Wie das Bauen im Saarland wieder leichter werden könnte
In den eigenen vier Wänden zu wohnen, ist für viele Saarländerinnen und Saarländer immer noch ein wichtiges Ziel. Das ist heute deutlich schwieriger zu erreichen als in früheren Jahren. Doch es gibt erste Anzeichen, die auf eine Besserung hindeuten.
Der Traum vom Eigenheim – sei es das eigene Haus oder die Eigentumswohnung – scheint für viele Saarländerinnen und Saarländer in den letzten Jahren in weite Ferne gerückt, so sie denn nicht schon in den eigenen vier Wänden wohnen. Und das dürfte sich auch so schnell nicht ändern.
Geringere Nachfrage lässt Wohnungspreise sinken
Zwar sind die Preise für Eigentumswohnungen 2023 gegenüber dem Vorjahr inflationsbereinigt gesunken, wie der diese Woche veröffentlichte „Postbank Wohnatlas 2024“ zeigt. Im Regionalverband Saarbrücken etwa gingen sie um 3,5 Prozent, im Kreis Neunkirchen um 9,5 Prozent und im Kreis Saarlouis sogar um 10,7 Prozent zurück.
Das ist aber, genau wie bei Neubauten auch, auf eine geringere Nachfrage zurückzuführen. Steigende Zinsen, sinkende Reallöhne und gleichzeitig stark gestiegene Kosten in fast allen Lebensbereichen, besonders bei Energie, machen den Kauf einer Wohnung oder den Bau eines Hauses schwierig, und das trotz bleibendem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum.
Rund die Hälfte weniger Baugenehmigungen
Das bekommt auch Bauunternehmer Gerhard-Josef Ehl aus Überherrn zu spüren. Zwar gebe es vor allem im Ausbau noch Gewerke, die wegen noch bestehender Überhänge gut beschäftigt seien.
Bei den Wohnungsbauten sei die Entwicklung aber stark rückläufig. „Wir haben einen Einbruch bei den Baugenehmigungen von round about der Hälfte des Vorjahres, und das fehlt natürlich an den Baustellen“, so Ehl. „Und ich kann für meinen Betrieb sagen: Ich habe in diesem Jahr noch nicht ein einziges Einfamilienhaus angeboten.“
Kleinere Umbauten und Umnutzungen von Gebäuden würden zwar noch angefragt. Für das klassische Einfamilienhaus auf der grünen Wiese aber sei bis jetzt für dieses Jahr noch keine einzige Anfrage gekommen.
Kreditnachfrage eingebrochen
Diesen Eindruck bestätigen auch die Verbraucherzentrale des Saarlandes und der Sparkassenverband Saar. Der Verband teilte auf SR-Anfrage mit, nachdem die Nachfrage nach Krediten für Neubauten in den letzten zehn Jahren immer weiter gestiegen sei, sei sie ab dem dritten Quartal des Jahres 2022 deutlich eingebrochen.
Zum Vergleich: 2021 gab es für den Wohnungsbau bei den saarländischen Sparkassen noch knapp 1,02 Milliarden Euro an Darlehenszusagen. 2023 wurden nur noch 667,98 Millionen an Darlehen in diesem Bereich bewilligt.
Ähnlich sieht es bei Modernisierungen und Sanierungen aus. Nach einem Spitzenwert von 104,6 Millionen Euro sackten die Darlehenszusagen auf 63,6 Millionen Euro ab.
Leichter Anstieg seit Januar
Allerdings: „Zu Jahresbeginn liegt das Neugeschäft der saarländischen Sparkassen wieder leicht über dem Vorjahresniveau. Dies kann man mit aller Vorsicht als Zeichen einer Stabilisierung deuten“, sagte die Präsidentin des Sparkassenverbandes Saar, Cornelia Hoffmann-Bethscheider, dem SR.
Käufer könnten jetzt den Markt erkunden, da die Preise etwas gesunken seien, so Hoffmann-Bethscheider. „Der Traum von den eigenen vier Wänden bleibt für viele erreichbar, aber die Landschaft hat sich verändert, und es bedarf einer klugen Navigation, um den besten Weg zu finden.“
Problem plötzlich weggefallener Förderungen
Bauunternehmer Gerd-Josef Ehl rechnet allerdings nicht damit, dass sich die Lage in der Wohnungsbaubranche so schnell bessern wird. „Ich denke, dass wir uns da im zweiten Halbjahr noch auf eine ziemlich traurige Zeit einstimmen werden müssen.“ Er versucht, wie alle Betriebe, seine zwölf Mitarbeiter zu halten.
