Auf dem Linslerfeld bei Überherrn will SVOLT eine Batteriefabrik errichten (Foto: IMAGO / BeckerBredel)

Grundwasser-Experte rät zu genaueren Untersuchungen von SVolt-Ansiedlung

Niklas Resch, Peter Sauer   31.05.2022 | 15:46 Uhr

Bei der möglichen Ansiedlung der SVolt-Batteriefabrik in Überherrn sieht ein unabhängiger Experte noch offene Fragen beim Thema Grundwasser. Professor Traugott Scheytt von der TU Freiberg bescheinigt dem vorliegenden Gutachten zwar grundsätzlich eine solide Arbeit. In einigen Bereichen spricht er sich aber für genauere Untersuchungen aus.

Es ist eines der Hauptbedenken von Gegnern der geplanten Industrieansiedlung auf dem Überherrner Linslerfeld: Steht in Zukunft wirklich eine Million Kubikmeter Wasser pro Jahr für die Fabrik zur Verfügung? So viel Trinkwasser würde die Batteriefabrik von SVolt nach derzeitigem Stand im Endausbau benötigen. Zum Vergleich: Das ist in etwa so viel, wie die Landeshauptstadt Saarbrücken in knapp zwei Monaten verbraucht.

Ein von der Landesgesellschaft SHS beauftragtes Gutachten, das im April vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis: Rund um das Linslerfeld ist genügend Grundwasser vorhanden. Bisher werde lange nicht so viel gefördert wie möglich wäre. Doch wie verlässlich ist dieses Gutachten?

Vonseiten der Ansiedlungskritiker wird die Unabhängigkeit angezweifelt. Der Grundwasser-Experte Traugott Scheytt, Professor für Hydrogeologie an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg in Sachsen, hat das 180-seitige Gutachten daher auf Bitten des SR analysiert.

„Verschiedene Aspekte gründlich betrachtet“

Scheytt bescheinigt den Gutachtern grundsätzlich eine solide Arbeit. Verschiedene Aspekte seien wirklich „gründlich betrachtet worden“. Insbesondere lobt er das verwendete Grundwasserströmungsmodell. Dieses beschreibe recht genau, welche Mengen an Wasser vorhanden seien, und wie sich eine erhöhte Förderung auf den Grundwasserpegel auswirken könnte. Ganz generell hält Scheytt die Grundwasser-Rahmenbedingungen rund um das Linslerfeld für geeignet. Aber in einigen Bereichen regt er genauere Untersuchungen an.

So sieht er es zum Beispiel kritisch, dass in dem Gutachten kaum berücksichtigt werde, was auf der französischen Seite passiere. Und das, obwohl das Linslerfeld, wo die Fabrik entstehen soll, nur rund drei Kilometer von der Grenze zu Frankreich entfernt ist.

„Aus Sicht des Grundwassers gibt es keine politischen oder staatlichen Grenzen“, betont der Professor. Das Grundwasser in Frankreich beeinflusse auch das Grundwasser in Deutschland. Deswegen sei es wichtig, die entnommenen Wassermengen auf französischer Seite genauer anzuschauen.

Aktuellere Daten für bessere Prognose nötig

Auch die Auswirkungen des Klimawandels sind für Scheytt nicht ausreichend berücksichtigt. Denn das Grundwassermodell, das als Grundlage in dem Gutachten verwendet wird, ist von 1995. Da sich Grundwasser langsam durch Versickerung bilde, seien langfristige Datenreihen zwar auf jeden Fall auch nötig.

Aber der Einfluss von insgesamt wärmeren Temperaturen und mehr Starkregen-Ereignissen im Sommer, müsste aus seiner Sicht anhand von neueren Daten gründlicher abgeschätzt werden. „Wir wollen ja nach vorne schauen: wie viel Wasser ist zukünftig sicher da“, erläutert Scheytt im SR-Interview. Und für eine bessere Prognose empfiehlt er aktuellere Daten. Er schätzt, dass mittlerweile weniger Grundwasser neu gebildet wird als 1995.

Keine konkreten Auskünfte auf SR-Anfragen

Die Landestochter SHS, die für die Ansiedlung zuständig ist, hat ein Interview mit dem Gutachter auf SR-Anfrage abgelehnt. Stattdessen verweist man uns an das Umweltministerium - als Genehmigungsbehörde für Wasserfragen. Das Ministerium will sich aber nicht zu Details des Gutachtens äußern, weil es sich bei der Ansiedlung von SVolt um ein laufendes Verfahren handele. Zur Situation in Frankreich heißt es allgemein, dass dort zu Bergbauzeiten deutlich mehr Wasser gepumpt worden sei. Seit dem Bergbauende sei das Grundwasser in den umliegenden Messstellen eher angestiegen.

Außerdem würden die Grundwasserpegel im Saarland sowieso kontinuierlich überwacht. Wasserversorger müssten die Fördermengen und die Pegelstände regelmäßig melden, betont Jens Götzinger vom Umweltministerium. „Und wenn die Grundwasserneubildung geringer wäre, als wir das im Moment annehmen, dann würde man das sofort sehen, dann würden dort die Grundwasserstände eben absinken.“

Deshalb sei das verwendete Modell von 1995 noch belastbar. Man arbeite aber an aktualisierten Daten. Dafür habe sich das Saarland vor drei Jahren dem Projekt "KLIWA" der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern angeschlossen. Wann endgültige Ergebnisse, etwa zu genaueren Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser, vorliegen würden, sei derzeit aber noch nicht klar.

Schrittweise Erhöhung von Fördermengen?

Für Professor Traugott Scheytt ist klar: Exakte Prognosen zum Grundwasser sind mit den derzeit vorhandenen Daten kaum möglich. Deswegen hält er es für eine mögliche Lösung, Wassermengen erst einmal schrittweise zu genehmigen. Dann könnte kontrolliert werden, wie sich das auf den Grundwasserpegel auswirke.

Vom Umweltministerium heißt es dazu generell, durch die Kontrolle der Pegelstände sei es jederzeit möglich, bei den Wasserrechten nachzusteuern. Falls also die Grundwasserpegel sinken sollten, könnten die einmal genehmigten Fördermengen auch wieder reduziert werden.

So geht es weiter im Ansiedlungs-Verfahren

In Sachen SVolt ist aber noch gar nichts genehmigt. Als nächster Schritt muss der Gemeinderat in Überherrn entscheiden, ob die Ansiedlung der Batteriezellfabrik weiterverfolgt wird, und wie die bisher eingereichten Stellungnahmen ins Verfahren einfließen. Das soll noch vor der Sommerpause geschehen.

Danach erst folgen weitere Schritte, unter anderem sollen die genauen Pläne offengelegt werden und es gibt eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit.

Über dieses Thema berichtet auch die Region am Nachmittag am 31.05.2022.

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