Ein leeres Klassenzimmer in einer Schule (Foto: picture alliance/dpa | Peter Endig)

Ausländische Kinder ohne Abschluss – ein Problem des Systems?

Denise Friemann / Onlinefassung: Sandra Schick   21.12.2022 | 09:50 Uhr

Ausländische Kinder im Saarland schaffen häufig ihren Schulabschluss nicht. Wie eine SR-Recherche ergeben hat, geht jeder sechste ausländische Jugendliche ohne Abschluss von der Schule. Eine Ursache dafür ist die fehlende Sprachförderung. Aber die Nachteile fangen schon viel früher an.

Die Zahlen des statistischen Landesamtes sind alarmierend: Demnach geht jeder sechste ausländische Schüler (16,5 Prozent) im Saarland ohne Abschluss von der Schule. 42 Prozent – also knapp die Hälfte – schafft nur den Hauptschulabschluss.

Aber das Problem fängt häufig schon in der Grundschule an, berichtet Uwe Sander. Er leitet die Bachschule in Neunkirchen. Drei Viertel der Kinder, die hier eingeschult werden, haben kaum bis gar keine Deutschkenntnisse. Sprachförderung sei weiterhin ein zentrales Problem. "Je mehr ich verstehe, desto mehr kann ich als Schülerin oder Schüler auch mitmachen", so Sander.

Aber auch nicht vorhandene Kita-Plätze spielten eine zentrale Rolle, sagt Sander. Kindern, die keinen Kita-Platz bekommen haben und dann in die Schule kommen, fehle es oft an grundlegenden Fähigkeiten wie Zeichnen, Ausschneiden oder selbständiges Anziehen. Aber auch an sozialen Kompetenzen mangele es. "Ich behaupte, den Nachteil eines nicht vorhandenen Kindergartenplatzes holen sie nicht mehr auf", so Sander.

Außerschulische Hilfsangebote können helfen

In den Schulen fehlt es an Zeit und Kapazitäten, um Kinder mit Migrationshintergrund gezielt zu fördern. Daher sind viele von ihnen auf andere Hilfseinrichtungen angewiesen. Solche wie das interkulturelle Kompetenzzentrum in Völklingen. Hierin kommen viele Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Das Zentrum wird von der Arbeitskammer gemeinsam mit dem Verein Baris betrieben. Die Kinder und Jugendlichen kommen nach der Schule her, um ihre Hausaufgaben zu machen, sich auf Klausuren und Bewerbungsgespräche vorzubereiten und auch einfach, um Deutsch zu lernen.

Nicht alle bekommen Hilfe

"Oft wird den Jugendlichen von der Schule nicht zugetraut, dass sie weiterkommen, wenn die Noten vielleicht noch nicht so toll sind und klar ist, dass von Zuhause nicht so viel Hilfe kommt. Dann wird gesagt: ‚Such dir doch vielleicht besser eine Ausbildung, einen höheren Schulabschluss schaffst du eh nicht.‘ Und wir helfen dann", so Betreuerin Dagmar Gruber.

Aber auch hier im Kompetenzzentrum gebe es eine lange Warteliste. Unterm Strich heißt das: Nicht allen Kindern und Jugendlichen, die Hilfe brauchen, kann auch wirklich geholfen werden.

Sprachförderung wurde erhöht

Das Bildungsministerium verweist in puncto Sprachförderung darauf, dass man "schon einiges getan" habe. So seien zum Beispiel die Wochenstunden für Sprachförderlehrkräfte im Saarland von 4000 auf 6200 erhöht worden. Außerdem seien die 220 Sprachförderlehrkräfte jetzt wieder im Landesdienst und nicht wie vorher bei einem externen Träger.

Im Hinblick auf den Mangel an Kita-Plätzen und die frühkindliche Bildung sieht man die Träger der Einrichtungen in der Verantwortung: An Geld mangele es nicht, so der Sprecher des Bildungsministeriums, Lukas Münninghoff. Aber die örtlichen Träger seien in der Pflicht, auch Personal einzustellen und diese Plätze zu ermöglichen. Das Bildungsministerium würde hierbei beraten und unterstützen, so Münninghoff.

Verschwendetes Potenzial für den Arbeitsmarkt

Dass Schülerinnen und Schüler wegen mangelnder Deutsch-Kenntnisse keinen Abschluss machen, bleibt ein strukturelles Problem. Am Ende bedeutet es verschwendetes Potenzial – auch für den Arbeits- und Fachkräftemarkt hier im Saarland.

Über dieses Thema berichtet auch die SR 3-Rundschau am 21.12.2022.


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