Für Ehl ist die aktuelle Krise im Wohnungsbau neben den stark gestiegenen Kosten und den hohen Finanzierungszinsen auch darin begründet, dass staatliche Förderungen zum Teil über Nacht gestoppt wurden. Auch das Heizungsgesetz habe für große Unsicherheit bei potenziellen Häuslebauern gesorgt und den Wohnungsbau ausgebremst. „Die Bremsspur ist unübersehbar.“
Auch im Bereich der Mehrparteienhäuser sieht es kaum besser aus. Allerdings sei hier vom Saarland ein Förderprogramm aufgelegt worden. Das könne zumindest den sozialen Wohnungsbau ein Stück weit voran bringen, meint der Bauunternehmer.
Klassische Familie baut kaum noch neu
Der Wohnungsbau hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark verändert – nicht nur, was Kosten und Auflagen angeht, sondern infolgedessen auch, wer überhaupt noch ein Haus bauen kann. „Die klassische Familie, Vater, Mutter, Kind, die sich vor 20 Jahren, noch ein Haus leisten und es abbezahlen konnten, sind als Kunden mehr und mehr weggebrochen“, sagt Ehl. Diese hätten sich andere Formen gesucht, Wohneigentum zu schaffen.
Gleichzeitig seien aber auch die Ansprüche der Bauherren gestiegen. „Die Wohnflächen sind größer, die Häuser luxuriöser geworden.“ Soll heißen: mehr Ausstattung bei gleichzeitig weniger Eigenleistung, eher Architektenhaus als Doppelhaushälfte.
Bauaushub muss entsorgt werden
Ein weiteres Problem sieht Ehl in den Auflagen für den Wohnungsbau, die schwierig umzusetzen sind, zum Beispiel beim Bauaushub. Wo früher der ausgehobener Mutterboden auf die grüne Wiese gebracht oder dem Nachbarn überlassen worden sei, um eine Senke auszugleichen, muss der Boden heute untersucht und auf einer Deponie untergebracht werden, mit entsprechend hohen Kosten. „Und die Deponien nehmen es zum Teil nicht an, weil organisches Material dabei ist“, sagt der Bauunternehmer. Das ist für ihn auch ein Grund, weshalb im Saarland inzwischen ein Gutteil der Neubauten ohne Keller auskommen muss.
Weniger Vorschriften, mehr Förderung
Wie aber könnte nun eine Lösung aussehen, die das Bauen und damit Wohneigentum wieder bezahlbar macht? Bauunternehmer Ehl sieht hier vor allem eine Verschlankung der Vorschriften als wichtiges Ziel. „Man muss, glaube ich, nicht für jedes Einfamilienhaus alle möglichen Vorschriften haben, die sich zum Teil auch widersprechen und mit denen die Leute überfordert sind, wenn sie alles umsetzen müssen.“
Es gebe da bei der Landesregierung bereits einen guten Ansatz, denn diese arbeitet zurzeit an der Landesbauordnung. Auch die Genehmigungsverfahren könnten vereinfacht werden, etwa durch die digitale Baugenehmigung, und die Lkw-Maut ist für den Bauunterhmer eine wichtige Kostenschraube, an der gedreht werden könnte. Neue Förderprogramme für Familien und sozialen Wohnungsbau könnten ebenfalls helfen.
Hoffmann-Bethscheider sieht erste richtige Schritte
Ins gleiche Horn stoßen auch die Sparkassen. „In Bezug auf Bürokratie und staatliche Auflagen befindet sich Deutschland im internationalen Vergleich auf einem Spitzenplatz, was die Kosten für Bauvorhaben angeht“, sagt Verbandspräsidentin Cornelia Hoffmann-Bethscheider.
„Der notwendige Bürokratieabbau – auch im Saarland – ist daher ein wichtiger Weg, die Baukosten zu senken und die Effizienz zu steigern.“ Der „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ von Bund und Ländern, neue KfW-Förderprogramme und die neuen Wohnraumförderprogramme der Landesregierung seien wichtige zusätzliche Schritte.
Haus aus dem 3D-Drucker?
Einen noch recht neuen Ansatz für günstiges Bauen, den 3D-Druck, hält Ehl für vielversprechend. Hier ließen sich durch die schnelle Bauweise viele Lohnkosten sparen. „Allerdings kostet der Drucker auch ein Vermögen, muss an der Baustelle aufgebaut und entsprechend mit Rechnerdaten gefüttert werden.“