Agri-Photovoltaikanlage: Rinderhaltung zwischen Photovoltaik-Paneelen (Foto: SR Fernsehen)

Erste vertikale Agri-Photovoltaik-Anlage Deutschlands mit Rindern steht in Ottweiler

Barbara Lindahl / Onlinefassung: Jennifer Heck   22.10.2023 | 09:05 Uhr

Erstmals in Deutschland werden Rinder rund um Solarpanele grasen: auf dem Pfaffenthalerhof in Steinbach bei Ottweiler. Doch der Weg dahin war steinig. Befürworter und Gegner lieferten sich zuvor jahrelang einen heftigen Schlagabtausch.

Solarpanele gekoppelt mit landwirtschaftlicher Nutzung: Auf dem Pfaffenthalerhof in Steinbach bei Ottweiler steht die erste Agri-Photovoltaik-Anlage. Vorteile einer solchen neuartigen Anlage ist die doppelte Nutzung der Fläche – für Landwirtschaft oder Gartenbau und Energiegewinnung. „Auf diesen Flächen wird weiterhin die Mutterkuhherde laufen und teilweise wird auch gemäht und der erste Schnitt ans Heu gemacht“, erzählt der Landwirt Jörg Hussong.

Video [aktueller bericht, 17.10.2023, Länge: 3:25 Min.]
Rinder-Haltung zwischen Photovoltaik-Panelen

Anlage steht auf besonders wertvollem Boden

Die Photovoltaik-Strategie des Bundeswirtschaftsministeriums sieht vor, Agri-PV-Anlagen für einen beschleunigten Ausbau der Photovoltaik stärker zu nutzen. Doch in der Praxis lieferten sich Befürworter und Gegner dieser ersten Anlage im Saarland jahrelang einen heftigen Schlagabtausch.

Der Grund: Es handelt sich bei der Weide in Ottweiler um ein landwirtschaftliches Vorranggebiet. Und damit um besonders wertvolle Böden für die Landwirtschaft. Diese seien unbedingt vollständig zu erhalten, sagt der Präsident des saarländischen Bauernverbandes, Peter Hoffmann.

Und er sieht noch weitere negative Auswirkungen der Agri-PV – mehr Arbeit und ein höherer Zeitaufwand bei der Bewirtschaftung: „Der Landwirtschaft wird wieder Fläche entzogen, wenn auch nur in begrenztem Masse", so Hoffmann.

Nicht auf Kosten der Landwirtschaft

Auch die saarländische Landwirtschaftskammer hat sich jahrelang gegen das Agri-PV-Projekt von Jörg Hussong gewehrt. Neue Einnahmequellen gerne – aber nicht auf Kosten der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion.

„Wir sehen hier in der Agri-PV sicherlich für einzelne Betriebe kurzfristigen Profit, wenn man so will, langfristig haben wir größte Bedenken, weil dadurch natürlich für die Nutzungsdauer dieser PV-Anlage die landwirtschaftliche Nutzung massiv behindert wird“, sagt der Direktor der Saar-Landwirtschaftskammer, Robert Zimmer.

Vorzeigeprojekt für andere Landwirte

Fünf Jahre lang hat Jörg Hussong für seine Agri-PV-Anlage gekämpft. Über ein Zielabweichungsverfahren bekam er schließlich eine Ausnahmegenehmigung und hat nun die erste Anlage dieser Art in Deutschland installiert. „Man darf nicht aufgeben. Wenn man von einer Sache überzeugt ist, muss man einfach probieren, immer weiter zu kämpfen“, so Hussong.

Die senkrecht stehenden Solarpanele können die Sonnenstrahlen auf Vorder- und Rückseite einfangen. Auf fast zwölf Hektar wird die fertige Anlage im Wert von 3,8 Millionen Euro rund 3,8 Megawatt produzieren. Eine Betreibergesellschaft finanziert, baut und unterhält die Anlage rund um den Hof. Hussong verpachtet dafür die Flächen.

Im Herbst 2024 soll die fertige Anlage endgültig in Betrieb gehen. Dann sollen auch die 140 Rinder ihr neues Zuhause entdecken. Und Änderungen im Landesentwickungsplan sollen zukünftige Agri-PV-Projekte unkomplizierter machen.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht im SR-Fernsehen am 17.10.2023 berichtet.


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