Eine Bewohnerin geht mit ihrem Rollator über den Flur eines Alten- und Pflegeheims (Foto: picture alliance/dpa | Jens Büttner)

Pflegeheimplatz im Saarland ist deutlich teurer geworden

  19.01.2023 | 14:22 Uhr

Pflegebedürftige in Heimen im Saarland müssen trotz neuer Entlastungszuschläge immer mehr aus eigener Tasche bezahlen. Der Eigenanteil stieg im Schnitt zwischen 168 und 318 Euro monatlich. Bundesweit zahlen Saarländerinnen und Saarländer mit am meisten.

Zum Stichtag 1. Januar 2023 mussten Pflegebedürftige in saarländischen Heimen im ersten Jahr im Schnitt einen Eigenanteil von 2782 Euro pro Monat zahlen. Das sind trotz neuer Entlastungszuschläge 318 Euro mehr als noch ein Jahr zuvor, ergab eine neue Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK).

Das ist der höchste Eigenanteil im Vergleich aller Bundesländer. Bundesweit lag der Betrag zu Jahresbeginn durchschnittlich bei 2411 Euro pro Monat - 278 Euro mehr als Anfang 2022.

Anstieg durch höhere Ausgaben und Tarifpflicht

Hintergrund dafür sind nach VDEK-Angaben unter anderem gestiegene Ausgaben für Lebensmittel und vor allem höhere Personalkosten infolge einer seit dem 1. September greifenden Tarifbezahlungspflicht. Schon Mitte vergangenen Jahres hatte der Sozialverband VdK im Saarland gewarnt, dass die Pflegeheimkosten deutlich steigen könnten.

Der Sozialverband macht deswegen auch die Landesregierung mitverantwortlich für die hohen Zuzahlungen. Sie habe zu wenig Initiative ergriffen, die Selbstbeteiligung zu begrenzen. Der VdK fordert die Landesregierung nun auf, eine Bundesratsinitiative für eine umfassende Pflegereform anzuschieben, bei der pflegebedürftige Heimbewohner nur noch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bezahlen sollen.

Sie könne zudem kurzfristig für Entlastung sorgen, indem sie ihrer gesetzlichen Aufgabe nachkomme, für die anfallenden Ausbildungs- und Investitionskosten aufzukommen.

Entlastungszuschläge steigen

Gedämpft werden die Kosten für einen Heimplatz durch Entlastungszuschläge, die mit jedem Jahr steigen. Aber auch mit dem höchsten Zuschlag, den es ab dem vierten Jahr im Heim gibt, stieg die Zuzahlung im Saarland auf nun 1942 Euro pro Monat. Das waren 168 Euro mehr als zum 1. Januar 2022. Ohne Zuschläge wären es im Schnitt für pflegebedürftige Heimbewohner im Saarland inzwischen 2847 Euro Eigenbeteiligung. Das sind 330 Euro mehr als zum 1. Januar 2022.

Ausbildungskosten noch nicht mit eingerechnet

In der Berechnung des VDEK enthalten ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung - anders als die Krankenversicherung trägt die Pflegeversicherung nämlich nur einen Teil der Kosten. Hinzu kommen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen. Nicht miteinbezogen wurde die Ausbildungsumlage beziehungsweise individuelle Ausbildungskosten. Die tatsächlichen Kosten dürften also noch höher liegen.

Der zwei Mal jährlich vom VDEK ermittelte Eigenanteil ist ein Durchschnittswert - die tatsächlichen Kosten in einem Heim können höher oder niedriger liegen. Konkretere Infos zu den jeweiligen Heimen gibt es unter www.pflegelotse.de.

Weiterer Anstieg der Kosten erwartet

Der VDEK geht zudem davon aus, dass die Kosten noch weiter steigen werden. "Mit der Einführung eines bundesweit einheitlichen Personalbemessungsinstruments ab 1. Juli 2023 sind höhere Löhne und damit weitere Kostensteigerungen zu erwarten", sagt der Leiter der VDEK-Landesvertretung Saarland, Martin Schneider.

Die Tarifbindung und das neue Personalbemessungsinstrument seien zwar beide wichtig, müssen aber auch finanziert werden. "Die Beitragszahlenden allein könnten das nicht stemmen." Schneider fordert eine "Pflegereform aus einem Guss" - etwa mit fest verankerten Steuerzuschüssen und zudem die Bereitschaft der Länder, die Investitionskosten zu übernehmen.

Entlastungszuschlag steigt mit jedem Jahr

Seit Anfang 2022 gibt es neben den Zahlungen der Pflegekasse einen Entlastungszuschlag, der mit der Pflegedauer steigt. Der Eigenanteil nur für die reine Pflege sinkt so im ersten Jahr im Heim um fünf Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent.

Für die Analyse hat der Verband der Ersatzkassen Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit den Heimen in allen Bundesländern ausgewertet. Die Daten beziehen sich auf Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5.

Tausende neue Pflegekräfte in den nächsten Jahren benötigt

Im Saarland galten laut der amtlichen Pflegestatistik Ende 2021 rund 70.000 Männer und Frauen als pflegebedürftig. Die allermeisten davon werden zuhause gepflegt - überwiegend durch Angehörige. Vollstationär in einem Pflegeheim untergebracht waren rund 11.500 Männer und Frauen.

Modellrechnungen gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen aufgrund der alternden Bevölkerung steigen wird. Zudem gehen viele Pflegekräfte in den kommenden Jahren in Rente, so dass bis zu 8000 Vollzeitstellen in der Pflege neu besetzt werden müssen. Aus Sicht von Gewerkschaft, Arbeitskammer und Pflegegesellschaft sind hierfür stärkere Anstrengungen nötig, um ausreichend Personal zu gewinnen.


Weitere Themen im Saarland


Umfrage zum 60. Élysée-Jubiläum
Wie Lothringer und Saarländer auf ihr Verhältnis schauen
Die saarländisch-lothringische Grenzregion ist ein Kerngebiet der deutsch-französischen Freundschaft. Deren Zustand bewerten ähnlich viele Bewohnerinnen und Bewohner auf beiden Seiten als gut. Doch eine Infratest-Umfrage im Auftrag des SR fördert auch Unterschiede zutage.


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja