Wo Gewalt gegen Frauen anfängt

Gewalt hat viele verschiedene Formen. Wie erkennt man, ob man selbst oder jemand aus dem eigenen Umfeld von Gewalt betroffen ist? Und wo gibt es Hilfe? Ein Beitrag zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.

Gewalt kommt nicht nur in körperlicher Form vor und beginnt nicht erst durch Schläge oder sexuelle Übergriffe. Formen von Gewalt sind vielfältig: Dazu können Bedrohungen, Belästigungen, extreme Kontrolle oder Stalking gehören. Und Gewalt kann überall vorkommen, ob zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit oder im Netz.

Dass gerade Frauen oft von Gewalt betroffen sind, darauf soll der Internationale Tag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen.

Verschiedene Formen von Gewalt

So erlebt in Deutschland nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt. Und auch weitere Formen kommen vor.

"Nach unserem Verständnis handelt es sich um Gewalt, sobald Macht und Kontrolle ausgeübt wird aufgrund des Geschlechts", erklärt Sonja Bader vom Frauennotruf Saarland. Das können herabwürdigende Blicke sein, oder wenn bei jeder Kleinigkeit der Partner um Erlaubnis gefragt werden muss. Bader unterscheidet grundlegend zwischen vier Formen von Gewalt:

  1. Strukturelle Gewalt (z.B. hierarchische Regeln aufgrund des Geschlechts, Benachteiligung beim Bewerbungsgespräch oder Ähnliches)
  2. Psychische Gewalt (z.B. Kontrolle, Herabwürdigungen, "Du bist nichts wert"-Aussagen, Beschimpfungen und andere verbale Angriffe)
  3. Körperliche Gewalt
  4. Sexuelle Gewalt (z.B. wenn die sexuelle Selbstbestimmtheit angegriffen wird oder persönliche Grenzen überschritten werden)

Wie erkenne ich, dass ich von Gewalt betroffen bin?

Viele Frauen nehmen noch gar nicht wahr, dass sie von Gewalt betroffen sind, weiß Bader aus ihrer Beratungs-Erfahrung. Aber es gebe Anzeichen, die darauf hinweisen: "Wenn man ständig Angst hat vor der Reaktion des Partners, alles tut, um es ihm Recht zu machen, dann deutet das auf Gewalt hin", sagt sie.

Auch körperliche Anzeichen können zeigen, dass Grenzen überschritten wurden: "inneres Zittern, innere Leere oder Taubheit", zählt Bader auf. "Man hat das Gefühl, auf Eiern zu laufen – so beschreiben es einige Betroffene", sagt sie.

Erkennen, dass jemand aus dem Umfeld Gewalt erlebt

Auch nach außen hin werde häufig an einem bestimmten Punkt erkennbar, dass etwas nicht stimmt. "Wenn sich jemand immer mehr zurückzieht, ausweichend reagiert, immer gereizter und erschöpfter wirkt oder die eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahrnimmt", sagt Bader, dann könne dies ein Hinweis sein. Gleiches gilt für erhöhten Suchtmittelkonsum.

Wie kann man von Gewalt betroffenen Frauen helfen?

Um zu helfen, sollte das Problem vor allem erstmal benannt werden, rät Bader. Allerdings aus der Ich-Perspektive: "Ich habe das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt." Außerdem sollten Helfende den betroffenen Frauen Sicherheit geben – indem man ihnen zuhört und sie den nächsten Schritt bestimmen lässt.

Das heißt zum Beispiel, dass den Frauen niemals das Gefühl vermittelt werden sollte, dass sie schwach sind, wenn sie sich keine Hilfe holen. "Auch ein Nein muss akzeptiert werden – nur dann kann Raum für ein inneres Ja entstehen", sagt Bader. Man sollte also keine Entscheidung für die Frau treffen, das müsse aus ihr selbst heraus kommen. Denn in einer gewaltvollen Situation erleben viele Betroffene Ohnmachtsgefühl oder Kontrollverlust. Dies sollte nicht verstärkt werden.

Vielmehr sollte das Gefühl vermittelt werden: "Ich unterstütze weiterhin, egal wie oft, und ich verurteile nichts" – auch wenn das für die Bezugsperson ebenfalls schwer sein kann. Deshalb können sich laut Bader auch nicht direkt betroffene Personen jederzeit zur Beratung an den Frauennotruf wenden.

Wann sollte ich mir als Betroffene Hilfe suchen?

Der Gewaltbegriff ist weit gefasst, sagt Bader. Bin ich von Gewalt betroffen oder nicht, brauche ich Hilfe? – Es reiche bereits aus, sich diese Fragen zu stellen. Sobald man den Impuls verspürt, sollte man sich Hilfe suchen. Für ein Beratungsgespräch sei nichts zu banal und niemand werde zu irgendetwas gedrängt.

"Eine Frau, die sich nicht trennen mag, hat ihre Gründe dafür. Sie trägt keine Verantwortung für irgendetwas, außer für sich selbst", betont Bader. Als Anlaufstelle für Frauen wolle man stets die Selbstbestimmung wahren: "Eine Frau, die zu uns kommt, entscheidet, welche Schritte sie gehen möchte." Trotzdem werde natürlich geschaut, wie gefährlich die Gewalt ist.

Wo von Gewalt betroffene Frauen Hilfe bekommen

Frauen, die Gewalt erleiden, können sich an verschiedene Stellen wenden. Unter anderem bietet der Frauennotruf Saarland Beratung für vergewaltigte und misshandelte oder von anderen Gewaltformen betroffene Frauen Unterstützung. Die Beratungsstelle ist sowohl per Telefon unter der Nummer 0681 36767 erreichbar, es gibt aber auch eine anonyme Online-Beratung.

Eine Anlaufstelle zum Gewaltschutz für Mädchen, Frauen und deren Kinder ist außerdem der Sozialdienst katholischer Frauen.

Wer Opfer von Gewalt wird, kann seine körperlichen Verletzungen bei der Opferambulanz am Klinikum Saarbrücken kostenlos rechtsmedizinisch dokumentieren lassen. Die Verletzungsdokumentationen sind später zum Beispiel vor Gericht als Beweise verwertbar, sodass Betroffene auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Anzeige erstatten können.

Unterstützung speziell für Migrantinnen gibt es beim Verein Aldona.

Eine Übersicht über Hilfsangebote im Saarland gibt es auch beim Sozialministerium.

Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 25.11.2023.

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