Kein Prozess gegen Ärztekammerpräsident Josef Mischo

Kein Prozess gegen Ärztekammerpräsident Josef Mischo

Thomas Gerber   09.08.2023 | 06:27 Uhr

Das Oberlandesgericht lässt eine Anklage gegen den Chef der Ärztekammer, Josef Mischo, nicht zu. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hatte ihn 2022 wegen versuchten Totschlags und versuchter Körperverletzung angeklagt. Das Landgericht hatte eine Prozesseröffnung abgelehnt, die Staatanwaltschaft legte daraufhin Beschwerde ein.

Nach dem Skandal um falsche Krebsdiagnosen durch einen St. Ingberter Pathologen wird es keinen Prozess gegen Ärztekammerpräsident Josef Mischo geben. Das Oberlandesgericht (OLG) hat jetzt die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, das die Anklage gegen Mischo wegen mehrfachen versuchten Totschlags und Körperverletzung nicht zugelassen hatte.

Gegen diese Nichtzulassung hatten Staatsanwaltschaft und eine Nebenklägerin Beschwerde eingelegt, die das OLG nun zurückgewiesen hat.

Kein versuchter Totschlag laut Oberlandesgericht

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, Mischo müsse eigentlich gewusst haben, dass der St. Ingberter Pathologe suchtkrank war. Die Approbationsbehörde jedoch schaltete er nicht ein, sodass der Pathologe nicht aus dem Verkehr gezogen wurde, sondern weiter arbeiten und teils fatale Fehldiagnosen stellen konnte.

Auch für das OLG war das offenbar eine Pflichtverletzung, strafrechtlich sei es jedoch kein versuchter Totschlag durch Unterlassen. Denn als Präsident der Ärztekammer habe Mischo zwar über die Einhaltung der Berufspflichten durch seine niedergelassenen Kollegen zu wachen – aber dies gelte nur allgemein und nicht für den Einzelfall.

In Nordrhein-Westfalen wäre der Fall wohl anders ausgegangen

Dafür, dass unter anderem ein Patient aufgrund einer falschen Krebsdiagnose eine Darm-OP über sich ergehen lassen musste und später an einer Blutvergiftung starb, ist der Präsident also laut OLG strafrechtlich nicht zu belangen.

Während der Pathologe zu siebeneinhalb Jahren verurteilt wurde, geht Mischo straffrei aus. In Nordrhein-Westfalen wäre das möglicherweise anders ausgegangen. Dort werden – anders als im Saarland – die Interessen des einzelnen Patienten im Heilberufekammer-Gesetz nämlich ausdrücklich erwähnt.

Ärztekammer reagiert mit Genugtuung

Die Ärztekammer reagierte mit Genugtuung auf die Entscheidung des OLG. Das Gericht habe die Rechtsauffassung der Kammer bestätigt. Bereits aus rechtlichen Gründen habe zu keinem Zeitpunkt ein strafbares Verhalten Mischos vorgelegen. Zugleich räumte die Kammer aber auch Fehler beim Umgang mit der Suchterkrankung des St. Ingberter Pathologen ein, auf die das OLG in seiner Entscheidung "am Rande" hinweise.

Der St. Ingberter Pathologe hatte am sogenannten Suchtinterventionsprogramm der Ärztekammer teilgenommen. Dabei hatte – laut OLG – die Kammer gegen Vereinbarungen mit dem Gesundheitsministerium verstoßen. So wurde die Approbationsbehörde über die Teilnahme des Pathologen an dem Programm nicht informiert.

Zudem hatte es die Kammer versäumt, den Verlauf der Therapie und deren Erfolg zu überwachen. Für das OLG ist das eine möglicherweise "aufsichtsrechtlich zu ahndende Pflichtverletzung" der Ärztekammer. Die jedoch spricht lediglich von "Versäumnissen in den Verwaltungsabläufen", die nach Bekanntwerden des Falls des St. Ingberter Pathologen abgestellt worden seien.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 09.08.2023 berichtet.


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