Mindestens 4500 Menschen im Saarland nicht voll krankenversichert

Wer krank ist, geht zum Arzt, zeigt sein Versicherungskärtchen und bekommt Hilfe. Aber wie machen das eigentlich Menschen in Deutschland, die nicht versichert sind? Mindestens 4500 Saarländerinnen und Saarländer können derzeit nur eine sehr eingeschränkte Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen.

Seit 2009 müssen eigentlich alle Menschen in Deutschland, egal ob gesetzlich oder privat, bei einer Krankenkasse versichert sein. Die Realität sieht allerdings anders aus: Bundesweit sind laut Mikrozensus rund 60.000 Menschen nicht krankenversichert.

Geld reicht nicht mehr aus

Besonders wohnungslose Menschen und Personen ohne legalen Aufenthaltstitel, aber auch Menschen aus EU-Staaten wie Rumänien und Bulgarien haben oft keine Versicherung – letztere, weil sie in ihrem Heimatland schon keine hatten. Eigentlich gibt es dafür eine europäische Krankenversicherung. Die greift allerdings nur, wenn die Menschen davor schon versichert waren.

Außerdem sind immer mehr Menschen nur eingeschränkt versichert, weil sie Beitragsschulden bei ihrer Kasse haben. Das betrifft auch häufig Selbstständige, die ihre private Krankenversicherung nicht mehr zahlen können.

Die Ursachen dafür sind vielfältig – in den vergangenen Jahren haben häufig die Corona-Krise und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine dazu geführt, dass bei immer mehr Menschen das Geld nicht mehr für die Krankenversicherung reicht.

Zwei Monate Rückstand reichen aus

Diese Menschen können dann auch nicht einfach so zum Arzt gehen. Wer seine Beiträge mehr als zwei Monate nicht zahlt, ist von „Leistungsruhen“ betroffen. Die drei größten Krankenversicherungen im Saarland – AOK, Barmer und IKK Südwest – melden aktuell 4500 Fälle.

Einer von ihnen ist Rainer Amann. „Irgendwann hoffe ich, nochmal genug Geld zu haben, um mir einen Anwalt und Steuerberater zu holen, um das alles mal zu klären im Nachhinein. Dafür braucht man aber erst einmal Geld“, sagt er.

Anfang mit der Insolvenz

Doch dieses Geld fehlt Amann. Er hat seit Jahren Probleme mit seiner Krankenversicherung. Angefangen habe es bei ihm damit, dass seine Firma insolvent gegangen sei, erzählt er.

Damals ging bei ihm alles drunter und drüber. „Mein Vater war schwer krank, meine Großtante hier im Haus war schwer krank. Und ich habe mich eigentlich um die gekümmert, bis beide gestorben sind, und hatte eigentlich von ihrem Geld gelebt.“

62.000 Euro Schulden

Das habe ausgereicht, so Amann. Um die Einkommenssteuer machte er sich nicht weiter Gedanken. „Die IKK hat sich dann die Unterlagen vom Finanzamt geholt, und die haben mich relativ hoch eingestuft. Die IKK hat mich dann auf den Höchstsatz eingesetzt für die Krankenversicherung.“

Die Folge: ein riesiger Schuldenberg bei der Versicherung, von 2015 bis 2023 rund 62.000 Euro. Und sein Antrag auf Bürgergeld ist noch nicht genehmigt.

Nur noch unbedingt notwendige Behandlungen

Seit 2015 ist Amann nur noch eingeschränkt versichert. Wer Beitragsschulden bei seiner Krankenkasse hat, bekommt nur noch bestimmte, unbedingt notwendige Behandlungen. Schutzimpfungen oder die Prophylaxe beim Zahnarzt zum Beispiel werden dann nicht mehr übernommen.

Betroffene Versicherte können erst dann wieder alle Leistungen nutzen, wenn sie ihre Schulden komplett bezahlt oder eine Ratenzahlung mit ihrer Kasse vereinbart haben. So lange bekommen sie auch keine Versichertenkarte, sondern müssen sich alle paar Monate einen Nachweis von ihrer Kasse besorgen.

„Wie ein Mensch zweiter oder dritter Klasse“

„Also ich kann nicht normal zum Arzt gehen für normale Sachen oder so“, sagt Amann. „Ist halt immer problematisch mit dem Schein. Ich war letztens im Krankenhaus zur Bauchspeicheldrüsen-Untersuchung. Die gucken dann immer erst einmal ewig nach, und man fühlt sich einfach wie ein Mensch zweiter oder dritter Klasse.“

Wie viele Krankenkassen mit diesem Vorgehen wirklich einsparen, ist fraglich. Denn im Zweifel entstehen sogar größere Kosten für die Gesellschaft, wenn ein Patient lange Zeit nicht zum Arzt geht und eine Erkrankung verschleppt.

In der „Praxis medizinische Grundversorgung“ im Haus der Diakonie in Saarbrücken können sich Menschen ohne Krankenversicherung behandeln lassen. Sie wird von der Diakonie Saar und der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland getragen.

SR-Reporterin Katja Hackmann hat eine Sprechstunde der Praxis begleitet. Was sie dort erlebt hat, hören Sie am Sonntag, 24. März, um 12.30 Uhr in Land & Leute auf SR 3 Saarlandwelle. Im Anschluss ist das Feature auch im SR 3 Podcast und in der ARD Audiothek abrufbar.

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