Martin Welker bei einem Interview (Foto: SR)

Welker behauptet, Bestechungsgerüchte selbst erfunden zu haben

mit Informationen von Thomas Gerber   02.05.2023 | 17:17 Uhr

Im Skandal um die mutmaßliche Abgeordnetenbestechung im Saarbrücker Stadtrat gibt es eine überraschende Wende. In einer Stellungnahme erklärt Ex-GIU-Chef Martin Welker nach SR-Informationen, dass er die Geschichte von dem angeblichen Stimmenkauf erfunden hat.

Über den ehemaligen GIU-Chef Martin Welker waren in den letzten Jahren schon allerlei kuriose Dinge berichtet worden: Von einem ominösen Geldkoffer, der auf seinem Dachboden aufgetaucht war, über einen Waffenfund in seinem Tresor bis zu einem Porsche, der einem befreundeten Bauunternehmers gehörte und auf Welkers Kanzleigelände stand.

Nun gibt es eine neue, abenteuerlich anmutende Story: Bei der mutmaßlichen Bestechung der beiden Ratsmitglieder von "Die Partei" soll es sich um ein von ihm gezielt gestreutes, haltloses Gerücht gehandelt haben. Also keine Abgeordnetenbestechung sondern eine Finte, um es den beiden Satirepolitikern "mit gleicher Münze heimzuzahlen". Das zumindest gibt Welker in einer Stellungnahme an, die er anlässlich der jüngsten GIU- Aufsichtsratssitzung verfasst hatte und die dort auch verlesen worden war.

Immer wieder sei er von ihnen in deren Fraktionszeitschrift "UWE" durch den Kakao gezogen und mit "Dreck" beworfen worden. Er habe keine andere Möglichkeit gesehen sich zu wehren. In seiner Stellungnahme soll sich Welker als Opfer einer Diffamierungskampagne dargestellt haben.

"Angetrunkene Herren, die sich lustig machten"

Zudem schilderte Welker offenbar auch die Entstehungsgeschichte seiner angeblichen Finte: Nach der Stadtratssitzung im Juli vergangenen Jahres, bei der es die überraschende Mehrheit für die Erweiterung der Fußgängerzone gegeben hatte, habe er einen Empfang für den Stadtrat im Ludwigsparkstadion organisieren müssen. Dabei sei er auf zwei "angetrunkene Herren" getroffen, die sich über ihn lustig gemacht hätten.

Es handelte sich ganz offensichtlich um die beiden Ratsmitglieder Michael Franke und Sven Sonnhalter von "Die Partei". Nachdem die ihm erklärt hätten, dass sie mit ihrer Berichterstattung im "UWE" eigentlich nicht ihn, sondern OB Uwe Conradt meinten, sei ihm vorgeschlagen worden, doch für 800 Euro eine Anzeige in der Fraktionszeitschrift zu schalten. Man werde dann "positivst" über ihn berichten. Da man aber keine bezahlten Anzeigen in der steuerfinanzierten "UWE" schalten dürfe, werde man einfach eine leere Seite drucken.

Aus Scherz Ernst gemacht?

Welker soll in seiner Stellungsnahme zwar eingeräumt haben, dass er dieses Angebot als einen Scherz bewertet habe. Auf dem Nachhauseweg aber sei ihm dann bereits die Idee gekommen, aus dem Scherz quasi Ernst zu machen. Er habe den beiden Herren einen "Denkzettel" verpassen wollen und ihnen den Stimmenkauf untergeschoben.

Gegenüber mehreren Personen habe er die Geschichte gestreut. Insbesondere seinem Co-Geschäftsführer Heinz-Peter Klein habe er erzählt, dass er für die Mehrheit für eine Erweiterung der Fußgängerzone gesorgt und die beiden Ratsmitglieder von "Die Partei" mit 800 Euro für eine leere Seite im "UWE" bestochen habe.

Klein habe er ausgewählt, weil der nicht nur Geschäftsgeheimnisse an die Presse durchstecke, sondern auch jeden noch so hanebüchenen Unsinn "weitertratsche".

Welker bestätigt Angaben

Gegenüber dem SR bestätige Welker den Inhalt seiner Stellungnahme. Er habe es nicht für möglich gehalten, dass die Medien und auch die Staatsanwaltschaft darauf hereinfallen könnten. Wenn er tatsächlich jemanden bestochen hätte, dann hätte er das nicht auch noch rumerzählt. Für die Geschichte vom angeblichen Stimmenkauf aber übernehme er die volle Verantwortung, nicht aber für deren Folgen.

Franke: "Viel Unsinn gesprochen"

Ratsmitglied Michael Franke von "Die Partei" bestätigte auf SR-Anfrage, dass er Welker tatsächlich auf dem Empfang im Stadion getroffen hat. Dabei sei - wie üblich - viel Unsinn gesprochen worden. Was genau konnte Franke nicht mehr erinnern. Die jetzt von Welker vorgelegte Erklärung zur mutmaßlichen Abgeordentenbestechung will Franke gemeinsam mit seinem Anwalt prüfen.

Blüht ihm ein weiteres Verfahren?

Martin Welker könnte also ein weiteres Strafverfahren blühen - dieses Mal möglicherweise wegen falscher Verdächtigung. Wobei der Jurist Welker dies selbst ausschließt. Von der angeblichen Bestechung habe er ja nicht in aller Öffentlichkeit erzählt.

Allerdings: So hanebüchen die Bestechung ausgerechnet der beiden Satirepolitiker geklungen hatte: sie hatte die Generalstaatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Vor zwei Wochen hatten Spezialermittler der Polizei die Fraktionsräume von "Die Partei" im Rathaus durchsucht.

Welker selbst betonte, dass er bisher zu den Vorwürfen weder von der Staatsanwaltschaft noch der Polizei befragt worden sei. Den Vorwurf der Bestechung beziehungsweise der Bestechlichkeit hatten er, Franke und Sonnhalter von Anfang an zurückgewiesen.

Die Partei sieht Unschuld bestätigt

Nach den neuen Aussagen von Welker fühlen sich die beiden beschuldigten Ratsmitglieder von "Die Partei" entlastet. Nach Rücksprache mit ihren Anwälten äußerten sie sich gegenüber dem SR: "Wir, Die Fraktion Saarbrücken, (…) waren von den Ermittlungen gegen uns überrascht und sehen unsere Unschuld nach der Aussage von Herrn Welker bestätigt."

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