Der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) sitzt vor Beginn des Prozesses wegen Untreue im Landgericht.  (Foto: dpa/Oliver Dietze)

Schneidewind entschuldigt sich vor Gericht

Thomas Gerber / Onlinefassung: Sandra Schick   29.01.2019 | 13:00 Uhr

Der Homburger Oberbürgermeister Schneidewind hat sich vor Gericht für die Überwachung städtischer Mitarbeiter entschuldigt. Vor dem Landgericht Saarbrücken sagte der SPD-Politiker, er habe damals gedacht, es sei der richtige Weg, um Missstände aufzudecken. Schneidewind muss sich wegen Untreue verantworten.

Rund 80 Minuten lang erklärte Schneidewind vor Gericht seine Sicht der Dinge. Dabei räumte er zunächst unumwunden Fehler ein. Die Vorgänge belasteten und beschämten ihn bis heute. Für den eigenmächtig erteilten kostspieligen Detektivauftrag entschuldigte sich Schneidewind gleich mehrfach bei den überwachten Mitarbeitern, der Bevölkerung und auch dem Stadtrat, den er mit seiner Entscheidung damals übergangen habe.

In einem zweiten Teil versuchte der 50-Jährige dann, seine Fehler zu relativieren. Er sprach von zahllosen Hinweisen auf eine mutmaßliche Holzmafia, die im städtischen Forst angeblich ihr Unwesen treibe und in die eigene Tasche wirtschafte. Zudem habe sein Amtsvorgänger, CDU-Mann Karlheinz Schöner, die Missstände teilweise mit zu verantworten. So seien auf dessen Anordnung im Baubetriebshof weder Fahrtenbücher noch Rapportzettel geführt worden.

Anklage: Wochenlange Überwachung

Video [aktueller bericht, 29.01.2019, Länge: 1:35 Min.]
Prozessauftakt gegen Homburger Oberbürgermeister

Laut Anklage ließ der Oberbürgermeister Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs Ende 2015 wochenlang von Detektiven überwachen, ohne den Stadtrat zu informieren. Sieben Wochen lang hatte Schneidewind Mitarbeiter des Baubetriebshofs teilweise auch in deren Freizeit observieren lassen. Am Stadtrat vorbei hatte er die Detektei Kocks Confidence beauftragt, die der Stadt knapp 330.000 Euro in Rechnung stellte. Davon sind 260.000 Euro bereits beglichen - über den Rest wird vor dem Düsseldorfer Landgericht gestritten.

Trotz intensivster Observation der Zielpersonen konnten nur minimale Verstöße aufgedeckt werden, wie zu lange Pausen im Minutenbereich. Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Fall von Kompetenzüberschreitung und Steuergeldverschwendung, wobei sie den strafrechtlich relevanten Schaden nur auf 100.000 Euro beziffert.

Entschädigung für überwachte Mitarbeiter

Offenbar ist Schneidewind zu einem Täter-Opfer-Ausgleich bereit. Schneidewinds Anwalt zitierte aus einem Schreiben an die drei observierten Bauhofmitarbeiter, wonach Schneidewind sich gerne persönlich bei ihnen entschuldigen wolle.

Gestern war bekannt geworden, dass den drei Betroffenen vom Arbeitsgericht bereits Schmerzensgeld zwischen 5.000 und 6.000 Euro zugesprochen worden ist. Dies wurde von der Stadt beglichen. Durch die Observation waren ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Das Landesdatenschutzzentrum hat gegen Schneidewind 1500 Euro Bußgeld verhängt, zudem drohen ihm Regressforderungen durch den Stadtrat.

Über dieses Thema wurde auch in den SR-Hörfunknachrichten vom 29.01.2019 berichtet.

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