit durch Kettenduldung: Das wollte die Bundesregierung Ausländern ermöglichen, die rechtlich zwar ausreisepflichtig, in der deutschen Gesellschaft aber gut integriert sind.
Im Rahmen des neugeschaffenen Chancen-Aufenthaltsrechts kann einen Antrag stellen, wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 mindestens fünf Jahre geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gelebt hat und sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennt.
Die Antragsteller müssen innerhalb von 18 Monaten unter anderem nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig bestreiten können und hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Ausgeschlossen sind Straftäter und Menschen, die wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht haben.
Nur 184 erfolgreiche Anträge im Saarland
Im Saarland haben bundesweit die wenigsten Menschen einen entsprechenden Antrag gestellt. Bis Ende Juli 2024 hätten 184 Personen eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht erhalten, schreibt das saarländische Innenministerium auf SR-Anfrage und beruft sich dabei auf die Zentrale Ausländerbehörde. Die erfolgreichen Antragsteller stammen demnach am häufigsten aus dem Irak, Serbien, der Türkei und Nigeria.
Im Bundesland mit den zweitwenigsten erfolgreichen Anträgen, Bremen, wurden mindestens 450 Anträge bewilligt. Deutschlandweit waren es insgesamt rund 70.000, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervorgeht.
Nur wenige langjährige Geduldete im Saarland
Das saarländische Innenministerium erklärt die geringe Zahl mit der insgesamt niedrigen Zahl an geduldeten Personen im Saarland. Zum Stichtag des Gesetzes hätten nach Auskunft der Zentralen Ausländerbehörde 421 geduldete Ausreisepflichtige mit einer Aufenthaltsdauer von über fünf Jahren im Saarland gelebt. Im Sommer 2024 seien es noch 380 Personen.
Als Grund für die geringe Zahl Geduldeter im Saarland wiederum vermutet das Innenministerium die Nationalität der Flüchtlinge und den starken Zugang seit 2015. Seitdem seien im Saarland überwiegend Syrer aufgenommen worden, die über das Asylverfahren ein Bleiberecht erhalten hätten.
Flüchtlingsrat bezweifelt Argumentation
Der saarländische Flüchtlingsrat kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Schließlich seien Flüchtlinge aus Syrien nicht nur im Saarland, sondern deutschlandweit in jenen Jahren in der Mehrzahl gewesen.
Flüchtlingsratsvorstand Tobias Schunk attestiert Innenminister Reinhold Jost (SPD) vielmehr einen "politischen Unwillen", da dieser stark auf Abschiebung setze. Zudem gebe es in der Ausländerbehörde eine teilweise "Dysfunktionalität" aufgrund Personalmangels. Dadurch könne es passieren, dass entsprechende Hinweise auf das Chancen-Aufenthaltsrecht für betroffene Personen ausblieben.
Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Hörfunk am 09.08.2024 berichtet.