Ist der saarländische Transformationsfonds zu retten?

Entspricht der saarländische Transformationsfonds dem Grundgesetz? In seiner gegebenen Form zumindest nicht, da sind sich Verfassungsrechtler und Ökonomen einig. Dass geplante Anpassungen daran etwas ändern, auch daran zweifeln viele.

Das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Klimafonds des Bundes hat Schockwellen ausgelöst, die auch den saarländischen Transformationsfonds erfasst haben. Dass der in seiner ursprünglichen Fassung nicht verfassungskonform ist, hat die Landesregierung bereits mehr oder weniger eingestanden und Anpassungen angekündigt.

Künftig soll der Landtag jedes Jahr aufs Neue die "außergewöhnliche Notsituation" erklären, die die Landesregierung mit dem Energiepreisschock infolge des Ukraine-Kriegs, der eine Beschleunigung der Transformation der Saar-Wirtschaft nötig macht, begründet hat. Denn das ist die Voraussetzung für die Aufnahme und Verwendung von Krediten.

Doch reicht das? Oder hat der Fonds größere Mängel, die seine Verfassungsmäßigkeit grundsätzlich infrage stellen? Mit dieser Frage hat sich am Dienstag der Haushaltsausschuss des Landtags in einer Sondersitzung befasst, zu der eine Reihe von Experten aus Recht und Wirtschaft geladen waren.

Rechnungshof hält Fonds für verfassungswidrig

Zunächst begründete der Landesrechnungshof ausführlich, warum der saarländische Transformationsfonds aus seiner Sicht in der gegebenen Form "verfassungswidrig" ist.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse müssten Kredite gemäß der Prinzipien der Jährigkeit und Jährlichkeit im gleichen Jahr aufgenommen und ausgegeben werden, in dem auch eine Notlage festgestellt wurde. Kreditermächtigungen auf Vorrat, wie sie der auf zehn Jahre angelegte Fonds vorsieht, seien unzulässig.

Das Vorhaben der Landesregierung, den Fonds dahingehend anzupassen, dass der Landtag jedes Jahr aufs Neue eine Notsituation feststellen soll, bewertet der Rechnungshof als "riskant". Die Hürden würden von Jahr zu Jahr höher, das sei über zehn Jahre schwer planbar.

Fonds in Gänze verfassungswidrig?

Sollte es der Landesregierung aber gelingen, die Notlagenbegründung gemäß dem Urteil des Verfassungsgerichts jährlich zu erneuern, könne der Fonds auch weiterhin bestehen, lautete die Einschätzung von Armin Steinbach, Ökonomieprofessor in Paris. Der Zusammenhang mit den damit finanzierten Transformationsprojekten sei aus seiner Sicht durchaus darstellbar.

Ganz anders sah das der Verfassungsrechtler Christoph Gröpl von der Universität des Saarlandes. Für ihn stellt das Verfassungsgerichtsurteil den Fonds in Gänze infrage. Laut Gröpl folgen aus dem Urteil neben dem Jährlichkeitsgebot zwei entscheidende Anforderungen an Kreditaufnahmen im Rahmen der Schuldenbremse: Liegt tatsächlich eine Notlage vor, und dienen die Kredite der Bekämpfung der Notlage?

Gröpl verneinte beide Fragen: "Wir haben keine Notlage. Der Ukraine-Krieg findet 2000 Kilometer weit weg statt. Den Energiepreisschock gab es, aber hat sich nicht erheblich auf den Landeshaushalt ausgewirkt. Und darauf kommt es an."

Auch die Vorhaben, die aus dem Transformationsfonds finanziert werden sollen, etwa eine Nachfolgeregelung für das Ford-Gelände oder die Umstellung der saarländische Stahlindustrie auf "grüne" Energie, stünden nicht in Zusammenhang mit dem Krieg, der die "behauptete Notlage" ausgelöst habe, so Gröpl.

Seine Folgerung darum: Aus seiner Sicht ist der im Haushalt 2022 eingerichtete Transformationsfonds verfassungswidrig und nichtig. Damit sei der Kredit-Finanzierung von Klima-Projekten, die er "politisch" als durchaus sinnvoll bezeichnete, die rechtliche Grundlage entzogen. Entscheiden könne darüber letztlich aber nur ein Gericht, sofern die Landesregierung an dem Fonds festhalte.

"Der Transformationsfonds muss umgebaut werden"

Zeitlicher und finanzieller Umfang fraglich

Davon riet ihr der Volkswirtschaftler Jan Schnellenbach von der Uni Cottbus deutlich ab. "Formal" könne durch die geplante Anpassung mit der jährlichen Landtagsentscheidung dem Jährlichkeitsprinzip zwar entsprochen werden. Inhaltlich sei es aber sehr zweifelhaft, ob die Notlage über zehn Jahre rechtlich sicher begründet werden könne.

Zudem sei die Verbindung zwischen der Notlage und den Transformationsprojekten schon vor dem Urteil problematisch gewesen, danach gelte es umso mehr. Schnellenbach hielt es insgesamt für fraglich, ob der Fonds in seinem zeitlichen wie finanziellen Umfang Bestand haben könne.

In eine ähnliche Richtung gingen auch die Stellungnahmen des Passauer Staatsrechtlers Till Valentin Meickmann, des Hamburger Wirtschaftsprofessors Dirk Meyer, des Berliner Rechtswissenschaftlers Alexander Thiele und des Karlsruher Volkswirtschaftlers Berthold Wigger.

Kann der Fonds "repariert" werden?

Eine etwas andere Position präsentierte der Münchner Staatsrechtler Stefan Korioth, auf dessen verfassungsrechtliches Gutachten sich die Landesregierung bei der Einrichtung des Transformationsfonds unter anderem berufen hat. Das Verfassungsgericht hätte zum Veranlassungszusammenhang zwischen Notlage, Kreditaufnahme und Mitteleinsatz nichts grundsätzlich Neues gesagt. Die entsprechenden Bedingungen seien beim saarländischen Transformationsfonds aus seiner Sicht auch erfüllt.

Allerdings habe das Verfassungsgericht bei der Jährlichkeit einen strengen Maßstab angelegt. Wenn das berücksichtigt werde, könne der Transformationsfonds auch "repariert" werden, so seine Einschätzung. Diese wurde auch vom Düsseldorfer Ökonomieprofessor Jens Südekum geteilt, der noch die Notwendigkeit des Fonds für die saarländische Wirtschaft betonte.

"Copy and Paste funktioniert nicht"

Damit würde der Plan von Finanzminister Jakob von Weizsäcker (SPD) aufgehen. Der sagte im SR-Gespräch am Rande der Sitzung, mit den angekündigten Änderungen sei die Landesregierung auf der richtigen Spur.

Auch er habe aber natürlich zur Kenntnis genommen, dass bei der Begründung der Notsituation ein schlichtes "Copy and Paste nicht funktioniert". Er erwarte darum, dass der Landtag der Landesregierung aufgibt, jährlich einen Fortschrittsbericht vorzulegen, wo man bei der Umsetzung der Transformation stehe.

Ob die CDU da mitzieht, oder ob die größte Oppositionspartei gegen den Fonds sogar vor Gericht zieht, darüber soll gegebenenfalls ein Landesausschuss der Partei entscheiden. Ein Fraktionssprecher sagte, im Vordergrund stünde für die CDU-Fraktion, die Mittel für die Transformation der Saar-Wirtschaft auf rechtssichere Füße zu stellen. Eine Klage sei die Ultima Ratio.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 05.12.2023 berichtet.

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