"Vertrauen verspielt und Veranwortung verweigert"
Kommentar zum Ende der Ampel in Berlin
Vertrauen und Verantwortung – diese Worte werden seit Dienstagabend inflationär von allen gescheiterten Ampelanern gebraucht. Ganz so, als wäre ihnen nicht klar, dass sie ersteres – Vertrauen– längst verspielt, weil sie letzteres – Verantwortung – schon lange verweigert haben. Der Kommentar von SR-Landespolitikchefin Diana Kühner-Mert.
Dass die Ampel aus ist, ist richtig. Den Zeitpunkt dafür hätte man aber schlechter nicht wählen können. Statt Orientierung zu geben am Tag der US-Wahl, deren Ausgang so viele verunsichert, stürzen Scholz, Lindner, Habeck das Land ausgerechnet an diesem Tag weiter ins Chaos.
Warum nicht vor einem Jahr? Warum nicht vor einem halben? Auch da hatte diese Konstellation längst keine gemeinsame Vision mehr. Schlimmer noch. Sie hatte die, für die sie verantwortlich gewesen wären, aus dem Blick verloren: Zigtausend Menschen bangen derzeit um ihre Jobs, um ihre Existenz – im Saarland ganz besonders.
Kein einziges verständnisvolles Wort hat Olaf Scholz in seiner Rede wirklich an sie gerichtet. Stattdessen: kalte Abrechnung, Schuldzuweisung.
Dass irgendjemand dem Kanzler ausnahmsweise klare Worte aufgeschrieben und er sie vorgelesen hat, ändert nichts daran, dass diese Worte wieder die falschen waren. Dass er wieder kein Gespür bewiesen hat für die Stimmung im Land.
Was soll ein Unternehmer damit anfangen, der nun weiß, dass schnelle Unterstützung nicht kommen, sein Unternehmen vielleicht nicht überleben wird? Was sein Mitarbeiter, der an den Weihnachtsgeschenken für die Kinder sparen wird, weil der Job auf der Kippe steht? Was derjenige, der gern zum Beispiel ein Auto kaufen und damit die Wirtschaft ankurbeln würde, der wegen der Unsicherheit aber lieber noch abwartet?
Was nützt es diesen Menschen, dass für Olaf Scholz Christian Lindner an ihrer Situation Schuld ist und für Christian Lindner Olaf Scholz? Absolut nichts. Genau so wenig wie das Geeiere um den Neuwahltermin.
Dass insbesondere Christian Lindner und Olaf Scholz für die Neuwahl offenbar trotz allem einen Führungsanspruch reklamieren, ist mindestens instinktlos, beinahe zynisch. Mit nichts haben sie diesen Anspruch zuletzt begründet, ganz im Gegenteil. Sie haben ein verunsichertes Land zur Unzeit in noch größere Unsicherheit gestürzt.
Die Unsicherheit zu beenden, haben sie nun zur Aufgabe der Wählerinnen und Wähler gemacht. Diese haben nun eine große Verantwortung. Trotz berechtigtem Frust nämlich ihr Vertrauen nicht an Kräfte zu verschenken, die das Chaos im Land noch größer machen.
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Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 07.11.2024 auf SR 3 Saarlandwelle