Eine Person sitzt mit einem Smartphone in den Händen im Schneidersitz (Foto: IMAGO / HalfPoint Images)

App soll Gewalt-Opfern im Saarland Dokumentation erleichtern

Stephanie Prochnow / Onlinefassung: Kasia Hummel   18.08.2024 | 08:15 Uhr

Bereits seit 13 Jahren ist die Opferambulanz am Saarbrücker Winterberg-Klinikum Anlaufstelle für Opfer von Gewalt. Seitdem können Gewalt-Opfer hier ihre Verletzungen kostenlos dokumentieren lassen. Jetzt wird das noch einfacher möglich: von zuhause aus, mit Hilfe einer App.

Gut 70 bis 100 Menschen kommen jährlich in die Opferambulanz am Saarbrücker Winterbergklinikum. Gut die Hälfte wird direkt aus der Notaufnahme geschickt. Hier werden ihre Verletzungen fotografisch und von einem Facharzt gerichtsverwertbar dokumentiert, damit später eine Anzeige erstattet werden kann – sofern gewünscht.

Es kommen ungefähr gleich viele Frauen wie Männer. Die Fälle reichen von Kneipenschlägerei über Nachbarschaftsstreitigkeiten bis hin zu häuslicher Gewalt.

Video [aktueller bericht, 14.08.2024, Länge: 3:06 Min.]
Opferambulanz am Winterbergklinikum: jährlich 70 bis 100 Patienten

„Damit die Betroffenen nicht darauf angewiesen sind, uns hier von Montag bis Freitag zur Bürozeit anzutreffen, sondern sich selbst helfen können und es auch im ländlichen Raum benutzen können, kamen wir auf die Idee, eine App zu entwickeln“, erklärt Susanne Kirsch, Geschäftsführung der Opferambulanz.

Die solle zum einen den Betroffenen helfen, ihre Verletzungen selbst zu dokumentieren, zum anderen den Zugang zur Opferambulanz sehr niedrigschwellig gestalten.

App gibt Anleitungen

So können Betroffene Verletzungen einfach auf ihrem Handy dokumentieren. Die App gibt dabei genaue Anleitungen, wie Fotos aufgenommen werden müssen, damit sie gerichtsverwertbar wären – mit Übersichts- und Detailaufnahmen und mit Hergangsschilderung. Die Dateien landen auf einem gesicherten Server der Opferambulanz.

„Wir können sehen, dass jemand etwas hochgeladen hat“, so Daniela Bellmann, Geschäftsführerin der Rechtsmedizin. Um sie ansehen zu können, muss der App-Nutzer aber vorher sein Einverständnis gegeben haben. Das muss er nicht direkt tun, sondern kann es auch zu einem späteren Zeitpunkt.

Damit hat er die Möglichkeit, die Dokumentation später für eine Strafanzeige zu nutzen. Das gibt Zeit, in Ruhe über weitere Schritte nachzudenken.

Kostenlos für Android und Apple verfügbar

„Studien belegen, dass ein Opfer häuslicher Gewalt in der Regel sieben Jahre braucht, um seinen Peiniger zu entkommen“, so Kirsch von der Opferambulanz. Danach seien aber häufig keine Beweise mehr verfügbar. „Es sind vielleicht ein paar Zeugenaussagen aus dem Freundeskreis, aber es ist kein Beleg, es ist kein Beweismaterial da, auf das sich eben ein Gericht stützen könnte.“

Wer also nicht zur Beweisaufnahme kommen kann oder will, findet nun die App für Android und Apple iOS kostenlos im Store unter „Opferambulanz“.

Über dieses Thema berichtet auch der "aktuelle bericht" im SR Fernsehen am 14.08.2024.


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