Bund und Länder einigen sich in Asylfragen

Nach monatelangem Streit haben Bund und Länder eine Einigung bei der Aufteilung der Flüchtlingskosten erzielt. Künftig wird es eine Pro-Kopf-Pauschale vom Bund und geringere Leistungen für Asylsuchende geben. Zudem sollen ihre Verfahren beschleunigt werden. Zuvor hatten auch die saarländischen Kommunen immer wieder auf ihre schwierige Lage aufmerksam gemacht.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sprach nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin von „intensiven Diskussionen“ und einem „vernüftigen Kompromiss“. Nach stundenlangen Verhandlungen hatten sich Bund und Länder zuvor auf die künftige Finanzierung der Kosten für Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge geeinigt.

Länder und Kommunen sollen entlastet werden, indem der Bund mehr Geld gibt und bei der Versorgung der Schutzsuchenden gespart wird. Zuvor hatten die Bundesländer ein Umlenken in der Migrationspolitik gefordert. Immer wieder hatten auch saarländische Kommunen auf ihre schwierige Lage und Kapazitätsgrenzen hingewiesen.

Reduzierung der Sozialleistungen

Beim Treffen in Berlin vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder nun, dass der Bund ab 2024 pro Schutzsuchendem künftig eine Pauschale von 7500 Euro zahlt. Gleichzeitig sollen die Sozialleistungen für Flüchtlinge reduziert werden, um Geld zu sparen.

Demnach sollen Asylbewerber im laufenden Verfahren, die bislang nach 18 Monaten Anspruch auf Bürgergeld haben, künftig doppelt so lange, nämlich 36 Monate, nur die abgesenkten Asylbewerberleistungen erhalten. Dafür soll das Asylbewerberleistungsgesetz geändert werden.

Zudem sollen anerkannte Schutzberechtigte, Flüchtlinge aus der Ukraine und Geduldete nach Ablauf dieser Zeit künftig zur Verpflegung „nur diejenigen Leistungen erhalten, die sie wirklich benötigen“, wenn sie in Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung untergebracht sind. Eine entsprechende Änderung des Sozialgesetzbuchs strebt der Bund dem Beschlusspapier zufolge zum kommenden Jahr an.

Einsparungen in Milliardenhöhe

Der 17-seitige Beschluss des Bund-Länder-Treffens zur Flüchtlingspolitik enthält zudem die von einigen Ländern geforderte Bezahlkarte für Flüchtlinge. Zuständig für die Einführung sind demnach die Länder. Der St. Wendler Landrat und Vorsitzende des Landkreistages, Udo Recktenwald (CDU), hatte am Dienstagabend im SR Kritik an der Bezahlkarte geübt. In den Kommunen lebten in erster Linie anerkannte Flüchtlinge, die Bürgergeld erhielten. Die Umstellung auf die Bezahlkarte sei zu aufwendig. Recktenwald plädierte dafür, stattdessen die sozialen Standards für Flüchtlinge generell zu reduzieren.

Patrik Lauer: "Die Beschlüsse haben eine wichtige Signalwirkung"

Der Bund rechnet durch diese Änderungen mit Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro für Länder und Kommunen, auch weil Schutzsuchende, die nur Asylbewerberleistungen beziehen, kaum Anspruch auf Gesundheitsleistungen haben. Zusammen mit der künftigen Pro-Kopf-Pauschale des Bundes würden Länder und Kommunen im kommenden Jahr insgesamt in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro entlastet, heißt es im Papier.

Toscani: „Ingesamt zu wenig“

Immer wieder hatten die Kommunen im Saarland zuvor auf die schwierige Lage aufmerksam gemacht. Für die CDU-Fraktion im saarländischen Landtag geht die Bund-Länder-Einigung noch nicht weit genug. „Das sind immerhin erste Schritte in die richtige Richtung, insgesamt aber zu wenig für eine echte Wende in der Flüchtlingspolitik. Das ist ein Zwischenergebnis, aber noch lange kein historischer Moment“, sagte Fraktionschef Stephan Toscani.

„Finanziell mehr als ein kleiner Schritt“

Der Landrat von Saarlouis, Patrick Lauer (SPD), betonte im SR-Interview, finanziell seien die Beschlüsse „mehr als ein kleiner Schritt“. Man habe die Hoffnung, dass mit dem Geld, das der Bund nun zur Verfügung stelle, die Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge stemmen zu können.

Mit Blick auf die künftige Reduzierung der Sozialleistungen für die Geflüchteten sprach Lauer von einer Signalwirkung für die Menschen aus den Herkunftsländern. „Nämlich: Ja, der deutsche Staat ist bereit für die politisch verfolgten Menschen Verantwortung zu übernehmen. Aber der deutsche Staat macht auch deutlich, dass er keine Geldleistungen mit dem Füllhorn ausschütten wird“, so Lauer.

Viele Fragen offen

Die kommunalen Spitzenverbände haben die Einigung grundsätzlich begrüßt. Allerdings seien noch viele Fragen offen. Es sei ein positives Zeichen, dass Bund und Länder Handlungsfähigkeit bewiesen hätten, so der Geschäftsführer des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, Stefan Spaniol.

Es seien wichtige Schritte, es sei aber ebenso klar, dass sie für eine substanzielle Entlastung der Kommunen nicht ausreichen werden. Der Wechsel auf ein sogenanntes atmendes System von 7500 Euro pro Geflüchtetem sei richtig, so Spaniol. Das Geld müsse aber auch bei den Kommunen ankommen.

Insgesamt seien aber nach der Ministerpräsidentenkonferenz immer noch viele offene Fragen, beispielsweise auch was die geplanten Bezahlkarten und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand angehe.

Flüchtlingsrat kritisiert Beschlüsse

Deutliche Kritik an den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz kommt vom saarländischen Flüchtlingsrat. Die Einführung einer Bezahlkarte führe etwa nur zur mehr Verwaltungsaufwand bei den Kommunen. Tobias Schunk vom saarländischen Flüchtlingsrat sprach im SR-Interview von „Scheinlösungen, die nicht dazu führen, dass weniger Menschen nach Deutschland kommen“.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 07.11.2023 berichtet.

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