Eine Nussschale mit einem Parteifähnchen. (Foto: Bodo Marks/dpa)

Fünf Jahre Piraten - was bleibt?

Thomas Braun / Interview: Uli Hauck   10.12.2016 | 08:30 Uhr

Vor knapp fünf Jahren war die Piratenpartei in den saarländischen Landtag eingezogen. Aus dem Stand schaffte sie damals 7,4 Prozent. Große Akzente konnte sie als kleine Oppositionspartei nicht setzen. Letztlich ist sie an sich selbst gescheitert. Aber die eine oder andere Piratenidee könnte überleben.

Sie wollten andere Wege gehen: Zusammen mit drei weiteren Piraten legte Michael Hilberer vor fünf Jahren einen politischen Blitzstart hin. Die Landtagsneulinge brachten viel Elan mit - und rieben sich an der oft verstaubten politischen Realität.

Wir haben vieles bewirkt, leider sieht man es nicht so.

Gegen eine fast übermächtige Große Koalition war es für die Vier-Personen-Fraktion schwierig, eigene Akzente zu setzen. Dennoch ist Hilberer der Überzeugung: "Wir haben vieles bewirkt, leider sieht man es nicht so." Die digitale Agenda etwa, die jetzt auch bei der Regierung ganz oben auf der Liste stehe, habe seine Partei kontinuierlich im Hintergrund vorangetrieben.

Aber gerade in diesem Bereich sieht der Pirat noch erhebliches Verbesserungspotenzial. So mache der Landtag zwar verdammt wichtige Arbeit - aber nicht so gut wie er könnte. "Es wäre heute so einfach, viel enger mit dem Bürger in Kontakt zu kommen, wenn man mal wirklich die elektronischen Mittel benutzt." Die Piraten hatten versucht, neue Wege zu gehen, hatten als Fraktion zum Beispiel Videos ihrer Sitzungen online gestellt. Später folgten strukturierte Protokolle - die Resonanz und die Abrufzahlen waren aber jeweils sehr dürftig.

Bürgerrechte nicht über Bord werfen

Ein weiteres Thema der Piraten war die Innere Sicherheit. Insbesondere Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sei bei seinen Vorstößen zu stärkerer Überwachung regelmäßig vom Parlament eingefangen worden. "Unser größter Erfolg in dieser Richtung war, dass wir das Schlimmste bei der Neuerung des Verfassungsschutzgesetzes verhindert haben." Die damals von den Piraten zur Anhörung geladenen Experten hätten letztlich auch die Koalitionäre überzeugt, nicht "jedes Bürgerrecht über Bord werfen können, nur um eine gute Schlagzeile in der Saarbrücker Zeitung zu bekommen".

Fahrscheinloser ÖPNV bleibt als Idee bestehen

Solche Erfolge waren dann aber eher selten, was Hilberer aber nicht groß frustriert. Man brauche in der Politik einen langen Atem. Die Piraten seien in der Opposition gewesen, deren Vorschläge würden nicht immer direkt aufgegriffen. "Aber man merkt schon, dass die Ideen doch Niederschlag finden", so Hilberer. So würde die Piratenidee des fahrscheinlosen ÖPNV mittlerweile auch von saarländischen CDU- und SPD-Landräten vertreten.

Sollte die Idee aber irgendwann wieder im Landtag zum Thema werden, wird die aktuelle Piratenfraktion nicht mehr daran beteiligt sein. Nicht nur, dass die Partei in Umfragen derzeit weit unter der Fünf-Prozent-Hürde vor sich hin dümpelt - die drei verbliebenen Fraktionsmitglieder haben bereits vor längerem verkündet, nicht mehr für eine Wahl zur Verfügung zu stehen. Der frühere Pirat Michael Neyses war bereits Anfang 2015 zu den Grünen gewechselt.

Die größte Enttäuschung war für mich, dass wir an der Piratenpartei gescheitert sind und nicht an der Konkurrenz.

Hilberer zweifelt zwar nicht daran, dass die Piraten noch länger bestehen werden - aber über den Status einer Internet-Splitterpartei werden sie wohl nicht mehr hinauskommen. Das bedauert Hilberer wohl am meisten. "Die größte Enttäuschung war für mich, dass wir an der Piratenpartei gescheitert sind und nicht an der Konkurrenz."

Die fehlende Willensbildung innerhalb der Partei ist für Hilberer ausschlaggebend, dass das Piratenschiff gekentert ist. "Für uns wäre es die Aufgabe gewesen, aufgrund unserer Themen eine Wählerschaft zu erzeugen." Hilberer hätte seine Partei beispielsweise gerne als links-liberale Kraft positioniert - für die Wähler, die sich weder bei der FDP, noch bei der Linkspartei oder der SPD richtig aufgehoben sehen. Das sei aber innerhalb der Partei nicht mehrheitsfähig gewesen, weil viele an dem Charme als Protestpartei festgehalten hätten.

Goldene Ente für Transparenz und Offenheit

Hilberer selbst nimmt sich jetzt erst einmal eine Auszeit, will wieder in seinen Job als Softwareentwickler zurück. Ob es für ihn irgendwann politisch noch einmal weitergeht, kann er noch nicht sagen. "Aber es wird nicht mehr bei den Piraten sein."

Davor steht aber noch eine Auszeichnung auf dem Programm: Von den saarländischen Parlamentsjournalisten wird er mit der "Goldenen Ente" geehrt. Er erhält den Preis dafür, dass er als Politiker stets offen und transparent war.

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